1471 - Museum der Archäonten
Spange und holte aus dem Nebenzimmer die Attrappen. „Das ist deine", sagte er. Ginnimar nahm die falsche Schnecke vorsichtig an. „Du brauchst nichts zu tun; sie bewegt sich von allein richtig." Ängstlich und entschlossen zugleich machten sie sich auf den Weg zur Versammlung. Seit Jahrtausenden nicht mehr hatte Valinet eine solche Menge von Amarena beisammen gesehen. Und fast alle trugen den Ausdruck der Glückseligkeit zur Schau -dahinter schien eine furchtbare Uniformität der Gedanken zu stecken, aus der nichts Gutes erwachsen konnte.
Mitten in der Menge blieben sie stecken. Valinet und Ginnimar kontrollierten gegenseitig ihre Mimik. In die Gesichter der Stadtbewohner ringsum mischte sich eine Spur von Mißtrauen, aber auf sie fiel kein Verdacht. Plötzlich hing eine riesige Traube von Robotern über der Versammlung. „Was ist los!" zischte Ginnimar in das aufkommende Gemurmel. „Es beginnt", stellte Valinet fest „Paß auf, jetzt!"
In derselben Sekunde erschien dort, wo der Zirkel des gesunkenen Mondes lag, eine Plattform aus Energie. Selbst auf die welte Entfernung erkannte Valinet Sailor. „Gefährten!" donnerte seine Stimme über die Allee. „Nun endlich ist der Augenblick da, den viele von uns ersehnt haben! Die, die anders sind, werden von euch separiert!"
Die Robot-Traube löste sich in eine Unzahl mannsgroßer Maschinen auf. Immer wieder stießen sie herab auf die Versammlung - und mit jeder Aktion zogen sie einen nicht Befallenen aus der Menge. Die Gefangenen wurden in die Luft getragen und irgendwo abgesetzt. „Vorsicht!" flüsterte Ginnimar. Sie hielt seinen Arm mit schrherzhaften Grifffest. Über ihnen schwebte einer der Roboter. Er schien nachzudenken, doch Valinet wußte genau, wie unmöglich das war. Robots dachten nicht nach, jedenfalls nicht lange genug, als daß ein organisches Wesen den Vorgang bemerken konnte.
Schließlich flog die Maschine weiter. Ein paar Meter entfernt packte sie einen Amarena, der verzweifelt zu flüchten versuchte. Es war Cecevil, der ehemalige Steuermann. Sie konnten nichts für ihn tun.
Eine Stunde dauerte die Separation an, dann war Ruhe. „Es ist vorrüber", donnerte wiederum Sailors Stimme. „Wie ihr wißt, stehen kurzfristig keine weiteren Partner zur Verfügung. Daher werden die Gefangenen exekutiert."
Valinet wäre fast zusammengebrochen vor Schock. Er hielt den Atem an, ihm wurde schwarz vor Augen. Exekutiert... Dabei waren es mindestens fünftausend Amarena! Wesen ihrer eigenen Art.
Aber sie konnten nichts tun. „Valinet. Hilf mir."
Er sah, daß Ginnimar bald das Bewußtsein verlieren würde.'Eilig drängte er sie aus der Menge und legte sie an einem der Bäume nieder, die die Allee säumten. Verdammte Muunia, dachte er. Zum ersten Mal in seinem Leben war in ihm ein sonderbares Gefühl, völlig fremd und doch vertraut, als habe er es nur all die Jahrtausende lang unterdrückt.
Er wollte Rache nehmen. Irgendwann und irgendwo.
Dabei kam alles noch viel schlimmer.
*
Die wahre Absicht der Schnecken wurde schneller offenbar, als er befürchtet hatte. In seiner Maske als Befallener ging er in der Kurszentrale ein und aus. Er gab sich sogar den Anschein, als wolle er Sailors Entscheidungen unterstützen.
Während der folgenden Jahre unternahm die Stadt endlose Flüge durch die Schwarzen Sternenstraßen.
Sie suchten und vernichteten unzählige Stationen. Lizenzen wurden gelöscht und verändert.
In der Friedensinsel brach das Chaos aus.
All das, was die Amarena in Jahrzehntausenden mühevoller Kleinarbeit geschaffen hatten, wankte nun.
Mit einem Mal erwies sich die Wertlosigkeit ihrer Taten. Kaum eines der befriedeten Völker hielt dem System die Treue. Kriege brachen aus, und bald waren ganze Galaxien darin verstrickt.
Die übrigen Asteroidenstädte machten Jagd auf sie, doch es war unmöglich, unter den Ereignishorizonten eine Spur rasch genug zu verfolgen. Was diese eine Stadt zerstörte, konnten die anderen nicht einmal mit koordinierter Zusammenarbeit ausgleichen.
Das kurze Zeitalter der Gewalt brach an. Im kosmischen Rahmen gesehen dauerte der Kampf nicht einmal einen Augenblick larig - doch für die Rassenpsyche der Amarena entstand unermeßlicher Schaden.
Ginnimar war jetzt sechs Jahre ohne Medoversorgung. Sie wollten nicht riskieren, daß durch Zufall ihre Maskierung entlarvt wurde. Deshalb konnten sie nur hoffen, daß das ungeborene Kind gesund heranwuchs. Eine Garantie dafür gab es nicht.
Insgeheim befürchtete
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