1477 - Das steinerne Grauen
dass es sich um den Besitzer der Dogge gehandelt hatte. Das war natürlich auch möglich.
»Und du hast den Hund wirklich nicht gesehen?«
Das Vogelmädchen nickte. »Genauso ist es. Ich habe ihn nicht gesehen. Komisch, aber wahr.« Sie strich einige Locken von ihrer Stirn.
»Ich könnte noch mal fliegen und nachschauen.«
»Nein, auf keinen Fall, denn du würdest dich nur in Gefahr bringen. Das möchte ich nicht.«
»Aber das alles verlangt doch nach Aufklärung.«
»Ich weiß. Nur sollten wir uns später darum kümmern, wenn überhaupt. Ich denke eher, dass wir jetzt zurück nach Hause fahren und in Ruhe über den Fall sprechen sollten.«
»Auch mit John Sinclair?«
Maxine lächelte breit. »Vielleicht.«
Carlotta stampfte mit dem Fuß auf. »Das müssen wir unbedingt, Max. John muss kommen. Das hier ist doch nicht normal. Oder kannst du mir erklären, wie ein Hund plötzlich zu Stein werden kann?«
»Nein, das kann ich nicht.«
»Eben.«
»Da muss einfach was geschehen, denn…«
»Sei ruhig!«
Maxine hatte die beiden Worte ausgestoßen und war blitzschnell in die Knie gesunken. Sie zerrte Carlotta mit, die gar nicht wusste, wie ihr geschah.
»Was hast du?«
»Es kommt jemand.«
»Wo?«
»Am Waldrand.«
»Und wer ist es?«
Maxine drückte Carlotta noch tiefer. »Ich weiß es nicht. Es ist ein Mensch, aber ich kann dir nicht sagen, ob es sich dabei um einen Mann oder um eine Frau handelt.«
»Aber er oder sie kam aus dem Wald?«
»So ist es.«
Beide drehten sich noch ein wenig zur Seite, sodass sie den Waldrand beobachten konnten, wo sich zunächst nichts tat. Allerdings bewegten sich dort die Zweige des Unterholzes.
Carlotta und ihre Ziehmutter verhielten sich still. Sie lagen jetzt flach auf dem Garagendach und schauten zum Waldrand.
Dort zeigte sich tatsächlich jemand!
Auch jetzt war schlecht zu erkennen, ob es sich dabei um einen Mann oder eine Frau handelte. Die nächsten Bewegungen wiesen mehr auf eine Frau hin, die nicht eben klein war.
Und sie war auch nicht allein, denn sie hatte die Dogge als Begleiter mitgebracht.
Maxine und Carlotta hielten den Atem an. Ihr Hände zitterten leicht.
Die Frau und die Dogge hielten sich nicht lange in der Nähe des Waldes auf. Sie verließen das Dunkel des Wandrands und betraten den Wendehammer.
Der Hund hielt sich eng an der Seite der Frau. Manchmal scheuerte er mit seinem Fell an ihrem rechten Bein, aber er stieß weder ein Jaulen noch ein Winseln aus, sondern blieb ruhig. Nicht mal das Tappen der Pfoten war zu hören.
»Wo wollen die hin, Max?«
»Zu meinem Auto.«
»Und dann?«
»Werden wir sehen.«
Maxine behielt recht. Die Frau und der Hund interessierten sich tatsächlich für den Geländewagen, und da die Dunkelheit noch nicht völlig hereingebrochen war, konnten sie die Frau besser erkennen, je näher sie dem Wagen kam.
War sie nackt?
Es hatte den Anschein, denn bei jedem Schritt schaukelten ihre Brüste. Sie lagen fast frei, waren nur halb mit zwei dunklen Stoff streifen bedeckt. Sie gehörten zu einem Trikot mit weitem Ausschnitt. Erst knapp über dem Bauchnabel fand sich der Stoff wieder zusammen.
Ihnen fiel nicht nur die Größe der Frau auf, sie war auch sehr schlank. Gesicht und Haarfarbe waren nicht richtig zu erkennen, aber die breiten Schultern schon und auch die langen schlanken Beine, die vom dunklen Stoff nur bis zu den Oberschenkeln umspielt wurden.
Als beide den Wagen erreichten, blieben sie stehen. Die Türen waren geschlossen, aber nicht abgeschlossen, und genau darauf setzte die Unbekannte.
Sie zerrte die Fahrertür auf.
Die Dogge sprang nicht hinein. Sie blieb als Wachtposten draußen.
Dafür stieg die Unbekannte ins Fahrzeug, setzte sich jedoch nicht hinter das Lenkrad, sondern rutschte über den Sitz und machte sich irgendwo zu schaffen.
Maxine und ihr Schützling sahen nicht, was es war, doch es sah ganz danach aus, als würde die Person etwas suchen. Lange dauerte die Suche nicht, dann stieg sie wieder aus, richtete sich neben dem Fahrzeug auf und schaute sich um.
Zu sehen war für sie nichts. Und ganz bestimmt nicht die beiden heimlichen Beobachter auf dem Garagendach.
Die Fremde ging noch nicht weg. Sie streichelte den Hund und verhielt sich ungewöhnlich, denn sie legte den Kopf in den Nacken, um ihre Blicke durch die Luft schweifen zu lassen, als würde sie dort etwas suchen.
Carlotta kicherte kaum hörbar.
»Was ist los?«
»Die sucht mich.«
»Und wieso sucht sie dich?«
»Weil sie
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