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1477 - Das steinerne Grauen

1477 - Das steinerne Grauen

Titel: 1477 - Das steinerne Grauen
Autoren: Jason Dark
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lügen?«
    »Nein, das können sie nicht. Die Tiere sind die ehrlichsten Geschöpfe auf dieser Welt. Sie sind nicht falsch. Wenn sie dir Sympathie entgegenbringen, dann ist das echt und nicht geheuchelt wie bei den meisten Menschen auf der Welt.«
    »Ja, das sagt man.«
    »Und es stimmt auch.«
    Maxine trank wieder einen Schluck. »Und Sie können sich mit den Tieren unterhalten?«
    »Bestimmt.«
    »Das möchte ich gern bewiesen haben.«
    Jolanda überlegte. Sie wusste wohl nicht, ob sie der Tierärztin trauen konnte. Schließlich sprang sie über ihren eigenen Schatten und nickte. »Gut, wie du willst. Ich werde dir den Beweis liefern.«
    Sie drehte sich auf ihrem Stuhl um und schnalzte zweimal mit der Zunge.
    Ein in der Nähe liegender Schäferhund erhob sich, schüttelte sich kurz und schlich auf seine Herrin zu.
    Sie schaute ihm in die Augen. »Leg dich nieder!«
    Der Hund gehorchte auf der Stelle.
    »Sehr gut.« Jolanda behielt den Blickkontakt bei. »Und jetzt entspanne dich.«
    Ob der Hund das auch nachvollzog, war für die Tierärztin nicht zu erkennen. Allerdings senkte er den Kopf ein wenig, doch die Augen blieben offen.
    »Das ist gut, sehr gut«, flüsterte Jolanda Gray. »Schau nur mich an. Achte nur auf mich und sende mir zu, was du denkst!«
    Wie eine Betende hatte die Frau ihre Handflächen gegeneinander gelegt. Dabei ließ sie den Schäferhund nicht aus den Augen.
    »Wie fühlst du dich?«
    Sie schien eine Antwort erhalten zu haben, denn sie sprach sie nach. »Ja, ich bin zufrieden.«
    Maxine runzelte die Stirn. Sie stellte sich die Frage, ob der Hund tatsächlich geantwortet oder Jolanda die Antwort einfach für sich selbst formuliert hatte.
    »Möchtest du etwas essen?«
    Wieder eine Pause, danach antwortete Jolanda: »Er ist wahnsinnig entspannt und hat alles, was er braucht.«
    »Und das soll ich Ihnen glauben?«
    »Du musst es.«
    »Noch habe ich meine eigene Meinung.«
    Jolanda Gray starrte Maxine an. »Du willst einen besseren Beweis haben? Gut, du sollst ihn bekommen.«
    »Ich bin gespannt.«
    Jolanda wandte sich wieder an ihr Tier. Erneut bohrten sich die Blicke ineinander, und sie fragte mit leiser, aber doch intensiver Stimme: »Wie gefällt dir meine Besucherin?«
    Mit dieser Frage hatte Maxine nicht gerechnet. Sie zuckte leicht zusammen und umfasste ihre Kaffeetasse unwillkürlich fester. Jetzt war sie auf die Antwort gespannt.
    Sie erfolgte auf eine andere Weise. Der Hund verlor seine entspannte Haltung. Schwungvoll stemmte er sich hoch und gab die Antwort selbst.
    Maxine hätte sich nicht mal gewundert, wenn er gesprochen hätte, aber da gab es noch immer den Unterschied zwischen Mensch und Tier.
    Er knurrte.
    Und dann bellte er.
    Ein scharfes und auch böses Bellen drang aus seiner offenen Schnauze. Ein Geräusch, das die Tierärztin zusammenzucken ließ.
    Sie stand sogar halb auf. Augenblicklich sprang das Tier auf sie zu, als wollte es seine Zähne in ihren Oberschenkel schlagen.
    »Nein!« peitschte der Befehl.
    Das Tier gehorchte auf der Stelle. Dicht vor Maxine kam es zur Ruhe und verhielt sich still.
    »Das war knapp!« flüsterte Maxine.
    »Ja. Er mag dich eben nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Er spürt, dass du nicht ehrlich bist.«
    »Ach ja? Was spürt er denn da?«
    »Es sitzt in deinem Innern verborgen. Du bist zwar hier, aber mit deinen Gedanken bist du woanders. Du denkst nur an Flucht und wie du es anstellen kannst, hier rauszukommen.«
    Maxine lächelte. »Ist das ein Wunder?«
    »In deinem Fall nicht. Aber die Hunde wollen es nicht.«
    Maxine hob die Schultern.
    »Sie werden dich erst akzeptieren wenn du deine Ansichten geändert hast«, sagte Jolanda Gray. »Sonst ist da nichts zu machen.«
    »Komisch«, sagte die Tierärztin. »Dabei habe ich mich jahrelang um Tiere gekümmert. Ich habe mir sogar eine kleine Klinik eingerichtet, um sie über Tage und Nächte hinweg bei mir behalten zu können. Allein deshalb würde ich mich schon als tierlieb bezeichnen.«
    »Das reicht aber nicht. Das reicht ganz und gar nicht. Du musst sie schon verstehen lernen.«
    »Tut mir leid, ich spreche die Sprache der Tiere nun mal nicht. Was soll man machen?«
    »Du musst dich ändern.«
    »Kann sein. Und wenn ich überhaupt nicht mit den Tieren sprechen will, was ist dann?«
    »Ganz einfach. Dann müsste ich darüber nachdenken, was mit dir geschehen soll. Aber ich bin großzügig und werde dir Zeit zum überlegen geben. Wenn wir beide uns zusammentun, wäre es perfekt. Du würdest Tiere
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