1478 - Planet der Sammler
lächelte und blickte von einem zum anderen. Sam, der plötzlich hinter der Fremden auftauchte, lehnte sich an den Türrahmen und blickte verträumt auf die Gitarre. „Nein, noch nicht in die Kolonie", sagte Mathlyn mit einer schier unglaublich sanften und reinen Stimme. „Ich bin bei Sonnenaufgang zurück."
„Wirst du für uns spielen?" fragte Ros, und Dao-Lin-H'ay fragte sich, ob das wirklich Ehrfurcht war, was sie in ihrer Stimme zu hören glaubte. „Vielleicht", erwiderte Mathlyn und schritt leichtfüßig davon.
Dao-Lin-H'ay stand unwillkürlich auf.
Vor der Veranda tobten ein paar Kinder herum. Als sie das Mädchen sahen, verstummten sie plötzlich und wichen zur Seite. Sie lächelten Mathlyn an. Das Mädchen ging zwischen ihnen hindurch und überquerte den großen Platz schnell, aber ohne Eile, ruhig, selbstbewußt und dennoch sanft. Die Kinder rührten sich nicht, bis die Fremde ihren Blicken entschwunden war. „Wer ist das?" fragte Dao-Lin-H'ay. „Woher kommt sie?"
Ros zuckte bei dieser Frage zusammen. Sie warf Sam einen schnellen Blick zu, und beide wirkten plötzlich ganz erschrocken. „Sie heißt Mathlyn", erklärte Ros mit deutlich spürbarem Widerwillen. „Sie macht Musik. Ist nicht übel, die Kleine. Gut fürs Geschäft."
„Was ist das für eine Kolonie, von der ihr gesprochen habt?" erkundigte sich Jennifer Thyron.
Ros schien für einen Augenblick ratlos zu sein. Dann zuckte sie die Schultern, stand auf, nahm die leere Obstschale vom Tisch und warf sie Sam zu. „Da leben ein paar verrückte Künstler", sagte sie leichthin.
Aber Dao-Lin-H'ay wußte, daß dies eine Lüge war.
Sam und Ros führten ihr Gäste durch die nächtliche Stadt, deuteten schließlich auf eine Tür und verkündeten, dies sei der berühmte Treffpunkt der Plutokraten. „Dort wird man vielleicht etwas von dem Burschen wissen, von dem ihr gesprochen habt", erklärte Ros und klopfte Dao-Lin-H'ay vertraulich auf die Schulter.
Die Kartanin versteifte sich innerlich, denn solch plumpe Gesten mochte sie nicht. Aber sie riß sich zusammen und hielt geduldig still. „Wir verlassen euch jetzt", fügte Sam hinzu und legte freundschaftlich die Arme um die Schultern der beiden Terranerinnen. „Wir und die Plutokraten - daraus könnte sowieso nichts werden."
„Laßt euch von denen da drinnen nicht einschüchtern!" wandte Ros sich an Sato Ambush und versetzte dem verdutzten Wissenschaftler einen schallenden Kuß auf die Wange. „Gib auf dein Kleidchen acht, Kleiner!"
Sato Ambush stand Dao-Lin-H'ay in puncto Selbstbeherrschung um nichts nach, aber er blickte doch reichlich verdattert drein. Die beiden Lokvorthef waren im Handumdrehen im Halbctünkel der belebten Gasse verschwunden. „Komische Typen!" murmelte Irmina Kotschistowa. „Wenigstens waren sie hilfsbereit", sagte Sato Ambush energisch und öffnete die Tür.
Was immer sie sich unter den Plutokraten von Lokvorth vorgestellt hatten - es war falsch. Was sie vor sich sahen, das glich einem überfüllten Vereinslokal, in dem sich die Mitarbeiter der örtlichen Müllbeseitigungsunternehmen zu einem kuriosen Wettbewerb getroffen hatten; Bei diesem Wettbewerb schien es darum zu gehen, das breite Spektrum dessen darzustellen, was andere Leute loswerden wollten.
Auf den Tischen waren alle moglichen und unmöglichen Dinge ausgebreitet, und unter den Tischen, in den Gängen dazwischen, an den Wänden ünd in allen Ecken standen Kisten und Kästen herum, allesamt bis zum Überquellen mit den absonderlichsten „Schätzen" vollgestopft. Zu jedem Tisch und jedem Behälter gehörte ein Besitzer, der über den ganzen Plunder wachte. Hinzu kamen zahlreiche Gäste, die zwischen den Tischreihen umherwanderten und mit Kennermiene das Angebot musterten. Hier und da ließ sich einer dieser Gäste an einem der Tische nieder. Dann begann eine langwierige Zeremonie des Vergleichens und Feilschens, des Übertreibens und Anpreisens von seiten des glücklichen Besitzers und des preissenkenden Genörgels und Lamentierens von seiten des Interessenten.
Was die „Waren" betraf, um die es hier ging, so waren sie so banaler Natur, daß die vier Gäste aus dem Weltraum zunächst nicht wußten, was sie dazu sagen sollten.
Da gab es einen ganzen Tisch voller kleiner Papierchen, in denen einst Süßigkeiten gesteckt hatten. Auf einem anderen Tisch lagen Stapel von Reklamezetteln. Ein Händler verschwand fast hinter Kästen mit kleinen, grauen Pappröllchen. Ein anderer bot Plastikstäbchen in
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