1478 - Planet der Sammler
Nagel mit rundem Kopf. Sein Haar war teilweise geschoren. Die verbliebenen Strähnen waren blau gefärbt und standen steif wie Stacheln nach allen Seiten von seinem Schädel ab. „Wir waren im Verwaltungszentrum", bemerkte Sato Ambush, der die beiden Lokvorther mißtrauisch beobachtete, an seiner Kleidung herumzupfte und - Dao-Lin-H'ay wußte es - allen Ernstes darüber nachdachte, ob er fragen solle, wo man hier ein Bad nehmen könne. Aber noch während er sich mit dieser Frage herumschlug, entdeckte er ein paar Kinder, die mit lautem Geschrei in einer Pfütze herumtobten, und dieser Anblick schreckte ihn offensichtlich ab. Wahrscheinlich wußte er nicht, wie er reagieren sollte, falls man ihm ebenfalls diese Badegelegenheit empfehlen sollte. Wahrscheinlich hätte er es aus Höflichkeit nicht abzulehnen gewagt. Andererseits war es undenkbar, sich Sato Ambush in diesem schlammigen Tümpel vorzustellen. Sam ahnte nichts von Ambushs Nöten. „Verwaltungszentrum?" wiederholte der Lokvorther verblüfft, als handele es sich um ein für ihn völlig fremdartiges Wort. „Wo soU das sein?"
„Neben dem Universitätsgelände", erklärte Ambush ungeduldig. „Nur Plutokraten kriechen da herum", knurrte Sam und spuckte aus.
Ros funkelte ihn wütend an. Er zuckte die Schultern und kratzte sich ungeniert den Bauch. „Ist doch wahr!" murmelte er. „Dann waren es die Plutokraten, die dort alles weggeschleppt haben?" vermutete Sato Ambush. „Wer sonst?" knurrte der Lokvorther. >„Wo bleibt das Frühstück?"
„Eines Tages serviere ich dir ein Frühstück, an dem du ersticken wirst!" fauchte seine Gefährtin zornig und wandte sich an Dao-Lin-H'ay, die es ihr offensichtlich angetan hatte. „Wagt es ja nicht, zu verschwinden, bevdr ich ein Bild von euch habe!"
Dao-Lin-H'ay blickte ihr nach und betrachtete dann demonstrativ ihre Krallen. Jennifer Thyron beobachtete sie lächelnd. „Nicht aufregen", empfahl sie leise. „Wo finden wir diese Plutokraten?" fragte Sato Ambush ungeniert den Lokvorther.
Aber Sam schien keine Lust mehr zu haben, sich weiter mit den Frernden zu unterhalten. „Überall und nirgends", brummte er undeutlich vor sich hin. „Ihr werdet sie sicher finden. Sucht einfach nach Leuten, die euch ähnlich sind."
„Ich glaube nicht, daß wir hier noch viel erfahren", meinte Irmina Kotschistowa seufzend. „Und selbst wenn wir diese sogenannten Plutokraten fmden, wird uns das nicht viel nützen. Im Verwaltungszentrum hätten wir vielleicht noch eine Chance gehabt, aber bei Tausenden von Datenträgern, die mittlerweile über die ganze Stadt verstreut sind ..."
Sie sahen sich schweigend an. „Frühstück!" verkündete Ros und kam auf die Veranda geeilt. Sie knallte eine Schale mit Obst auf den Tisch. Unter dem Arm trug sie eine altertümlich aussehende Kamera. Sie setzte sie blitzschnell ans Auge und fummelte an verschiedenen Knöpfen herum. „Das war's!" verkündete sie strahlend. „Und nun laßt es euch schmekken! Wenn ihr gegessen habt, führe ich euch zum größten und beliebtesten Treffpunkt der Plutokraten!"
Sie setzte sich auf das wackelige Geländer und beobachtete ihre Gäste, denen unter diesen Umständen nichts anders übrigblieb, als wenigstens einige der Früchte zu probieren. Den Terranern war anzusehen, daß sie angenehm überrascht waren. Dao-Lin-H'ay ließ sich von Jennifer Thyron dazu überreden, von einigen kleinen, violetten Beeren zu kosten. Sie fand sie eßbar, konnte aber die Begeisterung ihrer drei Begleiter für lokvorthische Trauben beim besten Willen nicht teilen. Da sie andererseits nicht riskieren wollte, Ros zu verärgern, verzichtete sie darauf, sich an den mitgeführten Konzentraten gütlich zu tun. „Und nun zu den Plutokraten", rief Ros beinahe übermütig, als sie zu dem Schluß kam, daß ihre Gäste sich lange genug der Völlerei gewidmet hatten. „Samy!"
Dao-Lin-H'ay verzog das Gesicht bei dem schrillen Ruf und hob dann plötzlich den Kopf. „Was hast du?" fragte Jennifer Thyron leise.
In diesem Augenblick trat ein Mädchen aus dem Haus auf die Veranda. Es war ein Mädchen terranischer Abstammung, aber das war auch schon alles, was die Fremde mit den beiden anderen Lokvorthern gemeinsam hatte, denn dieses Mädchen war einfach gekleidet und ungeschminkt. Eine Gitarre hing ihm über die Schulter. „Hallo, Mathlyn", sagte Ros, und ihre Stimme klang plötzlich ganz weich und sanft. „Wohin gehst du jetzt? Schon zurück in die Kolonie?"
Das Mädchen namens Mathlyn
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