1484 - Der Teufel von Venedig
Leider habe ich keine Gondel zur Verfügung, aber so sind wir schneller…«
***
Da hatte der Commissario nicht gelogen. Wir waren schneller, denn wir fuhren wieder mit dem Polizeiboot und wir erlebten auch, dass es mit einer Sirene ausgerüstet war, die ihr schauerliches Geheul durch die Gassen schickte, wo es sich verstärkte, weil die Echos von den Hauswänden zurückgeworfen wurden.
Das Revier hatte eine Anlegestelle, an der wir andockten. Im Schein der Außenleuchten stiegen wir aus. Über einen kleinen Steg erreichten wir die Station, und hier erlebten Suko und ich, wie respektvoll der Commissario begrüßt wurde.
»Der Zeuge ist noch hier?«
»Ja.«
»Wo finden wir ihn?«
»Er wartet im Verhörraum.«
»Gut.« Orbino winkte uns zu. »Kommt mit.«
Die Kollegen nickten uns zu und schauten recht überrascht, denn mit unserem Erscheinen hatten sie nicht gerechnet. Es war gut, dass wir Mario Orbino an unserer Seite hatten. Er würde das Verhör durchführen, und hoffentlich brachte uns das weiter.
Wir trafen auf einen jungen Mann mit dunklen Haaren und einem schmalen Gesicht, auf dem sich Bartschatten abzeichneten. Er saß an einem Holztisch, trank Kaffee und hob den Kopf, als wir eintraten.
Eine Dreiergruppe hatte er wohl nicht erwartet. Denn als er uns sah, zuckte er zusammen und machte sich regelrecht klein.
Orbino übernahm die Vorstellung. Bei dem Begriff Scotland Yard bekam der Gondoliere große Augen. Männer wie uns kannte er höchstens aus Büchern oder Filmen.
Ich lächelte ihm zu, um ihm die Scheu zu nehmen. Danach nahmen wir unsere Plätze ein. Dass der Gondoliere von drei Augenpaaren beobachtet wurde, gefiel ihm nicht. Es war ihm anzusehen, dass er sich alles andere als wohl fühlte.
Orbino redete auf ihn ein. Wie nebenbei erfuhren wir seinen Namen. Der Mann hieß Roberto. Den Nachnamen vergaß ich. Er war auch nicht wichtig für uns.
Der Commissario stellte die Fragen mit einer sehr deutlichen Stimme. Er sprach auch langsam, denn er wollte den Gondoliere beruhigen, der ab und zu nickte, aber nicht in der Lage war, eine ausführliche Antwort zu geben. Er sprach in nur kurzen Sätzen und bekam zwischendurch immer wieder eine Gänsehaut.
Orbino legte nach einigen Minuten eine Pause ein und wandte sich an uns.
»Also, ich denke, dass wir auf der richtigen Spur sind. Er hat eine Tote durch den Kanal treiben sehen.«
»Tote?« fragte Suko.
»Na ja, nicht so wirklich, wie es sich dann herausstellte. Die Frau kletterte an einer bestimmten Stelle aus der Brühe. Sie hangelte sich über die an einer Hauswand angebrachten Sprossen in die Höhe und verschwand durch eine Tür.«
»Wohin führte die Tür?« fragte Suko.
»In ein Haus. In einen Palazzo.«
»Es lässt sich bestimmt herausfinden, wem er gehört.«
»Klar. Ich werde meinen Leuten Bescheid sagen, dass sie sich darum kümmern. Leisten Sie unserem Freund in der Zwischenzeit Gesellschaft.« Er klopfte mir auf die Schulter. »Bin gleich wieder da.«
Suko und ich blieben mit dem Gondoliere zurück. Der junge Mann wusste nicht so recht, wie er sich verhalten sollte. Er schaute uns an, lächelte oder spielte mit seiner Kaffeetasse.
Ich sprach ihn an. Er verstand mich und lächelte. Ich wollte wissen, ob sich die Frau bewegt hatte.
»Hat sie. Aber alles unter Wasser. Sie muss einfach schon tot gewesen sein.«
»Und weiter?«
»Wie?«
»Sind Sie von ihr gesehen worden?«
Roberto schrak zusammen. »Nein, was denken Sie! Sie hat mich bestimmt nicht gesehen.« Er senkte den Blick. »Glaube ich.«
»Und Sie kennen auch nicht das Haus, in dem sie verschwunden ist? Ich meine, Sie fahren ja viel herum.«
»Ja, ja, das schon. Aber ich weiß nur, dass es ein Palazzo ist.«
»Wohnt dort jemand?« fragte Suko.
»Das weiß ich nicht.«
Es hatte keinen Sinn, ihn weiterhin mit Fragen zu quälen. Dieses Problem würden sicher die Kollegen lösen, und dann mussten wir weitersehen.
Commissario Orbino öffnete schwungvoll die Tür. Als wir sein Gesicht sahen, da wussten wir, dass er Erfolg gehabt hatte, denn er lächelte breit.
»Es ist sehr gut gelaufen«, erklärte er und schloss die Tür. Er setzte sich auch nicht mehr hin.
»Dann wissen Sie, wem das Haus gehört?«
»Si, John, si. Der Besitzer heißt Carlo Amalfi.«
»Sehr gut.«
»Und?« fragte Suko.
»Man kennt ihn.«
»Noch besser.«
Orbino schaute meinen Freund und Kollegen an. »Nun ja, so würde ich das nicht sagen. Man kennt ihn nicht eben als einen netten Menschen. Carlo
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