1484 - Der Teufel von Venedig
von der Polizei gesprochen? Ha, da kann ich nur lachen. Die haben mich angeschaut, als hätte ich ihnen ein besonders komisches Märchen erzählt. Auf die venezianische Polizei ist kein Verlass. Man glaubte mir nicht. Man kannte auch keine Virna. Ich konnte ihnen auch nur den Vornamen nennen. Man hielt mich schlichtweg für einen Spinner. Wäre ich nicht beim Yard beschäftigt gewesen, was mir eine gewisse Reputation verschaffte, dann wäre alles anders gekommen. Dann hätten sie mich in die Mangel genommen und was weiß ich mit mir angestellt. So aber haben sie mich fahren lassen. Und jetzt bin ich hier, Mr. Sinclair. Aber vergessen kann ich Virna nicht.«
»Das denke ich mir.«
»Man hat sie umgebracht. Und es ist nicht nur irgendein verfluchter Killer gewesen, sondern ein Teufel, der in der Tiefe eines Kanals gelauert hat, um plötzlich an die Oberfläche zu schießen, wo er sich ein Opfer holte, das er ertränkte.« Er atmete einige Male tief durch und fragte mich dann: »Können Sie nicht etwas tun, Mr. Sinclair?«
»In Italien?«
»Ja, genau dort.«
Ich runzelte die Stirn. »Es wird nicht einfach sein, sich dort einzumischen. Da bin ich ehrlich. Da könnte es schon Probleme mit den Kollegen geben. Man hat Ihnen ja wohl nicht geglaubt, wie ich das alles sehe.«
»Hat man nicht.«
»Und weiter?«
»Ich konnte reden, was ich wollte, aber man schüttelte nur immer wieder den Kopf. So etwas durfte es nicht geben. Ein Killer im Kanal! Um Himmels willen. Wenn das an die Öffentlichkeit gelangt, werden die Touristen wegbleiben.«
»Ja, so wird man gedacht haben.«
»Aber das ist doch schlimm, Mr. Sinclair. Es geht um Mord. Um einen verfluchten Mord an einer jungen Frau. Da kann ich doch nicht tatenlos zuschauen. Und ich habe Virna nicht in den Kanal gestürzt.«
»Das glaube ich Ihnen.«
»Aber nicht die Polizei in Venedig. Ich kam mir vor, als sollte ich zum Mörder abgestempelt werden. Als hätte ich Virna getötet.«
»Wie sieht es denn mit Beweisen aus?« wollte ich wissen.
»Was meinen Sie damit?«
»Sie haben Fotos schießen wollen und…«
»Richtig, ja«, unterbrach er mich, »das meinen Sie. Alles klar. Ich hätte es besser machen können, das gebe ich zu. Aber ich war auf der anderen Seite auch geschockt und war vor Entsetzen wie erstarrt. Erst etwas später konnte ich reagieren, und da habe ich auch einige Fotos geschossen.«
»Auch von…«
»Natürlich, Mr. Sinclair. Ich habe sie mir auch ausdrucken lassen.«
Er griff in seine Seitentasche und holte einen normalen Briefumschlag hervor. Mit spitzen Fingern fasste er hinein, und dann lagen die Aufnahmen auf dem Schreibtisch.
Es waren nur drei Bilder. Suko stand auf und rückte näher an uns heran.
»Ich war sehr nervös und habe nicht stillhalten können. Ich drückte einfach nur auf den Auslöser, und diese drei Aufnahmen sind wenigstens etwas geworden.« Er hob die Schultern. »Auch wenn man darauf nicht viel erkennen kann.«
Manchmal helfen altmodische Dinge. So holte ich aus der Schublade eine Lupe hervor, um durch sie die Aufnahmen besser betrachten zu können.
Brian Cox hatte tatsächlich nur den Kanal fotografiert und damit auch die Stelle, in der seine Freundin Virna ins Wasser gezogen worden war.
Sie war dort schwach zu erkennen, ebenso wie dieses Monster.
Das Wasser war bereits teilweise über sie hinweggeschwappt. Aber dass dieser Fremde, dieser Teufel, nicht normal gewesen war, das erkannte ich trotzdem. Man konnte tatsächlich von einer widerlichen und grässlichen Gestalt sprechen mit einem grün schimmernden Körper und bösartigen Augen.
»Was sagen Sie?«
»Das ist schon beeindruckend.«
»Danke.«
»Kennen die italienischen Kollegen diese Aufnahmen auch?« wollte Suko wissen.
Brian Cox schaute Suko an, als würde er ihn erst jetzt zur Kenntnis nehmen.
»Und?« hakte Suko nach.
»Ja, ja, ich habe den Kollegen die Aufnahmen gezeigt.«
»Was taten sie?«
»Sie lachten mich aus.«
»Obwohl sie diesen recht guten Beweis präsentiert bekamen?«
»Ja, trotz allem.«
»Das verstehe ich nicht.«
Cox klatschte in die Hände. »Sie wollten es nicht sehen. Sie wollten es einfach nicht wahrhaben. Das ist es doch. Die haben meine Beweise ignoriert. In Venedig darf nichts passieren, was den Strom der Touristen aufhalten könnte. Nach außen hin ist alles so perfekt morbide. Wie es bei den Menschen tatsächlich aussieht, was sie wirklich denken, das steht auf einem anderen Blatt. Da dürfen Sie mich nicht fragen, Mr.
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