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1484 - Der Teufel von Venedig

1484 - Der Teufel von Venedig

Titel: 1484 - Der Teufel von Venedig
Autoren: Jason Dark
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verbeugte sich sogar vor ihm. Dann drehte sie sich nach links und schritt tiefer in den langen Raum hinein und durch bis zu seinem Ende.
    Dort hielt sie sich für einen Moment auf und schaute auf einen Schrank an der Querwand. Er hatte eine breite Tür, die sie bis zum Anschlag aufzog. Jetzt konnte sie auf die Rückwand schauen, denn kein Kleidungsstück behinderte ihr Blickfeld.
    Claudia Amalfi betrat den Schrank. Sie drückte wie auch beim Spiegel gegen eine bestimmte Stelle an der Wand.
    Ein leises Summen erklang. Die beiden Hälften schoben sich wie die Türen eines Fahrstuhls nach rechts und links zur Seite, sodass eine große dunkle Lücke entstand.
    Es strömte ihr noch eine andere Luft entgegen. Sie war feuchter und klammer. Sie roch nach der Stadt, und wieder suchte Claudia nach einem Lichtschalter.
    Diesmal musste sie knipsen. Nach dem Geräusch veränderte sich die Umgebung, denn Wandleuchten sorgten für eine Helligkeit, die sich auf den Stufen einer Steintreppe verteilte.
    Auch sie bestand aus Marmor und führte hinab in eine unbekannte Tiefe. In einen Keller, der noch unterhalb der Wasserfläche der Kanäle lag. Er war ihr Ziel, und er war für sie der eigentliche Mittelpunkt des Hauses.
    Stufe für Stufe schritt sie hinab. Sie hatte die Haltung einer Königin angenommen, und so fühlte sie sich auch. Sie war die Herrscherin über ihr Reich, und sie würde dafür sorgen, dass ihr hier niemand zu nahe kam, der es nicht sollte.
    Als sie die letzte Stufe hinter sich gelassen hatte, stand sie in einem unterirdischen Kellerraum. Feuchtes Mauerwerk schimmerte im düsteren Licht, das auch auf die Einrichtung des Verlieses fiel.
    In einem Halbkreis standen mehrere Stühle. Claudia hatte zehn hingestellt, aber nur vier von ihnen waren besetzt.
    Vier Stühle, vier Frauen. Noch sehr junge Frauen, deren Gesichter so perfekt waren. So glatt und völlig faltenlos. Zu vergleichen mit den Gesichtern von Geishas, die ebenfalls perfekt geschminkt wurden.
    Sie hockten da wie Puppen und hatten ihre Handflächen in Höhe der Knie auf die Beine gelegt. Sie alle starrten nach vorn, aber sie bewegten sich nicht.
    Auch wenn das Licht heller gewesen wäre, auf den Gesichtern wären keine Falten zu sehen gewesen. Eine derartig glatte Haut war völlig unnatürlich.
    Sie wusste es, und sie freute sich darüber. Jedes Antlitz war einfach nur schön und perfekt, aber jedes sah auch gleich aus. Zumindest beim ersten Hinschauen.
    Die mädchenhaften Gesichter. Die glatten Stirnen, die wunderbar geschwungenen Münder, die großen Augen, die dunklen Haare und der weiche Schwung der Wangen.
    Mädchen und zugleich märchenhafte Schönheiten, aber auch puppenhaft und ohne Leben.
    Sie saßen bewegungslos auf ihren Stühlen. Claudia Amalfi ging an ihnen vorbei, um sich einer bestimmten Stelle innerhalb des Verlieses zu nähern.
    Es war auch ein Stuhl.
    Einer mit einer sehr hohen Lehne.
    Und auch er war besetzt.
    Eine schreckliche Gestalt hatte dort ihren Platz gefunden. Damit sie nicht vom Stuhl kippte, war sie festgebunden worden. Die Stricke spannten sich bis hoch zur Kehle um ihren Körper. So konnte sie auf keinen Fall vom Stuhl fallen, denn das wollte die Frau nicht.
    Sie stand vor der Leiche und verbeugte sich. Mit leiser Stimme sagte sie: »Hallo, Bruder, hier bin ich…«
    ***
    Ihre Begrüßung verklang. Eine Antwort erhielt sie nicht, und sie amüsierte sich darüber, bevor sie den Toten mit einer bösartigen Stimme ansprach.
    »Ja, mein lieber Carlo, du sagst ja nichts. Kannst du nicht mehr sprechen, weil ich dich vergiftet habe?« Sie kicherte. »Ja, so ergeht es jedem, der sich nicht auf meine Seite stellen will. Das ist dann sein persönliches Pech. Du befindest dich schon sehr lange auf der Reise. Die Leute fragen schon, wo du bleibst. Ich sage ihnen immer, dass sich die Geschäfte in Asien nicht so einfach abwickeln lassen und es dabei immer wieder zu Problemen kommt. Deine Probleme werden besonders groß sein. So groß, dass sie dir irgendwann über den Kopf wachsen und ich der Öffentlichkeit leider erklären muss, dass du nie mehr zurückkommen wirst. Du hast dich eben zu weit vorgewagt, und genau das ist dein Pech gewesen, denn die andere Seite kann das nicht zulassen.«
    Der Bruder sagte nichts. Er konnte auch nichts hören. Sein Kopf war zur linken Seite gesunken. Die Haut sah nicht mehr aus wie sonst. Sie schien vergilbt zu sein, denn sie wies eine gelbliche Farbe auf, die sogar einen leichten Glanz angenommen hatte, denn
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