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1484 - Der Teufel von Venedig

1484 - Der Teufel von Venedig

Titel: 1484 - Der Teufel von Venedig
Autoren: Jason Dark
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blieb sie stehen und verließ sich dabei auf das Licht, das vom Saal her in die dunkle Welt strömte und sie einigermaßen erhellte.
    Eine graue Welt. Staubig und sehr alt. Nicht eben menschenfreundlich.
    Claudia Amalfi wusste genau, was sie zu tun hatte. Sie drehte sich zur Seite und hob den Arm. Ihre Hand fand zielsicher eine von der Decke herabhängende Kordel, an der sie zog.
    Sie hörte das leise Klicken, und wenig später erhellten sich unter der Decke mehrere Lampen. Sie alle hatten lichtschwache Birnen, die zudem noch gefärbt waren und so nur einen schwachen Schein verbreiteten.
    Kein Verlies. Kein kahles Gewölbe, sondern ein großes Zimmer mit einer Einrichtung, die zu Venedig passte. Allerdings musste man da die Zeit um einiges zurückdrehen.
    Eine schwere Couch. Viel Plüsch auf den Stühlen und Sesseln. Die dunkelrote Farbe überwog. Der Stoff schien einen Teil des Lichts zurückzustrahlen, weil er eine glatte, samtene Oberfläche hatte. Es stand ein großes, mit Büchern gefülltes Regal an der Wand, es gab auch Kommoden und Anrichten.
    Bilder hingen in goldenen Rahmen. Die Motive wiederholten sich.
    Immer wieder hatten die Maler Frauen abgebildet und sie in den verschiedensten Positionen gemalt. Natürlich ohne Kleidung. Alle Körper waren nackt, aber sie hatten Idealfiguren. Da gab es nichts Knochiges zu sehen, selbst bei den älteren Frauen nicht, die oftmals zusammen saßen und sich gegenseitig anlächelten oder streichelten.
    Es waren Gemälde, die etwas ausdrückten und auf bestimmte Dinge hinwiesen. Wie auch das Porträt einer nackten Frau, die eine Maske vor ihr Gesicht hielt. Es war mehr ein schwarzes Teil, das aus Augen und einem daran hängenden durchsichtigen Tuch bestand.
    An der Maske befand sich ein Stock, damit man sie vor das Gesicht halten konnte.
    Die Frau war vom Körper her das glatte Gegenteil der Schönen auf den anderen Bildern. Kleine Brüste, die schlaff nach unten hingen.
    Ein flacher Leib, knochige Hüften und spitze Knie über ebenfalls kaum ausgebildeten Waden. Die nackten Füße verschwanden in Schnabelschuhen.
    Auf den ersten Blick war das Gesicht nicht zu erkennen. Wer jedoch genauer hinschaute und auch Claudia Amalfi kannte, der sah schon deren Züge auf der Leinwand.
    Die echte Claudia blieb länger vor ihrem Bild stehen. Sehr intensiv schaute sie es an. Sie wünschte sich ein anderes Aussehen, aber das konnte sie nicht herbeizaubern. Es war ihr Problem, und sie hasste alles Schöne zutiefst. Auch wenn sie den Unterricht gab und dort junge, schöne Körper zu sehen bekam.
    Auch wenn sie durch die Stadt fuhr und die jungen Frauen und Mädchen sah, wurde sie sich ihrer Unzulänglichkeit bewusst. Genau das wollte sie ausgleichen, und sie war bereits dabei, es zu tun.
    Schönheit musste zerstört werden.
    Und sie wusste, wie.
    Claudias Mund verzog sich zu einem kalten Lächeln, als sie daran dachte, welch einen großen Helfer sie für ihren Plan hatte gewinnen können. Es war ein Wahnsinn, wenn sie sich näher mit diesem großartigen Plan beschäftigte. Er stand dicht vor der Erfüllung, denn sie befand sich auf dem richtigen Weg.
    Sie ging noch näher an das Bild heran und strich mit den Fingern über ihren gemalten Körper. Dabei hatte sie das Gefühl, eine gewisse Wärme zu spüren. Das gab ihr wieder neuen Mut. Die Wärme kam nicht von ungefähr. Sie steckte in dieser Gestalt, und das war so einzigartig.
    »Du bist der richtige Mann für mich. Es gibt keinen anderen auf dieser Welt. Du bist es, auch wenn du nicht hier lebst, sondern in deinem wunderbaren Reich…«
    Sie wartete auf eine Antwort, starrte ihr eigenes Gesicht unter der Maske an, und es kam ihr vor, als gäbe es da eine Veränderung, denn das Gesicht erhielt einen grünen Schimmer, als wäre Farbe darüber gestrichen worden.
    Es lief alles ideal. Sie konnte zufrieden sein, wenn da nicht die beiden Engländer gewesen wären.
    Beschweren wollte sie sich über den Commissario, nicht aber über die beiden Fremden. Sie mussten weg. Sie durften nicht mehr länger bleiben. Je früher sie aus Venedig abreisten, desto besser. Aber Claudia ahnte, dass sie nicht aufgeben würden. Sie hatte es gespürt, aber das hatte sie nicht mal als so schlimm empfunden. Etwas anderes hatte sie viel mehr gestört.
    Einer der Männer, nicht der Chinese, hatte etwas an sich gehabt, das sie störte. Sie konnte nicht sagen, was es gewesen war, aber sie stufte es als eine große Gefahr ein.
    Noch einmal lächelte sie dem Bild zu und
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