1484 - Der Teufel von Venedig
jungen Mannes, und dieses Schaukeln war auch ihm neu.
»Merkst du es denn, Mano?« Die beiden ersten Buchstaben seines Namens ließ Hina immer weg.
»Ja.«
»Und was ist das?«
»Keine Ahnung.«
»Sieh nach.«
»Unsinn, das wird schon wieder aufhören.«
»Nein, das glaube ich nicht. Da – da – hängt etwas an unserem Boot, glaube ich.«
Romano stimmte ihr zu, ohne etwas zu sagen. Er war wütend und handelte sofort. Er hatte halb auf der jungen Japanerin gelegen. Nun drehte er sich von ihr weg. So bekam Hina mehr Platz und konnte sich hinsetzen. Die Schaukelei des Boots hatte nicht aufgehört. Aber es war nichts zu sehen, das dafür verantwortlich sein könnte. Wenn eine Person das Boot zum Schaukeln brachte, dann hielt sie sich im schmutzigen Wasser verborgen. Als sie daran dachte, lief ihr eine Gänsehaut über den Rücken, und sie bekam einen trockenen Mund.
Szenen, die sie mal in irgendwelchen Filmen gesehen hatte, schossen ihr durch den Kopf. Da waren Monster aus dem Meer gestiegen und hatten Schiffe angegriffen.
Hina sah Romano durchs Boot kriechen. So fand er am besten Halt. An ein Aufrichten war nicht mehr zu denken. Das Boot schaukelte einfach zu wild auf den Wellen, die damit nichts zu tun hatten.
Romano kroch in Richtung Bug. Dann schob er sich nach rechts, um über Bord schauen zu können. Das Verhängnis begann mit seinem Reigen. An der linken, der Backbordseite.
Dort wurde das Boot durch ein schweres Gewicht weit nach unten gezogen. Es war kaum noch möglich, dass es sich wieder aufrichten konnte.
Hina wollte ihren neuen Freund mit einem Ruf warnen, als sie die Gestalt sah, die sich aus dem schmutzigen Kanalwasser in die Höhe hangelte.
Eine Puppe?
Das Gesicht zumindest sah so aus. Es glänzte leicht, deshalb konnte Hina es auch recht deutlich erkennen. Wasser rann über die starren Züge und ließ sie zusätzlich schimmern.
Ein zweites Gesicht erschien neben dem ersten. Hände lösten sich von der Bordwand, und an der anderen Seite entstand ein Gegendruck, weil dort ebenfalls zwei Gestalten mit den glatten Gesichtern erschienen.
Hina konnte nicht mehr sprechen. Das blanke Entsetzen hatte sie stumm werden lassen. Was man ihr und ihrem Freund da antat, war einfach schlimm und nicht fassbar. Die Gestalten, die das Wasser verließen, sahen aus, als wären sie keine Menschen, sondern Leichen. Ertrunkene, die wieder zu einem unheilvollen Leben erweckt worden waren und dabei ihre menschlichen Gesichter verloren hatten. Sie schoben sich in die Höhe, und es bestand kein Zweifel, was sie vorhatten.
Die Japanerin war so in ihre eigene Welt des Entsetzens eingeschlossen, dass es ihr nicht mal mehr gelang, einen Schrei auszustoßen. Was aus ihrem offenen Mund drang, war nur ein Krächzen.
Sie zitterte. Plötzlich rann der Schweiß aus ihren Poren. Sie fing an, mit sich selbst zu flüstern, doch sie wusste nicht, was sie sagte.
Romano, der die Gestalten auch gesehen hatte, tat nichts. Er war ebenfalls geschockt.
An seiner Seite zogen sie sich in die Höhe und schlugen zu. Sie hingen mit dem Oberkörper über dem Bootsrand, aber sie hatten genau gezielt. Ihre Fäuste trafen Romano im Gesicht. Sie erwischten auch seinen Hals und schleuderten ihn zurück. Er fiel auf den Rücken und geriet dabei in die Hände der anderen.
Sie schlugen ebenfalls auf ihn ein.
Es war für Hina furchtbar. Sie sah sich nicht in der Lage, etwas zu tun. An ein Eingreifen war bei ihr nicht zu denken. Sie hörte das Klatschen der Schläge und empfand diese Geräusche als die schrecklichsten in ihrem Leben.
Romano war bereits zu schwach, um seine Arme anzuheben und sich zu wehren. Zwei Hände umklammerten seine Fußknöchel und zerrten ihn auf den Bootsrand zu.
Die Gestalten hoben ihn an. Sie brauchten ihre Hände nur unter seinen Rücken zu schieben. Er geriet in eine sitzende Haltung. Hina erkannte, dass er seinen Kopf nicht mehr aus freiem Willen bewegen konnte. Er schwang hin und her wie ein Pendel. Einen Moment später hatten sie ihn nahe an die Bordwand gezerrt. Noch einmal wurde er angehoben und wenig später kippte er über die Bordwand.
Hina sah ihn nicht mehr. Das Klatschen zeigte ihr an, wo er gelandet war.
Hina wusste Bescheid. Aber sie weigerte sich, daran zu glauben.
Es war einfach alles nur schrecklich. Sie hatte das Gefühl, zu fallen oder weggetrieben zu werden, und sie sah ihren neuen Freund auch nicht wieder auftauchen. Die Gestalten mit den starren Masken hatten ihn bewusstlos geschlagen und in
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