1484 - Der Teufel von Venedig
er nicht fahren.
Er stellte den Motor ab und drehte sich um. Weil er unter die Plane schauen wollte, musste er sich ducken.
Die vier Masken hatten ihn bereits gesehen. In den nächsten Sekunden erfuhren sie von Arno alles Wichtige. Mehr brauchte er ihnen nicht zu sagen, denn sie wussten genau, was sie tun mussten.
Zuerst nahmen sie ihre Masken ab.
Dann standen sie auf. Sie wussten genau, wie es ablaufen musste, damit sie eine weitere Person in ihrem Reigen aufnehmen konnten.
»Holt sie und tötet sie!«
Sie nickten.
Danach entfernten sie sich, indem sie sich an beiden Bordseiten ins Wasser gleiten ließen…
***
Man konnte über Mario Orbino sagen, was man wollte, er war ein verlässlicher Mensch und hatte dafür gesorgt, dass uns ein geeignetes Boot zur Verfügung stand.
Nachdem wir an Bord gegangen waren, hatte Suko glänzende Augen bekommen. Das war Orbino nicht verborgen geblieben.
»Wollen Sie es lenken?«
»Wenn ich darf?«
»Okay, ich fahre oft genug Boot.«
»Danke.« Suko war so versiert, dass man ihm nichts zu erklären brauchte. Nur die Strecke musste ihm gesagt werden, denn in diesem Wirrwarr der Kanäle kannten wir uns nicht aus.
Das übernahm der Kollege. Er stand neben Suko und erklärte ihm, wie er zu fahren hatte.
Ich hielt mich am Heck auf. Auch wenn man viel erlebt wie ich, so ist es immer wieder ein Ereignis, wenn man etwas Neues präsentiert bekommt. Mir erging es in dieser Nacht so.
Venedig in der Dunkelheit. Hinzu kam die Fahrt auf dem Wasser, die nicht ohne Wind vonstatten ging. Er gehörte einfach dazu, und wenn er mir gegen das Gesicht wehte, dann brachte er all das mit, was diese Stadt ausmachte.
Der frische Geruch, der sich mit dem alten mischte und aus Jahrhunderte alten Mauern zu strömen schien. Das war schon eine besondere Note, die da in der Luft lag, und ich konnte behaupten, dass ich sie mit fast jedem Atemzug genoss. Ich hatte nicht das Gefühl, einsam zu sein, denn die Stadt lebte auch in der Nacht. Dabei meinte ich nicht die Geräusche des Wassers und der Wellen. Es ging mir um die feinen dünnen Stimmen oder um die Musikfetzen, die ab und zu meine Ohren erreichten.
Venedig ist immer eine Reise wert, und auch in der Nacht bewies diese wunderbare Stadt ihre einzigartige Atmosphäre, denn der Spätsommer wollte einfach nicht weichen.
Ich achtete nicht darauf, welchen Kurs wir nahmen. Für so etwas war der Commissario zuständig. Wir blieben zunächst im Canal Grande.
In den zahlreichen Lokalen, die wir vom Wasser aus sahen, herrschte noch allerlei Trubel. Immer wieder sah ich auch die Einmündungen in die kleineren Kanäle, die wie breite Adern durch ein Stück Land liefen.
Ich merkte, dass wir an Geschwindigkeit verloren, und als ich den Hals reckte, winkte der Commissario mir bereits zu.
Ich verstand die Geste und ging zu den beiden nach vorn. Suko lächelte mich an. Er war happy, dass er fahren durfte.
»Wir sind gleich am Ziel«, erklärte Orbino, »dann verlassen wir den Canal Grande.«
»Wir fahren aber nicht in die Lagune?«
»Nein, John, machen Sie sich da mal keine Gedanken. Wir haben nur einen kleinen Umweg genommen.«
»Warum?«
Er lächelte etwas spröde. »Es könnte ja sein, dass die andere Seite Lunte gerochen hat und auf der Lauer liegt. Man darf diese Frau nicht unterschätzen. Die ist mit allen Wassern gewaschen, schlimmer als ihr Bruder.«
»Was ist mit ihm?«
Der Commissario hob die Schultern. »Ein knallharter Geschäftsmann, John. Einer, der seine Finger überall drin hat. Er mischt auf vielen Gebieten mit.«
»Und man hat ihm niemals was am Zeug flicken können?«
Orbino winkte ab. »Lassen wir das lieber. Vor einem Jahr stand er in den Zeitungen, als es um einen Müllskandal ging. Er hat das Zeug entsorgen sollen, was er auch tat. Nur nicht dort, wo es hingebracht werden sollte. Man hat es in der Nähe von Meran gefunden. Aber der edle Herr war sich keiner Schuld bewusst. Angeblich hat er die Ladung einem Subunternehmer überlassen.«
»Und der ging für Amalfi hinter Gitter?«
»Ha, wenn es mal so gewesen wäre. Eine Geldstrafe wurde ihm aufgebrummt, das ist alles. Ich gehe davon aus, dass sie von Amalfi aus seiner Portokasse bezahlt wurde.«
»So etwas ist nicht neu. Das gibt es überall.«
Orbino nickte mir zu und tippte Suko auf die Schulter. Er sollte sich bereitmachen, das Steuer abzugeben.
»Schade.«
»Jetzt werden die Kanäle schmäler.«
»Das würde ich auch schaffen.«
»Glaube ich Ihnen sogar. Nur kenne
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