1484 - Der Teufel von Venedig
an, Sir James – oder?« radebrechte er in seinem nicht eben perfekten Englisch.
»So ist es.«
»Was kann ich denn für Sie tun?«
»Ich glaube, es geht um einen Mord.«
»Ach.«
Sir James gab eine behutsame Erklärung ab. Viel hatte er noch nicht gesagt, als er unterbrochen wurde.
»Oh, da sagen Sie etwas.«
»Wieso?«
»Das ist im Moment unser Problem.«
»Dann glauben Sie mir, Signore Walter?«
»Ja, voll und ganz.«
»Und weiter?«
»Nichts weiter. Wir treten auf der Stelle. Wir haben die Öffentlichkeit aus diesen Fällen herausgehalten.«
»Fällen?«
»Si. Es gab mehrere. Und immer waren es Frauen, die verschwanden. Wir wissen nicht mal, wie viele es genau sind, aber wir gehen davon aus, dass sie tot sind.«
»Und der Mörder wurde nicht gefunden?«
»Leider nicht. Dabei tun wir alles. Es gibt sogar eine Sonderkommission, die sich darum kümmert. Sie wird geleitet von Commissario Orbino, aber er hat bisher noch keinen Erfolg gehabt. Es ist auch schwer, kann ich Ihnen sagen.«
»Gibt es Zeugen?«
»Hin und wieder, aber – nun ja, Sie können sich denken, dass niemand so recht an ein Monster glauben will. Das ist auch bei mir der Fall.«
»Ich sitze hier vor einem Foto. Es wurde von einem Yard-Beamten geschossen, der Ihre schöne Stadt besucht hat. Seine Freundin ist leider von dem Monster aus dem Kanal geholt worden, und ich glaube nicht, dass der Mann gelogen hat. Nein, das denke ich nicht.«
»Es ist schwer«, seufzte Signore Walter. »Und bitte, halten Sie das Foto aus der Öffentlichkeit. Selbst wenn es in Ihren Zeitungen abgedruckt würde, wäre das schlimm. Heute bleibt ja nichts mehr verborgen. Das Internet ist verdammt schnell.«
»Das stimmt alles. Aber wenn bereits mehrere Personen verschwunden sind, dann könnte es sein, dass man mal über eine gewisse Hilfe nachdenken sollte.«
Pause.
Wir hörten den Italiener schwer atmen. Dann sagte er mit leiser Stimme: »Ich weiß ja, wer Sie sind, Sir James, und mit welchen Fällen Sie sich beschäftigen. Darüber konnten wir uns ja auf dem Kongress lange unterhalten. So muss ich davon ausgehen, dass Sie eine unkonventionelle Lösung als durchaus akzeptabel ansehen?«
»Ja, das sehe ich so. Der Kollege sprach vom Teufel. So weit will ich nicht gehen, aber wenn ich mir das Foto so betrachte, könnte man schon auf den Gedanken kommen.«
»Können Sie es mir mailen?«
»Ja.«
»Gut, wir reden danach weiter. Ich denke, dass sich Commissario Orbino mit Ihnen in Verbindung setzen wird.«
»Das ist doch was.«
Sir James ließ sich noch die E-Mail-Adresse geben und war zufrieden.
Ob wir es auch waren, wollte er dann wissen.
»Zumindest ist es nicht schlecht gelaufen«, erwiderte Suko. »Wir wissen jetzt, dass es um einen Mörder geht, der schon mehrere Frauen auf dem Gewissen hat.«
»Um den Teufel aber nicht.«
»Nein, jedoch um einen seiner Helfer möglicherweise, den einige Menschen als Teufel ansehen.«
»Ja, davon können wir ausgehen. Und ich denke, dass Glenda schon zwei Flugtickets bestellen kann.«
»Dagegen haben wir nicht das Geringste einzuwenden«, sagte ich…
***
Zunächst musste Glenda Perkins eine andere Aufgabe erledigen. Sie sollte die Kollegen in der Lagunenstadt informieren, und wir waren gespannt, wie man unser Kommen dort aufnehmen würde.
Als Glenda den Namen Venedig hörte, bekam sie glänzende Augen. »Dort möchte ich auch mal wieder hin.«
»Dann bestell mal zwei Tickets. Vielleicht können wir in den nächsten beiden Stunden noch fliegen.«
»Wir zwei?« jubelte sie.
»Nein, Suko und ich.«
Sie zog eine Schnute. »Ach ja, habe ich es mir doch gedacht. Ihr macht euch mal wieder einen Lenz.«
»Und werden dabei wohl ganz nebenbei ein Monster jagen.«
»Das gehört dazu.«
Und es gehörte auch Glendas Kaffee bei einem Aufenthalt im Büro dazu. Ich nahm eine Tasse mit und setzte mich wieder an den Schreibtisch. Das Verbindungsglied war jetzt das Telefon. Ich war gespannt, wann sich Venedig meldete.
Das Foto bekamen sie schnell, und sicherlich hatte auch Michele Walter schon einige Anrufe getätigt, sodass die Kollegen schon mal vorgewarnt waren.
Der Kaffee tat mir gut. Suko hatte sich ein Wasser genommen und fragte mich über den Schreibtisch hinweg: »Was oder wer könnte seine Finger im Spiel haben?«
»Keine Ahnung.«
»Wirklich der Teufel?«
»Sieht er so aus?«
Suko winkte ab. »Du weißt selbst, wozu er in der Lage ist. Der kann in zahlreichen Verkleidungen auftreten, das wissen wir.
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