1484 - Der Teufel von Venedig
Sinclair. Ich bin froh, dass ich nicht mehr dort bin. Das können Sie mir glauben.«
»Das verstehe ich.« Suko hatte die Antwort gegeben und schaute mich mit einem Fragezeichen im Blick an. Wir mussten uns entscheiden, ob wir in den Fall einsteigen wollten oder nicht. Es war eigentlich die Sache der Kollegen in Venedig. Wir konnten nichts dagegen unternehmen und im Höchstfall nur behutsam anfragen.
»Was denken Sie?« wandte sich Brian Cox an uns beide.
»Dass Sie nicht gelogen haben«, erwiderte ich. »Die Aufnahmen sind nicht gefälscht. Man sieht darauf, was passiert ist. Ich für meinen Teil glaube, dass Sie richtig liegen.«
»Das tut mir gut.«
»Ja, ich halte Sie nicht für einen Spinner. Das werden auch die Kollegen nicht getan haben. Nur hatten sie nicht den Mut, etwas zuzugeben, was unter Umständen in ihrer Stadt passiert ist und möglicherweise noch passieren wird.«
»Genau, Mr. Sinclair.«
»Nur können wir uns schlecht einmischen.«
Brian Cox gab nicht auf. »Wie wäre es denn mit einem Anruf? Ich weiß auch, wer da so etwas wie der Chef ist. Commissario Mario Orbino. Kennen Sie ihn vielleicht?«
»Nein. Sie?«
Cox lachte und winkte ab. »Ja, ich kenne ihn, denn ich habe zuletzt mit ihm gesprochen. Er kam, als ich nicht locker ließ, und ich kann Ihnen sagen, dass er zwar freundlich war, aber auch ebenso hart und entschieden. Man hat mir nicht geglaubt. Was nicht sein darf, das darf eben nicht sein, und auch er hat mich weggeschickt. Er war der Ansicht, dass ich zu viel Fantasie hätte.«
»Was sagte er zu den Fotos?«
»Nichts Konkretes. Er meinte, dass alles möglich sein könnte, aber nicht das, was ich daraus las. Praktisch als Kollege gab er mir dann den Rat, die Stadt so schnell wie möglich zu verlassen. Mehr kann ich nicht sagen und nur hoffen, dass Sie die Dinge etwas anders sehen als die Kollegen in Venedig.«
»Das könnte sein«, gab ich zu.
»Und?« Ein Funken Hoffnung blitzte in seinen Augen. Jetzt sah er sich auf der Siegerstraße.
»Alles klar, Mr. Cox, wir werden uns um die Sache kümmern. Allerdings können wir nichts versprechen.«
»Nein, nein, das weiß ich. Ich bin ja schon froh, von Ihnen nicht abgewiesen worden zu sein.« Er strich mit beiden Händen durch sein Gesicht, dessen recht blasse Haut zahlreiche Sommersprossen aufwies. Die Haare wuchsen etwas schütter auf seinem Kopf. Sie zeigten eine rötlichblonde Farbe.
»Aber Sie sagen mir Bescheid, wenn Sie vielleicht – ich meine, wenn Sie sich um den Fall kümmern und etwas herausfinden sollten.«
»Wie gesagt, versprechen können wir nichts«, meinte Suko.
»Das verstehe ich.« Er stand auf. Über seine Lippen huschte ein Lächeln. »Ich bin wirklich froh, dass sie mir zugehört haben und sich ab jetzt etwas tut.«
»Setzen Sie Ihre Hoffnungen nicht zu hoch an«, warnte ich.
Cox winkte ab. »Ach, Mr. Sinclair, stellen Sie Ihr Licht nur nicht unter den Scheffel. Ich weiß, wer Sie und Suko sind. Schließlich arbeiten wir im selben Verein. Und dann möchte ich Ihnen noch etwas sagen. Natürlich habe ich versucht, etwas herauszufinden. Ich wollte mich in den Polizeicomputer der italienischen Kollegen einloggen. Geschafft habe ich es nicht, und deshalb bekam ich auch keine Informationen.«
»Sie wollten an das Monster heran?«
»Richtig, Mr. Suko.« Er hob die Schultern. »Aber da gab es nichts, sage ich Ihnen. Sie haben gemauert. Sie haben sich abgeschottet. Nichts darf den Tourismus beeinträchtigen. Er ist der größte Geldbringer der Stadt. Verbrechen stören da nur.«
»Das ist wohl wahr.«
Unser Kollege ging zur Tür und verschwand.
Suko und ich blieben zurück. Zunächst sagten wir nichts und schauten uns nur an. Ein Foto hatte der Kollege als Beweismaterial zurückgelassen. Suko deutete darauf.
»Und? Reicht dir das?«
»Puh, das ist schwer zu sagen. Cox hat es gereicht. Warum sollte er gelogen haben?«
»Stimmt. Ich glaube auch nicht, dass er diese Virna nur erfunden hat.« Suko deutete in Richtung Vorzimmer. »Ich denke, dass wir uns mit jemand anderem zusammensetzen sollten.«
»Meinst du Glenda?«
Er lachte. »Nein, bestimmt nicht.«
»Gut, dann lass uns zu Sir James gehen.«
»Gratuliere. Kannst du Gedankenlesen?«
»Bei dir doch immer…«
***
Das Foto hatten wir natürlich mitgenommen. Jetzt lag es vor Sir James auf dem Schreibtisch, der es betrachtete und dabei die Stirn runzelte.
»Was soll das sein?« Er hob den Blick, sodass wir gegen die Gläser seiner Brille schauen
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