1486 - Im Tempel der Furcht
dahintersteckt. Das ist auch hier der Fall, glauben Sie mir.«
Die Frau schaute mich etwas länger an als normal. »Ja, Mr. Sinclair, ich glaube Ihnen. Und ich muss Ihnen sagen, dass ich gespannt bin und Angst zugleich habe.«
»Das kann ich verstehen.«
»Wie lange bleiben wir noch hier auf dem Spielplatz?«
Ich lächelte und schüttelte zugleich den Kopf. »Nicht mehr lange. Da brauchen Sie keine Angst zu haben.«
»Und wohin gehen Sie?«
»Zu Ihnen.«
Es war zu sehen, wie erleichtert die Archäologin war. Sie hatte schon befürchtet, allein gelassen zu werden. Genau das kam mir nicht in den Sinn. Bei ihr hatte der Fall begonnen. Sie war von der unheimlichen Gestalt aufgesucht worden, und eine derartige Zeugin konnte ich auf keinen Fall allein lassen.
Mit den beiden Straßenräubern hatte ich nichts zu tun. Darum sollten sich die Kollegen kümmern, die ich darauf ansprach, als ich mich verabschiedete.
Sie waren froh, dass ich mich nicht einmischte.
Mike Nichols sagte etwas, als ich in seine Nähe kam. »Ich denke, dass wir uns noch sehen werden, Mr. Sinclair.«
»Das ist möglich.«
»Denn jetzt habe ich ein weiteres Problem.«
»Sie meinen den Schwertträger?«
»Wen sonst?«
Ich zog ihn etwas zur Seite, weil ich nicht wollte, dass die anderen mithörten.
»Was ist denn?«
»Bitte, ich möchte Ihnen keine Vorschriftenmachen, Mr. Nichols, wirklich nicht. Aber es gibt Fälle und Phänomene, da sollte man am besten die Finger von lassen.«
»Ach…«
»Ja, denken Sie darüber nach. Manche Dinge können für unbefangene Menschen sehr leicht tödlich enden. Sie sind auch nicht zu erklären.«
»Was meinen Sie damit?«
»Tun Sie sich selbst und auch mir den Gefallen und überlassen Sie anderen Leuten die Jagd nach diesem Phänomen.«
Das gefiel ihm nicht. Ich sah es an seinem Gesichtsausdruck. »Sind Sie auch dabei?«
Es ergab keinen Sinn, ihn anlügen zu wollen. »Ja, ich werde mich um den Fall kümmern.«
»Gut, Sir. Sie entschuldigen mich jetzt. Ich habe noch zu tun.«
»Sicher.« So recht traute ich dem Braten nicht. Dieser Mann meinte es gut, keine Frage, aber meiner Ansicht nach unterschätzte er den Schwertträger, der möglicherweise Sir Baldur Wainright hieß und als Duke of Kent bekannt gewesen war.
Nicht, dass ich die fantastische Geschichte der Archäologin von Anfang an nicht geglaubt hätte, ich hätte mich sonst nicht eingemischt, aber nun hatte es für mich so etwas wie einen Beweis gegeben, dass er existierte. Die tiefe Wunde in der Schulter hatte sich der Mann ganz gewiss nicht selbst beigebracht.
»Können wir?« fragte ich die Archäologin.
»Gern. Und wohin?« Sie schaute mich an, und ich blickte ebenfalls in ihr rundes Gesicht.
»Zu Ihrem Haus.«
Die Sorge in den Augen hinter den Brillengläsern verschwand.
»Na, damit tun Sie mir einen verdammt großen Gefallen. Ich befürchtete schon, die Nacht allein verbringen zu müssen.«
Als ihr der andere Sinn der Worte klar wurde, stieg die Röte in ihr Gesicht.
Ich tat so, als hätte ich es nicht bemerkt. Gemeinsam entfernten wir uns vom Schauplatz des Geschehens, wobei ich mir sicher war, dass wir zunächst nur die Ouvertüre erlebt hatten…
***
Im Haus empfing uns eine angenehme Wärme. Das Gebäude selbst war nicht sehr groß, aber für eine Person, die hier wohnte, schon recht üppig. Wenn man in die erste Etage hochstieg, gab es dort schon schräge Wände, das hatte Rosy mir gesagt, nachdem ich in ihrem Wohnzimmer Platz genommen hatte, weil sie einen Tee kochen wollte. »Es kann auch Kaffee sein.«
»Dann nehme ich den.«
»Gut. Machen Sie es sich bequem.« Drei Lampen sorgten für einen warmen, gemütlichen Schein. Er fiel nicht von der Decke herab.
Zwei Stehleuchten und eine Wandlampe verteilten ihn. Es gab ein kleines Sofa und zwei Sessel, die mit einem Blümchenstoff bezogen waren. Auf der leicht gelblichen Fläche verteilten sich blassrote Rosen. Die Couch hatte einen beigen Bezug.
Man sah es dem Zimmer an, dass Rosy Keller nicht nur Wissenschaftlerin war. Sie hatte auch einen Hang zur Gemütlichkeit. Es drückte sich in der Anzahl der Kissen aus, der Blumen, der Bilder, alles Kleinigkeiten, die dem Raum eine wohnliche Atmosphäre gaben.
Die Tür zum Flur hatte sie offen gelassen. Ich hörte, dass sie in der Küche hantierte. Geschirr klapperte, und kurze Zeit später betrat sie das Wohnzimmer mit einem Teller, auf dem kleine Häppchen lagen.
Verschiedene Toaststücke, die mit Pasteten und Käse gefüllt
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