1489 - Die Männerfalle
mir egal. Es sah in seiner Farbe nur recht unnatürlich aus. Er hatte ein flaches Gesicht, eines, das man sah und schnell wieder vergaß. Dünne bleiche Lippen und blasse Augen. Das Markanteste an ihm waren die großen Ohren, die eng an seinem Kopf lagen. An ihnen hätte ich gern gezogen und ihn in die Höhe gehievt.
In seiner rechten Hand hielt er tatsächlich einen langläufigen Revolver, in dessen Mündung ich schaute.
»Du bist ja brav gewesen, John.«
»Das bin ich doch immer.«
»Sehr schön.« Er grinste und schlug zu.
Sein linker Arm wurde plötzlich sehr lang. Ich schaffte es nicht mehr, mich zur Seite zu drehen, und die Faust erwischte mich in der Körpermitte. Mir wurde die Luft knapp. Ohne dass ich es wollte, beugte ich mich nach vorn, und darauf hatte der liebe Rolf nur gewartet. Seine flache Hand klatschte gegen meine Stirn und sorgte dafür, dass ich nach hinten taumelte.
Mit dem Rücken prallte ich gegen die Wand. Genau das hatte er gewollt.
Ich schnappte nach Luft. Dass ich auf den Beinen blieb, hatte ich nur meiner guten Kondition zu verdanken. Einen Moment lang glaubte ich, mich übergeben zu müssen, der Magen wollte hoch in meine Kehle wandern, was zum Glück nicht geschah.
Rolf ließ mich in Frieden. Er wartete ab und stand vor mir wie ein lebender Kleiderschrank. Er trug einen grauen Anzug und ein weißes Hemd ohne Krawatte. Seinen Kumpan hatte ich schon beim Eintreten erlebt. Dass Rolf mich hier im Büro erwartet hatte, das war eine Überraschung, die ich noch immer nicht verdaut hatte.
Ich holte tief Luft. Gegen die Schmerzen half das, denn nicht zum ersten Mal befand ich mich in einer derartigen Situation. Das Bild des Schlägers klärte sich, und ich wartete auf den zweiten Teil. Er sollte einiges aus mir herausbekommen, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass er bereits über mich Bescheid wusste. Das konnte er nur von dieser Caroline erfahren haben, die von Beginn an mit mir ein falsches Spiel getrieben hatte.
Darüber nachzudenken, weshalb ich nicht misstrauischer gewesen war, erlaubte mir die Zeit nicht. Ich wollte sehen, dass ich möglichst heil aus dieser Lage rauskam. Ich dachte auch an Jane, deren Identität unter Umständen ebenfalls entdeckt worden war. Dann ging es uns beiden an den Kragen.
»Du wirst sprechen, John!«
»Kommt darauf an…«
»Die Fragen sind ganz einfach.«
»Ich höre.«
»Wer bist du wirklich?«
»John Sinclair.«
»Gut. Und was wolltest du hier?«
»Spaß haben.«
Das war genau die verkehrte Antwort. Rolf holte kurz Luft, trat einen Schritt vor und schlug mit der Waffe zu. Er traf meine linke Schulter, was höllisch wehtat.
Danach ließ er mir Zeit, mich zu erholen. Mein Arm und die Hand waren zwar ziemlich lahm, aber bewegen konnte ich sie.
»Drei dumme Antworten, und ich schieße dir eine Kugel in den Schädel. Eine habe ich bereits gehört.«
»Okay, was willst du wissen?«
»Wer du wirklich bist.«
»Scotland Yard«, sagte ich.
Diese beiden Worte überraschten ihn tatsächlich. Er riss nicht nur seine Augen auf, sondern auch den Mund. Man schien ihn wirklich nicht so genau informiert zu haben. Er musste erst mal schlucken, um die Überraschung zu verdauen.
»Ein Bulle?«
»Ich kann es nicht ändern!« keuchte ich und versuchte, den Schmerz in Schulter und Arm zu ignorieren.
Mit der freien Hand wischte der böse Blonde über seine Oberlippe und den Mund. Er musste sich wohl zunächst mal neu formieren.
»Was wolltest du hier?«
»Mich umschauen.«
»Wo?«
»Na, hier im Club.«
»Und das ist alles?«
»Nein, denn ich hörte von einem Dark Room. Er soll ja sehr interessant sein, und du weißt doch, Rolf, dass Bullen feige sind. Sie ziehen einen Einsatz selten allein durch und kommen immer zu zweit. Mindestens. Nun ja, auch ich bin jemand, der nicht ohne Rückendeckung loszieht. Es kann sein, dass plötzlich ein Kollege auftaucht und dich dann in eine verdammte Klemme bringt. Ich weiß ja nicht, wie viele Menschen du schon getötet hast, aber einen Polizisten umzubringen ist immer noch etwas Besonderes, wenn ich das mal so sagen darf. Da bekommst du Ärger, und du wirst aus dieser Klemme nicht rauskommen, das schwöre ich dir. Mord an einem Polizisten, überleg es dir.«
Er dachte tatsächlich nach. Er atmete schwer und geriet ins Schwitzen. Unter der dünnen Haut an seiner Stirn traten deutlich die Adern hervor.
»Ich mache dir einen Vorschlag, Rolf.«
»Von Bullen höre ich mir keine Vorschläge an.«
»Das solltest
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