1491 - Im Schloss der Hexen
euch auseinander setzen, denn ihr seid die eigentlichen Fachleute.«
»Wir müssen den Weg finden, nicht mehr und nicht weniger, Harry. Aber unser Haus brannte ab.«
»Ach. Meinst du, dass es nur diese Möglichkeit gibt?«
»Nein, sicherlich gibt es auch andere Wege. Nur wird es nicht einfach sein, sie zu finden.«
»Wir versuchen es trotzdem, nicht?«
»Sicher.«
»Ihr in London, ich hier in Nürnberg. Möglicherweise kommen wir plötzlich zusammen, was ich nicht für ausgeschlossen halte.«
»Das denke ich auch.«
Unser Abschied fiel alles andere als fröhlich aus. Jedenfalls wollten wir in Verbindung bleiben und uns gegenseitig austauschen.
Als der Hörer wieder auflag, schaute Suko mich an.
»Und? Wie weit sind wir?«
»Du hast doch mitgehört. Wir stehen am Anfang. Keiner weiß genau, wie es weitergehen wird.«
Suko nickte. »Das ist ein Problem. Die Hexe ist da, aber wir sehen sie nicht. Aber sie hat ihre Spuren hinterlassen, womit wir bisher noch nicht viel anfangen können. Wir müssen trotzdem an den Fall heran.«
»Ich weiß.«
»Und wie?«
Da musste ich passen. Beide hatten wir es zwar in den Jahren gelernt, mit ungewöhnlichen Ideen schließlich doch zum Ziel zu gelangen, in diesem Fall aber waren wir offensichtlich aufgeschmissen.
Wir kannten einen Namen, aber das war auch alles. Ansonsten konnten wir nur nach vorn schauen, uns in die Augen blicken und die Schultern anheben. Das war alles.
»Es sieht so aus, John, als müssten wir den nächsten Tag abwarten und darauf hoffen, dass uns etwas einfällt.«
»Glaubst du daran?«
»Nein.« Ich schlug mit der Faust auf den Tisch. »Und deshalb werden wir uns auch auf den Weg machen.«
»Okay. Und wohin?«
»An den Ort des Geschehens. Wieder zurück nach Notting Hill. Auf den Weihnachtsmarkt mit der verbrannten Hütte.«
»Aha. Und du meinst, die Hexe dort finden zu können?«
»Nein, so weit denke ich gar nicht. Ich möchte, wenn eben möglich, eine Spur aufnehmen.«
»In den verbrannten Trümmern?«
»Hast du eine bessere Idee?«
»Im Moment nicht.« Suko lächelte. »Ein leerer Markt soll ja auch seinen Charme haben.«
Ich stand auf. »Genau das will ich herausfinden.«
Suko wiegte den Kopf. »Ich will dir ja nicht jede Hoffnung nehmen, aber ich glaube nicht, dass diese Radmilla an den Ort ihrer Schandtaten zurückgekehrt ist.«
»Wir werden sehen…«
***
Die Frau, die zwischen den Buden und Geschäften umherging, trug einen grünen Ledermantel, der innen mit einem Kunstfell gefüttert war, der ebenso gut wie ein echtes Fell die Kälte abhielt.
Nie wäre Glenda Perkins auf den Gedanken gekommen, sich einen echten Pelzmantel zu kaufen, aber bei den jetzt wieder in Mode gekommenen Stiefeln hatte sie nicht widerstehen können. Sie reichten ihr bis knapp unter die Knie, und Glenda trug eine entsprechend schmal geschnittene Hose, deren Enden sie in die beiden Schäfte gesteckt hatte.
Es wurde nicht überall Feierabend gemacht. Ein paar Buden luden noch zum Trinken ein. Dort gab es den Glühwein, der seinen Weg auch auf die Insel gefunden hatte.
Glenda suchte sich einen bestimmten Stand aus. Er befand sich in der Nähe ihres Ziels, was ihr recht gut gefiel. Sie ging hin und sah, dass auch andere Getränke angeboten wurden.
Es war nicht die Langeweile, die sie auf den Markt getrieben hatte.
Sie konnte ganz gut eins und eins zusammenzählen. Sie hatte sich auch über den Fall schlau gemacht, allerdings nicht so sehr bei John und Suko. Während die beiden unterwegs waren, hatte Glenda mit Tanner gesprochen und so mehr über den Fall erfahren.
Ein Kind war entführt worden!
Eiskalt und gnadenlos. Die Mutter des Mädchens hatte man grausam umgebracht, und genau das hatte Glenda verdammt hart getroffen. So hatte sie nicht allein zu Hause bleiben können. Sie war von einer inneren Stimme getrieben worden und schlenderte nun über den Markt, bei dem die Stände und Buden allmählich geschlossen wurden und auch die letzten Trinkstände bald Feierabend machen würden.
Sie hatte Glück, zog den Kopf ein, um nicht mit den Haaren gegen die Girlande aus Tannenzweigen zu stoßen, und trat auf den feuchten Holztritt, der den Stand umgab.
Ihr gegenüber standen noch einige Gäste. Nur Männer. Sie sahen aus, als gehörten sie zur Belegschaft einer Firma. Zumindest drehten sich ihre Gespräche darum.
Die Frau hinter der Theke sprach sie an. Sie trug ein Kopftuch und eine schwarze Wolljacke. Um den Hals hatte sie sich einen Schal
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