1491 - Im Schloss der Hexen
stärker aktivieren wusste.
Ich stoppte meine Schritte, als ich nur noch eine Armlänge von ihr entfernt war. Dabei schüttelte ich den Kopf und bereitete die Hexe auf das vor, was kommen würde.
»Was vergangen ist, das ist auch vorbei, Radmilla. Auch du bist nicht in der Lage, die alten Zeiten wieder zurückzuholen und sie zu verändern. Das schafft niemand, obwohl es immer wieder Menschen gibt, die es versuchen. Aber selbst die Hölle ist dafür nicht mächtig genug, das kannst du mir glauben.«
Sie funkelte mich an. Sie hatte alles gehört. Sie schaute auch auf das Kreuz, und es war ein tiefer Hass, der sich in ihrem Blick festgesetzt hatte.
»Keine Chance!« wiederholte ich.
Radmilla schrie auf.
Es war ein wilder, ein schon tierischer Schrei, der die Stille um uns herum zerriss. Und es war der Schrei einer Person, die wusste, dass sie verloren hatte. Und genau das bewies sie in der nächsten Sekunde, als sie das Messer drehte, sich die Klinge in den Bauch stach, um sie dann in die Höhe zu ziehen.
Es sah so leicht aus, und ich konnte mir eine Vorstellung von dem machen, was Schärfe bedeutet.
Blut quoll aus ihrem Körper. Es dampfte, es stank auch. Die Hexe kippte zur Seite. Sie hatte das Beste aus ihrer Situation gemacht und sich selbst gerichtet.
Es war still geworden in meiner Umgebung. Ich hielt mich mit einem Kommentar zurück, auch Glenda sagte kein Wort und die Kinder hörte ich nur atmen.
Glenda und ich schauten uns an. Lächeln konnten wir beide nicht.
»Und jetzt?« fragte sie.
»Bist du an der Reihe, Glenda. Beam uns zurück, hier gefällt es mir nicht.«
Ich trat in den Kreis. Ich wusste, welche Aufgabe Glenda bevorstand. Es würde verdammt schwer werden, und wir alle mussten uns eng um sie herum aufstellen.
Zum ersten Mal sprachen die Kinder, wunderten sich, stellten Fragen, und ich gab ihnen Antworten so gut ich konnte. Nur wollte ich Glenda nicht ablenken, denn sie musste ihr Meisterstück vollbringen, und dazu konnte ich ihr nur die Daumen drücken…
***
Sie schaffte es. Aber erst als wir Sukos Beschwerde hörten, war uns klar, dass die andere Dimension hinter uns lag und wir uns in unserer Welt befanden. »Braucht ihr mich überhaupt noch?« Ich lachte ihm ins Gesicht, und Glenda umarmte mich vor Erleichterung. Da konnte sich auch Suko vorstellen, dass wir keinen Spaziergang hinter uns hatten.
Zudem lag noch ein großes Stück Arbeit vor uns. Wir mussten dafür sorgen, dass die Kinder wieder zu ihren Familien zurückkehrten, aber bis Weihnachten war das sicherlich zu schaffen. In ihre erleichtert wirkenden Augen zu schauen, war für mich mehr als das teuerste Geschenk…
Evi Morton war dieses Schicksal erspart geblieben, aber das gab ihr nicht die Mutter zurück. Und so war der Wermutstropfen verdammt dick, den wir schlucken mussten.
Dafür würde sich einer besonders freuen, wenn er die Meldung erhielt. Das war Harry Stahl. Ihn wollte ich zuerst anrufen, damit er und Dagmar Marion Jäger die frohe Botschaft überbringen konnten…
ENDE
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