1492 - Vampir-Attacke
scheint damit erfolgreich zu sein. In der letzten Zeit haben wir sie nicht stellen können.«
»Sie wissen genau, wo sie wohnt?«
»Ja, und zwar nicht allein. In einer Wohngemeinschaft mit drei jungen Männern. Über die möchte ich nichts sagen, aber koscher sind sie beileibe nicht.«
»Ich glaube, das reicht.«
Der Constabler nickte. »Kann sein, dass Sie das nötige Glück haben und sie in ihrer Bude vorfinden.«
»Danke, wir werden sehen.«
Dass Laura entführt worden war, hatte der Constabler offenbar noch nicht mitbekommen, was auch gut war. Der Häuserblock mit unserem Ziel lag hinter dem Grünstreifen, den wir durchqueren mussten. Mir fiel auf, dass Suko öfter auf die Uhr schaute als gewöhnlich. Ich fragte ihn nach dem Grund, und er sagte nur: »Ich will nur ausrechnen, wie lange wir noch Zeit haben, bevor die Dämmerung hereinbricht.«
»Es ist gar nicht richtig hell geworden.«
»Vampirwetter?«
»Ich hoffe«, erwiderte ich grinsend.
Den Grünstreifen hatten wir sehr bald über einen Trampelpfad durchquert. Eine Straße hielt uns nur kurz auf, weil es wenig Verkehr gab, aber die alte Siedlung lag zum Greifen nah vor uns. Da standen mehrere alte Häuser zusammen und bildeten ein regelrechtes Geflecht. Alle zusammen bildeten sie ein geschlossenes Viereck mit einem großen Hinterhof, der nur durch Einfahrten zu erreichen war.
Da es nicht mehr regnete, hatten sich auch mehr Menschen ins Freie gewagt. Oft kann man an den Gesichtern ablesen, wie es einem Menschen geht. Hier ging es wohl keinem gut. Sie alle zeigten sich verschlossen. Womöglich beschäftigten sie sich auch noch mit der Bluttat, und als wir den Hinterhof betraten, wurde es noch etwas grauer, was an den Wänden der hohen Häuser lag, die hier die Grenzen markierten.
Abfalltonnen, spielende Kinder, Jugendliche, die herumlungerten und uns kalte, neugierige Blicke zuwarfen, schmutzige Fassaden mit nicht eben sauberen Fenstern, das alles gehörte zu diesem Bild, das eigentlich nur mit dem Begriff Elend zu beschreiben war.
Zwei Jugendliche mit dunkler Hautfarbe kamen auf uns zu. Auf ihren Köpfen saßen Mützen, und als sie sich uns in den Weg stellten, da wollten sie ihre Macht demonstrieren. Es gab auf dem Hof genügend Zuschauer.
Sie waren so verdammt cool oder taten so. Einer hatte sich einen Baseballschläger besorgt und schwang ihn locker hin und her.
Er war es auch, der fragte: »Habt ihr euch verlaufen, ihr Stinker?«
Um solche Dinge zu regeln, war Suko der Bessere von uns beiden.
»Nein, wir haben uns nicht verlaufen. Wir wollen jemandem einen Besuch abstatten. Reicht das?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Weil ihr hier nichts zu suchen habt.«
Suko räusperte sich. »Es ist besser, wenn ihr keinen Stress macht. Lasst uns unseren Job machen. Seid friedlich. Nur so kommt man miteinander zurecht.«
»Das ist nicht unsere Sache. Wir bestimmen, wer hier friedlich ist. Ihr hättet abhauen können, das habt ihr nicht. Und deshalb werdet ihr jetzt Wegezoll zahlen.«
»Aha.«
»Da staunst du, was?«
»Ist das der Zoll, den auch Keene immer verlangt hat?«
Die beiden hatten zwar ein großes Maul riskiert. Jetzt allerdings wurden sie plötzlich still.
»Keene ist weg«, sagte der zweite Typ.
»Von ihm kommen wir gerade«, sagte ich. »Also macht bitte den Weg für uns frei.«
Die Typen waren verunsichert. Sie sahen ihre Chancen davonschwimmen, und genau das wollte der Knabe mit dem Baseballschläger nicht wahrhaben. Er hob ihn an und packte ihn plötzlich mit beiden Händen.
»Haut ab, sonst schlage ich euch die Fressen zu Brei.«
Suko war schneller. Einmal nur zuckte seine rechte Hand vor. Sie bildete dabei eine halbe Faust und traf den Schläger dicht unterhalb des Halses. Der Typ bekam plötzlich keine Luft mehr. Er röchelte noch, dann schwankte er und sackte schließlich zusammen. Keuchend und wimmernd blieb er vor unseren Füßen liegen.
Suko wandte sich an den zweiten Kerl. »Hat das gereicht, oder möchtest du auch da liegen?«
»Nein, nein! Ich habe auch keine Waffe.«
»Dein Glück.« Suko nickte ihm zu. »Und jetzt will ich wissen, wo wir die Wohnung von Laura Willis finden können. Wie wir hörten, lebt sie in einer Wohngemeinschaft.«
»Das stimmt.«
»Gut. Und wo müssen wir hin?«
»Zweite Etage. Sie brauchen nur durch die nächste Haustür zu gehen.«
»Danke.« Suko tätschelte die Wange des Jugendlichen. »Warum eigentlich nicht gleich so?«
Er gab keine Antwort. Dafür schaute er sich um. Die
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