1494 - Hexenhölle
tröstende Antwort geben.
Dazu kam ich nicht mehr, denn es passierte etwas anderes. Zum ersten Mal, seit wir das Haus betreten hatten, hörten wir Geräusche, die nicht von uns stammten.
Schritte, und zwar außerhalb des kleinen Saals. Die leisen Echos drangen durch die offene Tür.
Die Geräusche hatten für eine Veränderung gesorgt. Die Spannung lag fast zum Greifen in der Luft. Wir warteten beide darauf, dass etwas passierte. Wir mussten uns verständigen, und wir taten es durch Blicke.
Ich wies dabei auf mich selbst und hoffte, dass Cosima das Zeichen verstand.
Sie deutete ein Nicken an.
An diesem Platz wollte ich nicht bleiben. Wir hätten zu sehr auf dem Präsentierteller gestanden. Beim Eintreten in den Raum hätte man uns sofort entdeckt.
Ein Versteck war schnell gefunden. Ich deutete auf den leeren Raum zwischen den Regalen. Er war breit genug, dass er uns beide einigermaßen verbarg. Wenn jemand eintrat, hätte er sich schon stark drehen müssen, um etwas zu sehen. Hinzu kam noch, dass es hier nicht besonders hell war. Da lag doch einiges im Schatten.
Cosima begriff schnell. Ein Blick und ein Nicken reichten bei ihr aus. Zusätzlich legte ich noch einen Finger auf die Lippen, und so wusste sie, was sie zu tun hatte. Es wurde auch Zeit, denn die Geräusche des Unbekannten klangen jetzt lauter.
Ich ging auf Nummer Sicher und nahm Cosima an die Hand.
Auch sie bemühte sich, so wenig Geräusche wie möglich zu machen.
Verschätzt hatte ich mich nicht. Wir passten tatsächlich in die Lücke zwischen zwei Regalwänden.
»Wer kann es sein?« wisperte mir Cosima ins Ohr.
»Wer hat Tim Bogart getötet?« fragte ich ebenso leise zurück.
»Ja, das muss er sein.«
Es gab für uns nichts mehr zu bereden. Auf keinen Fall wollten wir ihn unnötig auf uns aufmerksam machen.
Ich bereitete mich innerlich auf einen Kampf vor, denn wenn hier ein Mörder herumschlich, würde er vor uns auch keinen Halt machen, denn wir waren Zeugen, und die konnte er ganz gewiss nicht gebrauchen.
Die Trittgeräusche klangen jetzt verdammt nah. Von der rechten Seite her hörten wir sie. Dort lag auch der Eingang, und Sekunden später zeigte sich der Umriss einer Gestalt, die aussah wie ein fest gewordener Schatten, der sich trotzdem bewegte.
Der Mann war vorsichtig. Er schien sich seiner Sache nicht sicher zu sein, und deshalb bewegte er sich auch so. Den Kopf hielt er etwas nach vorn gestreckt. Es hatte den Anschein, als würde er schnüffeln, um eine Gefahr zu erkennen.
Eine Weile blieb er in dieser Position stehen. Dann hatte er sich entschieden, ging einen weiteren Schritt vor und bewegte seinen Kopf erst nach links, dann nach rechts. Es sah aus, als wollte er eine Straße überqueren.
Er schien sich auf eine Gefahr einzustellen, die er noch nicht erkannte, denn wir blieben in unserer Deckung.
Cosima hatte sich mit dem Rücken gegen die Wand gedrückt. Ich berührte sie nicht und hatte meinen Kopf nach vorn geschoben, ebenso meinen Oberkörper. So konnte ich mehr sehen.
Der Mann kam mir schon recht ungewöhnlich vor. Das lag keinesfalls an der Dunkelheit, sondern an ihm. Besonders auf dem Kopf sah er anders aus. Er trug eine Art runde Kappe. Bewaffnet war er wohl nicht. Jedenfalls trug er keine Waffe offen zur Schau.
Dass er etwas vorhatte, stand für mich fest. Sonst hätte er den Saal hier nicht betreten. Aber er zeigte auch ein gewisses Misstrauen, und wir mussten damit rechnen, dass er anfing, seine Umgebung zu untersuchen.
Das trat nicht ein.
Er kümmerte sich um etwas anderes und überraschte uns, als er sich umdrehte. Nicht in unsere Richtung. Er interessierte sich für die Standuhr, gegen die Tim Bogart genagelt war.
Der Fremde ging hin. Wir hörten das Schaben seiner Kleidung und auch die Geräusche, die entstanden, als er seine Füße aufsetzte, was jedes Mal ein leises Echo hervorrief.
Vor der Uhr mit dem Toten blieb er stehen. Sekundenlang tat er nichts, bis er plötzlich eine Hand nach vorn streckte und den Griff der Lanze umklammerte.
Dann ging alles recht schnell. Er benötigte kaum Kraft, um die Waffe aus dem Körper des Toten zu ziehen und auch aus der Uhr dahinter.
Die Leiche hatte keinen Halt mehr. Sie kippte nach vorn. Bevor sie auf den Boden prallen konnte, fing der Mann sie auf und ließ sie vorsichtig zu Boden gleiten, wo sie erst mal liegen blieb.
Für ihn schien nur die Lanze wichtig zu sein. Jetzt war er wieder bewaffnet. Er nahm beide Hände zu Hilfe und hielt sie nach vorn
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