1494 - Hexenhölle
einfach los – in eine andere Welt hinein und in eine andere Zeit.«
»Du hast dir also selbst geholfen?«
»Ja.«
»Und warum hat es Hector de Valois nicht getan?« Diese Frage hatte mir wirklich auf der Seele gebrannt, und jetzt war ich wahnsinnig gespannt auf Cosimas Antwort.
»Aber er hat mir doch geholfen! Ohne ihn hätte ich das Zeittor nicht öffnen können!«
»He, sehr gut. Und wie ist das abgelaufen?«
Cosima wich etwas zurück, bevor sie den entscheidenden Satz aussprach. »Er hat mir das gegeben, was sich jetzt in deinem Besitz befindet. Ich brauchte es nur für wenige Augenblicke, dann war es wieder fort und in seinem Besitz.«
Ich hatte begriffen und spürte, wie in meinem Kopf das Blut anfing zu rauschen.
»Ja, John«, sagte sie und nickte heftig. »Es ist das Kreuz gewesen. Dein Kleinod.«
Mein Gesicht lief rot an. Ich sah es nicht, aber ich spürte es und starrte Cosima an. Sie hob etwas verlegen die Schultern und sagte mit leiser Stimme: »Entschuldigung, ich habe es dir nicht gesagt. Ich habe nicht daran gedacht.«
»Ja«, sprach ich vor mich hin, »schon gut, vergessen wir es. Aber wir sind einen Schritt weiter. Das Kreuz öffnet also das Zeittor zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit.«
Sie nickte heftig. »Nur deshalb ist mir die Flucht gelungen.«
»Das ist klar«, erwiderte ich und dachte bereits weiter. Es war nicht leicht, die Gedanken zu ordnen, aber ich schaffte die Frage trotzdem. »Hat Hector dir noch etwas mit auf den Weg gegeben, Cosima?«
Sie senkte den Blick und räusperte sich. Es schien ihr schwer zu fallen, mir die Wahrheit zu sagen. Schließlich rückte sie doch damit heraus.
»Er hat mir gesagt, dass ich den Mann mit dem Kreuz suchen soll, und ich habe dich gefunden. Er hat wohl eingesehen, dass er nicht in der Lage war, mir zu helfen, aber er wusste, dass es einen Mann in der Zukunft gibt, der sein Erbe übernommen hat. Ich habe wohl einen Zeittunnel hinter mir, in dem ich gealtert bin. Ich musste der Zeit irgendeinen Tribut zollen, aber jetzt bin ich wieder so wie früher. Du brauchst dir nur das Bild anzuschauen. Und dafür hat dein Kreuz gesorgt.«
Dagegen konnte ich nichts sagen. Ich streichelte ihr über das dunkle Haar.
»Wir sind ab jetzt wohl auf Gedeih und Verderb zusammengekettet. Zumindest, was diesen Fall angeht. Da hat Hector de Valois damals seine Zeichen gesetzt.«
»Das muss man wohl so sehen«, gab sie zu.
Nach dieser Unterhaltung sagte ich erst mal nichts. Ich musste unbedingt erst einmal meine Gedanken ordnen. Aber ich konnte es drehen und wenden, wie ich wollte, es blieb immer bei demselben Ergebnis. Wir mussten diese Zeit verlassen und zurück in die Vergangenheit reisen. Wir mussten das erledigen, was Hector de Valois nicht von allein geschafft hatte, und in seinem Namen alles richten.
So hatte er mich als Toter in die Pflicht genommen.
»Ja«, sprach ich mehr an mich selbst gerichtet, »wir werden den Schritt wohl gehen müssen.«
»In meine Zeit?«
Ich nickte.
Cosima blieb stehen, und ich sah, dass sie leicht zitterte. Ich nahm sie in den Arm, um sie zu trösten, und hörte, dass sie mit sich selbst sprach.
»Ich weiß nicht, wo das noch alles enden soll. Bin ich tot, lebe ich? Alles ist durcheinander geraten. Ich existiere, obwohl ich eigentlich nicht existieren dürfte. Ich bin wertlos geworden, John.«
»Nein, nein, so darfst du das nicht sehen. All das, was wir hier erleben, gehört zu einem großen Plan, der vor langer Zeit entstand und nun erfüllt werden muss.«
»Danke, dass du so denkst.«
»Anders kann ich es nicht.«
Sie löste sich von mir und wandte sich wieder dem Gemälde zu.
»Hexenhölle heißt es. Es war ein Ort, der dem Satan gefiel. Verflucht bis in alle Ewigkeiten…«
»Wir werden ihn aufsuchen.«
»Ich vertraue dir, John.«
»Dann komm.«
Je eher, umso besser. Wir mussten es hinter uns bringen. In diesem Fall wartete die Vergangenheit auf uns und nicht die Zukunft. Das war schon verrückt.
***
»Sag ehrlich«, flüsterte Cosima, »hast du Angst?«
»Nicht direkt. Aber eine gewisse Spannung kann ich nicht verhehlen. Das ist menschlich, auch wenn ich schon so lange Zeit gegen die Mächte der Finsternis kämpfe.«
»Das freut mich, denn auch ich habe Angst. Nicht nur wegen unseres Weges, ich weiß nicht, was noch auf mich zukommt. Mein Leben ist kein normales Leben mehr, davon muss ich ausgehen, und ich weiß nicht, wie es noch enden wird.«
Ich verstand sie und wollte Cosima eine
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