1494 - Hexenhölle
sollte niemand sehen, wenn ich die Hexe zurückhole.«
»Ich bin keine Hexe!« schrie Cosima ihn an. »Merk dir das oder verrecke!«
»Langsam, langsam«, sagte ich.
Cosima hielt den Mund, auch wenn sie es nicht gern tat.
»Und was solltest du mit ihr tun?« wollte ich von dem Soldaten wissen.
»Sie zurückschaffen.«
»Aha. In deine Welt?«
»In die Hexenhölle.«
»Aber die gibt es hier nicht…« Ich wollte ihn bewusst auf die Probe stellen, was mir auch gelang, denn er drehte sich langsam um, weil er auf das Gemälde schauen wollte.
»Das ist sie.«
»Ich sehe nur ein Bild«, hielt ich ihm entgegen. »Es tut mir leid, aber so ist das.«
Mit dieser Aussage hatte ich Francis durcheinander gebracht. Er hatte Mühe, sich wieder auf meine Fragen einzustellen, die ich ihm stellte, wobei er es nicht schaffte, richtig hinzuhören und er auch nur hin und wieder mit einem Nicken oder Schulterzucken reagierte.
»Er kann es nicht begreifen, John!« erklärte Cosima. »Das ist alles zu viel für ihn. Schau ihn dir doch an! Er lebt in seiner Welt, aber die heutige ist ihm suspekt. Mir auch, nur kann ich mich besser daran gewöhnen, denn ich habe dich.«
Da hatte sie recht. Meine Gedanken wirbelten. Ich setzte nicht mehr darauf, hier im Haus zu bleiben. Das Gemälde war nicht normal.
Es konnte durchaus sein, dass es nichts anderes als ein transzendentales Tor darstellte, das einem Menschen den Übergang in andere Zeiten erlaubte. So etwas war für mich nicht neu, und ich wusste auch, wie ich weiter vorgehen wollte.
»Deine Aufgabe, Francis, ist eigentlich erfüllt. Oder fast. Was hättest du tun sollen?«
Ich erhielt eine ehrliche Antwort. »Ich hätte die Hexe wieder zurück an ihren Platz gebracht.«
»Auf den Scheiterhaufen?«
»Ja.«
Ich hörte Cosima böse lachen. »Ja, das hätte ihm so gepasst, mich zu verbrennen. Das wäre der größte Spaß für ihn gewesen. Aber nicht mit mir, verdammt!«
Ich hatte sie bewusst aussprechen lassen, um ihr dann eine Frage zu stellen.
»Warum eigentlich nicht?«
Zuerst war sie überrascht. Dann hatte sie sich gefasst und fragte:
»Ich soll wieder zurück?«
»Ja.«
»Warum?«
Das war wohl die Absicht eines gewissen Hector de Valois. Seine genauen Pläne kannte ich nicht. Ich wusste nur, dass Cosima hatte gerettet werden sollen, und so etwas klappte nur auf eine magische Weise, bei der die Gesetze der Physik aufgehoben wurden.
»Weil du nicht in meine Zeit gehörst, Cosima. Es war ein verzweifelter Rettungsversuch, der auch geklappt hat. Aber jetzt musst du wieder zurück in deine Zeit.«
»Und du, John?«
»Ich gehe mit dir.«
Damit hatte sie nicht gerechnet. Es war ihr anzusehen, wie sie sich straffte und dann tief Luft holte. Sie fuhr zudem nervös durch ihr Haar, schaute auf das starre Gemälde, dann Francis und auch mich an, und es war ihr anzusehen, dass sie sich alles andere als wohl fühlte.
»Ich möchte es dir erklären«, sagte ich. »Hector de Valois hat gewollt, dass du gerettet wirst. Und deshalb hat er diese magische Brücke gebaut. Er wusste, dass es ein Bild gab, das die Hexenhölle zeigte, und genau das hat er genommen, um die Zeiten zu überbrücken. Um dich in der Vergangenheit vor dem Tod durch das Feuer zu bewahren, musste in der Zukunft etwas in die Wege geleitet werden. Er muss dich sehr gemocht haben, denke ich mir.«
»Ja, das hat er«, gab sie zu.
»Dann liege ich mit meiner Vermutung nicht so falsch. Außerdem kanntest du meinen Namen, und de Valois kannte ihn auch, da wir uns in der Vergangenheit schon begegnet sind. Daran hat er sich wieder erinnert und die entsprechenden Maßnahmen in die Wege geleitet.«
Cosima sagte nichts. Ich war sicher, dass sie über meine Worte nachdachte. Es war auch kompliziert, aber der gute Hector de Valois hatte keine andere Möglichkeit gesehen. Er selbst war zu schwach gewesen, hatte seine Geliebte aber nicht im Stich lassen wollen.
»Hast du dich entschieden?« fragte ich.
Sie verzog das Gesicht. »Zurück in die Hexenhölle?«
»Das kann man so sagen. Aber du bist nicht mehr allein. Ich stehe an deiner Seite, und ich traue mir zu, Hectors Vermächtnis zu erfüllen.«
Es entstand eine Schweigepause, in der wir uns gegenseitig in die Augen schauten. Francis war in diesen langen Augenblicken völlig nebensächlich geworden. Es kam jetzt auf Cosimas Entscheidung an, und ich sah, dass sie einige Male schluckte. Aber sie konnte schon wieder lächeln, und wenig später nickte sie mir zu.
»Ja,
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