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1495 - Die Generalprobe

Titel: 1495 - Die Generalprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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nach unten in die Schneise herabsinken, überquerte sie in fünfzig Metern Höhe und erreichte den kahlen Untergrund keine zehn Meter von der Vertiefung entfernt. Am Rande des Loches blieb sie stehen und blickte hinab. Der Haluter lag am Boden, die Arme verschränkt und das seitliche Augenpaar geschlossen. Lediglich das mittlere Auge hoch auf der Stirn war geöffnet. Er beobachtete sie damit. „Es hat den Anschein, als befändest du dich am Beginn einer Drangwäsche", sagte sie vorsichtig. „O nein, du kennst uns schlecht", erwiderte er und richtete sich auf. Übergangslos strahlten alle drei Augen in diesem hellen Rot, das im Halbdunkel deutlich sichtbar leuchtete. „Komm herab!"
    Enza stieg zu ihm hinab in die Mulde und setzte sich zwischen die Gesteinssplitter. Im Schatten war es fast unangenehm kühl. Sie musterte den Haluter schweigend.
    Zuerst hatte sie die Andeutung des Syntrons der KALIHAL so verstanden, daß Lingam Tennar zur Oberfläche Phoebes hinabgeeilt war, um seine überschüssigen Kräfte zu erproben. Dann hatte sie beim Anflug auf das Gebirge aber erkannt, daß es sich um Anig Putar handelte. Der ruhige und ausgeglichene Pilot und Eigentümer der KALIHAL hatte begonnen, eine Furche durch die Geröllschneise am Berghang zu ziehen. „Du bist erstaunlich zurückhaltend", stellte Putar nach einer Weile fest. „Es gibt mehr vorlaute Terraner als andere. Ich freue mich, daß du nicht dazugehörst."
    Längst hatte Enza erkannt, daß etwas an Putar nicht so war wie bisher.
    Lag es an der leichten Schrägstellung seiner Augen oder an der Wortwahl, daß sie es empfand? Intuitiv gewann sie den Eindruck, daß der Putar, der ihr gegenübersaß, ein anderer war als der, den sie bisher an Bord des Schiffes erlebt hatte. Der Haluter verschränkte nicht in alter Gewohnheit seine vier Arme, sondern die Hand seines rechten Handlungsarmes griff in die seines rechten Laufarmes, und links machte er es ebenso. Dabei hielt er die Arme leicht nach außen gewinkelt. Ein wenig wirkte die Geste grotesk.
    Für menschliche Augen sah es aus, als müsse sich das Oberteil des mächtigen Wesens am Unterteil festhalten. „Wie ist das bei den Menschen?" fuhr Putar fort. „Sie sind im Kindesalter sehr klein und verletzlich.
    Verzeih mir, Enza, aber Menschen sehen selbst als Erwachsene äußerst zerbrechlich aus. Wie winzig und schutzbedürftig sind aber erst ihre Neugeborenen!"
    Enza zuckte bei dem letzten Wort mit den Augenlidern. Ihr Körper versteifte sich, und Anig Putar bemerkte es. „Ich wollte dir nicht zu nahe treten", versicherte er eilig. „Entschuldige. Du willst nicht über ein solches Thema sprechen!"
    „Doch, doch!" rief sie aus. „Du verstehst mich falsch. Ich habe keinen Grund, nicht darüber zu sprechen.
    Meine Reaktion ist lediglich auf die Überraschung zurückzuführen!" Putar brauchte eine Weile, bis er erneut das Wort ergriff. Enza spürte deutlich, daß er ein Anliegen hatte und nicht so recht damit herauswollte. Ein Haluter mit Hemmungen! Es widersprach all ihrer Erfahrung mit diesen Wesen. „Weiß-HeIlblau-Rosa. Das sind die Farben terranischer Babywäsche, nicht wahr?" fragte der Haluter. „Überall in der Milchstraße und in den vorgelagerten Kugelhaufen des Halos hat man diese Tradition seit Jahrtausenden beibehalten. Haluter tragen keine Wäsche. Sie werden aufgezogen und erhalten erst viel später einen Schutzanzug, der sie schmückt. Icho Tolots roter Kampfanzug genießt einen legendären Ruf in meinem Volk."
    „Das ist sogar allen Terranern bekannt", lächelte Enza. Sie wollte eine Frage stellen, unterdrückte das Verlangen dann aber. Es war besser, wenn sie Putar einfach reden ließ. Der Haluter rutschte in der Mulde hin und her und blieb minutenlang in ständiger Bewegung. Ein paar Felsbrocken, die ihn störten, schob er in den Mund und zermalmte sie mit den beiden Reihen blitzweißer Kegelzähne. Dann stand er abrupt auf und sprang mit einem mächtigen Satz aus der Mulde hinaus. Enza hörte, wie er den Hang hinabraste. Sie kletterte hastig aus der Mulde. „Paß auf dich auf!" rief sie völlig unbegründet. Der Haluter war teilweise in den freien Fall übergegangen und prallte alle zehn bis zwanzig Meter gegen Untergrund. Als er die Schneise erreichte, erzeugte er eine breite Bremsspur ih dem Geröll und schob es auf gut acht Metern Breite zu einem Wall auf. Er winkte zu ihr empor und kehrte dann mit dem Lärm und Getöse einer ganzen Panzerkolonne in die Mulde zurück. Er setzte sich auf

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