1497 - Die Gespenster-Villa
bei mir. Die Toten und auch deren Geister…«
Erneut versteifte der Polizist. Was er da erfahren hatte, konnte ihm nicht gefallen. Es war schlimm, und es war eigentlich nicht zu begreifen. In seinem Kopf rotierte es. Ohne dass er sich irgendwie angestrengt hätte, überkam ihn ein Schwindel. Er hatte Mühe, auf den Beinen zu bleiben, zudem spürte er, dass ihm übel wurde.
Irgendwann hatte er sich wieder gefangen. Er sah auch seinen Großvater wieder normal, aber verändert hatte sich die Gestalt nicht. Sie war auch jetzt ein Geist oder Gespenst, und sie hatte die Regie übernommen.
»Du bist tot, Großvater!« stieß Mason hervor. »Du bist wirklich tot. Aber wer tot ist, der muss begraben werden. Hat man deinen Körper begraben? Liegt er unter der Erde? Und wenn ja, wer hat es getan?«
Die Erscheinung schüttelte den Kopf, bevor wieder die leicht schrille Stimme erklang, die so weit entfernt war, aber trotzdem zu Harold Fox gehörte und klar zu verstehen war.
»Ich bin keineswegs begraben worden. Ich liege nicht wirklich unter der Erde.«
Mason wollte es genau wissen. Er streckte der Gestalt seine Hände entgegen. »Aber wo ist dein Körper? Was hat man mit ihm gemacht, verflucht noch mal? Weißt du darauf keine Antwort?«
»Doch, mein Junge.«
»Dann – dann sag es mir.«
»Die Villa ist ein Totenhaus. Dort liege ich. Aber nicht allein. Es sind auch andere dort. Wir sind von der Einsamkeit umgeben. Wir sind unter uns. Nur wenige wissen, wo sie die Villa finden können. Aber du musst dir keine Sorgen machen, mein Junge. Es geht uns dort gut. Ja, du wirst es kaum glauben, aber es geht uns Toten wirklich gut. Wir fühlen uns dort gut aufgehoben. Wie in einem neuen Leben…« Er gab ein Geräusch von sich, das wohl ein Kichern sein sollte.
Mason schwieg. Er wollte es sich nicht anmerken lassen, dass er von der Rolle war. Er war geschockt und musste nachdenken.
Er nickte seinem Großvater zu, als wäre dieser ein normaler Mensch. Sein Entschluss stand fest. Sein Großvater war ihm viel wert. Nicht nur, weil er ihn früher, als er noch ein Kind gewesen war, beschützt hatte. Jetzt, wo die Dinge umgekehrt lagen, fühlte er sich für diesen Menschen verantwortlich. Und er ging von dem Gedanken aus, dass jeder Mensch seine Totenruhe braucht.
»Ich werde dich nicht im Stich lassen, Großvater. Ich möchte, dass du deine ewige Ruhe findest. Ich will dir zeigen, wie sehr ich dich liebe, und deshalb muss dein Körper in geweihte Erde gesenkt werden und nicht nur irgendwo verwesen, wo dich keiner kennt und dich niemand besuchen kann. Mir ist das ein Herzenswunsch. Ich bin der Einzige, den du noch hast. Dein Sohn ist weit weg. Er interessiert sich nicht mehr für dich, aber ich bin es dir schuldig. Und deshalb möchte ich wissen, wo ich das Haus mit den Toten finden kann. Hast du mich verstanden, Grandpa? Gib Antwort, bitte!«
Die Gestalt gab keine Antwort. Aber sie verschwand auch nicht und blieb auf dem Platz sitzen.
Ob er angeschaut wurde oder nicht, das war für Mason nicht zu sehen, aber er hatte sich vorgenommen, stark zu sein.
»Das Haus steht einsam und versteckt!« wisperte es ihm entgegen.
»Es ist nichts für Lebende, sondern nur…«
»Aber du bist von zwei Menschen abgeholt worden, die dich hingeschafft haben.«
»So ist es.«
»Dann wissen sie auch Bescheid.«
»Es sind Eingeweihte.«
»Und wer hat sie eingeweiht?« fragte Mason. »Wer hat es getan?«
»Nicht ich.«
»Wer dann?«
»Jemand, der über die Villa herrscht. Jemand, der uns alle beherrscht. Die Lebenden und die Toten. Das möchte ich dir sagen, verstehst du? Die Lebenden und die Toten…«
Mason wollte sich durch nichts ablenken lassen.
»Wo?« fuhr er seinen Großvater an. »Wo ist es, verdammt? Ich muss es endlich wissen. Tu mir den Gefallen, bitte. Hilf mir noch einmal. Ich habe mich immer sehr gefreut, wenn wir uns früher gegenseitig geholfen haben. Ich möchte etwas zurückgeben. Deshalb gibt es nur die einzige Möglichkeit für mich.«
»In der Welt der Geister und Gespenster haben die Lebenden nichts zu suchen, mein Junge.«
Auch wenn Mason an diese Trennung nicht so recht glaubte, er blieb trotzdem bei seinem Vorsatz.
»Ich will nicht viel von dir. Ich will nur ein gutes und anständiges Begräbnis, das ist alles. Du sollst ein Grab auf einem Friedhof bekommen. Ich werde zu diesem Haus fahren und dich einfach mitnehmen. Alles andere ist mir egal. Du hast mir so viele Gefallen in meinem Leben erwiesen, jetzt sei
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