1498 - Horrortrip des Sensenmannes
ab.
Es war nur ein Schatten, der aber jagte ihr einen Schreck ein, denn sie erkannte den Umriss einer Sensenklinge…
***
All das, was ihr den Schlaf geraubt hatte, kehrte blitzartig zurück.
Mabel Cramer war so geschockt, dass auch ihre Gedanken eingefroren waren und sie sich nicht vorstellen konnte, wie es möglich war, dass sich dort an der Decke dieser Umriss abzeichnete.
Eigentlich hatte sie schreien wollen, aber das brachte sie nicht fertig. So starrte sie in die Höhe und gegen die Klinge, die zwar nur ein Schatten war und nicht echt, die ihr aber dennoch einen Strom der Furcht durch die Adern jagte.
Bisher hatte sie sich nicht bewegt. Doch nun zog sich die Sense zurück und wanderte dabei lautlos über die Decke hinweg. Dann war sie verschwunden.
Die Rektorin änderte ihren Standort trotzdem nicht. Aus großen Augen schaute sie in die Höhe. Sie wünschte sich nicht, dass der Umriss der Sense noch mal erschien, aber sie fragte sich, wo er geblieben war. Sie ging auch davon aus, dass sie sich nichts eingebildet hatte. Die Bedrohung war da…
Mabel Cramer dachte wieder an den Kopf, der ihrem so geglichen hatte. Aber das war nur der Anfang gewesen und sie war sicher, dass sich das große Grauen hier noch fortsetzen würde.
Beinahe fluchtartig verließ sie das Bad und stolperte in ihr Schlafzimmer. Dort fiel sie fast auf das Bett, fing sich im letzten Moment und lauschte ihren eigenen heftigen Atemstößen.
Du darfst dich nicht verrückt machen lassen!, hämmerte sie sich ein. Auf keinen Fall! Wenn du die Nerven verlierst, haben sie dich.
Sie schlüpfte aus dem Bademantel, warf ihn aufs Bett und ging zum Kleiderschrank. Es war nicht mehr als eine Drehung nötig, um davor zu stehen. Sie suchte sich frische Wäsche heraus, streifte sie über und überlegte dann, was sie noch an diesem Tag anziehen sollte.
Am besten waren eine Hose, Bluse und ein Pullover, denn es war nicht eben warm draußen.
Etwas irritierte sie, als sie nach dem Pullover greifen wollte, der zusammengelegt in einem der Fächer lag. Sie wusste nicht, was es gewesen war und dachte mehr an einen Schatten, wobei ihr wieder der Abdruck unter der Decke einfiel.
Sollte er auch hier…?
Sie dachte nicht mehr weiter und fuhr mit einer heftigen Bewegung herum.
Vor der anderen Seite ihres Bettes stand er – der Sensenmann!
***
Etwas schrie in Mabel Cramer, ohne dabei laut zu sein.
Das ist nicht mehr die normale Welt! Das kann sie nicht sein. Man hat mich rausgerissen und irgendwohin entführt…
Sie irrte sich. Es war die normale Welt, in der jetzt das Grauen Einzug gehalten hatte. Bereits auf dem ersten Blick war zu sehen, dass sie es hier nicht mit einem Schatten zu tun hatte. Diese Gestalt war echt. Man konnte sie als dreidimensional und auch körperlich bezeichnen.
Ein schwarzer Hut bedeckte den bleichen Totenschädel. Leere Augenhöhlen, eine ausgebrochene Nase, eine Mundhöhle. Der Körper war in dicke und gepolstert wirkende Kleidung gehüllt. Der Griff der Sense wurde von zwei in Handschuhen steckenden Händen umklammert, und auf dem Rücken hing eine weitere Waffe. Sie ragte über die Schulter hinweg, und Mabel erkannte, dass es sich dabei um eine Schusswaffe handelte.
Sie wollte sprechen und etwas fragen. Es war ihr nicht möglich.
Ihre Kehle saß zu. Und sie wusste jetzt, wie es war, wenn der Tod vor einem Menschen stand.
Die Gestalt verströmte eine Kälte, die nicht von dieser Welt stammen konnte. So etwas hatte die Rektorin nie zuvor in ihrem Leben durchgemacht.
Ab jetzt war alles anders!
Sie dachte auch an die Warnung, die ihr schriftlich übermittelt worden war, und sie ging jetzt hundertprozentig davon aus, dass es kein Bluff gewesen war.
Mabel Cramer fing an zu zittern. Jetzt lebte sie bereits seit Jahrzehnten, aber einem derartigen Grauen war sie noch nie zuvor begegnet.
Ihr Herz klopfte wie ein schnell geschwungener Schmiedehammer. Die Echos der Schläge erreichten ihren Kopf und breiteten sich dort aus. Sie spürte die heftigen Stiche und merkte auch, dass ihre Knie weich wurden. Lange würde sie nicht mehr auf den Beinen bleiben können.
Was wollte dieser unheimliche Besucher?
Es gab für die Rektorin nur eine Antwort. Er wollte sie. Er wollte ihr Leben. Einfach so, obwohl sie ihm nichts getan hatte. Die Sense würde sie töten, in Stücke hacken, und sie wusste noch nicht einmal, warum sie sterben sollte.
Die Frage nach dem Grund löste bei ihr die Starre. Sie war wieder in der Lage, etwas zu sagen, und
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