Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
Vom Netzwerk:
konn­te, ob das an sei­ner furcht­lo­sen Re­de oder an dem Re­vol­ver lag, mit dem er den Leu­ten vor der Na­se her­um­fuch­tel­te. Wie dem auch war: Sie mach­ten sich wie­der an die Ar­beit. Sie ver­mie­den es je­doch ängst­lich, beim Aus­gra­ben einen Blick auf die Sta­tue zu wer­fen.
    Nach ei­ni­gen Stun­den war die gan­ze Gott­heit frei­ge­legt. Das Grau­en, das schon von der Kro­ne auf dem Haupt aus­ge­gan­gen war, wur­de durch den An­blick des Kopf­es und des voll­stän­di­gen Kör­pers nur noch ver­stärkt. Die gan­ze Sta­tue mach­te einen ob­szö­nen und er­schre­ckend bos­haf­ten Ein­druck. Sie war un­be­schreib­lich fremd­ar­tig. Sie war zeit­los und wür­de es bis in al­le Ewig­keit blei­ben. Die schwar­ze, grob ge­haue­ne Fi­gur wies nicht ei­ne ein­zi­ge Schram­me auf. Ob­wohl die­ses stei­ner­ne Un­ge­heu­er höchst­wahr­schein­lich seit Jahr­hun­der­ten ein­ge­gra­ben war, hat­ten ihm kei­ne Wit­te­rungs­ein­flüs­se et­was an­ha­ben kön­nen. In dem­sel­ben Zu­stand, in dem Car­no­ti jetzt die­se Gott­heit sah, muß­te sie zum Zeit­punkt des Ein­gra­bens ge­we­sen sein. Und der An­blick, der sich ihm bot, war al­les an­de­re als er­freu­lich.
    Die Sta­tue hat­te mit ei­ner Mi­nia­tur­aus­ga­be der Sphinx Ähn­lich­keit – ei­ner le­bens­großen Sphinx mit den Flü­geln ei­nes Gei­ers und dem Kör­per ei­ner Hyä­ne.
    Car­no­tis Blick fiel auf die Klau­en und Kral­len. Dann be­trach­te­te er sehr ein­ge­hend je­de Ein­zel­heit des plum­pen, bes­tia­li­schen Kör­pers, auf dem ein un­för­mi­ger, mas­si­ver Schä­del ruh­te, der die un­heil­vol­le drei­fa­che Kro­ne trug, in die die gräß­li­chen Dar­stel­lun­gen ge­schnitzt wa­ren, durch die die Ein­ge­bo­re­nen in ei­ne Pa­nik­stim­mung ver­setzt wor­den wa­ren. Aber das weitaus gräß­lichs­te an die­ser Stein­fi­gur war, daß sie kein Ge­sicht hat­te. Es war ei­ne Gott­heit oh­ne Ant­litz. Es war Nyar­la­tho­tep, der Gott oh­ne Ge­sicht aus der frü­hen ägyp­ti­schen Ge­schich­te. Nyar­la­tho­tep war der ›all­mäch­ti­ge Send­bo­te des Sa­tans‹ und der ›Herr­scher der Wüs­te.‹
    Als Car­no­ti mit sei­ner ein­ge­hen­den Be­trach­tung fer­tig war, er­füll­te ihn ei­ne fast hys­te­ri­sche Freu­de. Er grins­te tri­um­phie­rend den ekel­haf­ten Kopf an; er grins­te frohlo­ckend in die ge­sichts­lo­se Lee­re.
    In sei­ner Be­geis­te­rung ach­te­te er nicht auf das Ge­flüs­ter der Ein­ge­bo­re­nen und auf die furcht­sa­men Bli­cke, die sie ver­stoh­len auf die Gott­heit war­fen. Es wä­re je­doch für ihn ge­schei­ter ge­we­sen, die­sen Din­gen Be­ach­tung zu schen­ken. Denn die­se Män­ner wuß­ten – wie al­le Ägyp­ter –, daß Nyar­la­tho­tep der un­ein­ge­schränk­te Herr­scher über das Bö­se war.
    Man hat­te vor vie­len Jah­ren nicht um­sonst sei­ne Tem­pel dem Erd­bo­den gleich­ge­macht, sei­ne Stand­bil­der zer­stört und die Ver­kün­der sei­ner Leh­re ge­kreu­zigt. Man hat­te aus gu­ten Grün­den die An­be­tung die­ser Gott­heit ver­bo­ten und selbst die Er­wäh­nung sei­nes Na­mens un­ter­sagt. Man hat­te ganz be­wußt ver­sucht, sei­ne gött­li­chen Ei­gen­schaf­ten zu igno­rie­ren oder sie bes­ten­falls ei­ner mil­der ge­stimm­ten Gott­heit zu­zu­schrei­ben. Heut­zu­ta­ge kann man nur noch in Thoth, Set, Bu­ba­stic und Se­bek ei­ni­ge Auf­zeich­nun­gen über die­sen Gott fin­den. Dort kann man in ur­al­ten Chro­ni­ken nach­le­sen, daß Nyar­la­tho­tep der Herr­scher der Un­ter­welt und der Schutz­pa­tron der Zau­be­rer und der Schwar­zen Kunst war. Einst hat­te er die Welt al­lein re­giert und war den Men­schen al­ler Län­der un­ter den ver­schie­dens­ten Na­men be­kannt ge­we­sen. Doch dann hat­ten sich die Zei­ten ge­än­dert. Die Men­schen hat­ten auf­ge­hört, das Bö­se an­zu­be­ten. Sie hat­ten fort­an das Gu­te ver­ehrt. Und sie dach­ten nicht mehr dar­an, dem schwar­zen Gott die grau­sa­men Op­fer dar­zu­brin­gen, die er ver­lang­te. Die­ser Kult war für die All­ge­mein­heit vor­bei, und al­les, was an den fins­te­ren Gott er­in­ner­te, wur­de ver­nich­tet. Doch die Le­gen­de be­rich­tet,

Weitere Kostenlose Bücher