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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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und ging auf den Zelt­ein­gang zu. Er schob den Vor­hang bei­sei­te, um einen Blick hin­aus­zu­wer­fen. Zu­erst glaub­te er, sei­nen Au­gen nicht zu trau­en, aber dann fluch­te er in ra­sen­der Wut. Der Zelt­platz war leer. Das Feu­er war aus­ge­gan­gen. Die Män­ner und die Ka­me­le wa­ren ver­schwun­den. Die vie­len Spu­ren, die der Sand schon fast völ­lig be­deckt hat­te, deu­te­ten auf einen has­ti­gen Auf­bruch hin. Die­se Schwei­ne hat­ten ihn hier al­lein­ge­las­sen!
    Er war ver­lo­ren! Die­se Er­kennt­nis traf ihn wie ein Peit­schen­hieb. Ver­lo­ren! Die Män­ner wa­ren ver­schwun­den. Und mit ih­nen die ge­sam­ten Le­bens­mit­tel, die Ka­me­le und die Esel. Er hat­te we­der Waf­fen noch Was­ser; und er war al­lein. Er stand vor dem Zelt­ein­gang und starr­te mit vor Schre­cken ge­wei­te­ten Au­gen in die öde, ein­sa­me Wüs­te. Der Mond hing wie ein großer sil­ber­ner Ball am eben­holz­schwar­zen Him­mel. Ein plötz­li­cher hei­ßer Wind­stoß feg­te über das end­lo­se Sand­meer. Die Ober­flä­che be­weg­te sich wie die Wo­gen des Ozeans. Klei­ne Sand­wel­len um­spül­ten sei­ne Fü­ße. Da­nach herrsch­te wie­der Schwei­gen. Die­ses Schwei­gen glich ei­ner Gra­bes­s­til­le. Es glich dem ewi­gen Schwei­gen der Py­ra­mi­den, wo die Mu­mi­en in brö­ckeln­den Sar­ko­pha­gen la­gen und mit ih­ren to­ten Au­gen in die ewi­ge Fins­ter­nis starr­ten.
    Car­no­ti kam sich un­be­schreib­lich klein und ver­las­sen in der Nacht vor; und in sei­ner Angst glaub­te er die ge­hei­men, un­heil­vol­len Mäch­te zu spü­ren, die dro­hend und höh­nisch grin­send sein Schick­sal an sich ris­sen. Nyar­la­tho­tep! Er wuß­te von Car­no­tis Vor­ha­ben, und er woll­te sich auf sei­ne Art an ihm rä­chen.
    Aber das war blan­ker Un­sinn. Car­no­ti riß sich ge­walt­sam zu­sam­men. Er durf­te sich nicht ge­hen­las­sen! Er durf­te sol­che ab­sur­den Phan­tasi­en nicht auf­kom­men las­sen! Denn die­se Ge­dan­ken wa­ren nichts wei­ter als die Va­ria­ti­on ei­ner Fa­ta Mor­ga­na, die un­ter den ge­ge­be­nen Um­stän­den nur all­zu ver­ständ­lich war. Aber er durf­te die Ner­ven jetzt nicht ver­lie­ren! Er muß­te den nack­ten Tat­sa­chen ge­faßt ins Au­ge bli­cken. Sei­ne an­ge­heu­er­ten Leu­te hat­ten sich mit den Le­bens­mit­teln und den Tie­ren heim­lich aus dem Stau­be ge­macht, weil der Aber­glau­be, der in ih­ren pri­mi­ti­ven Ge­mü­tern nis­te­te, die Über­hand ge­won­nen hat­te. Das war, weiß Gott, ei­ne nack­te Tat­sa­che, mit der er sich ab­fin­den muß­te. Aber der Aber­glau­be als sol­cher durf­te ihn nicht be­rüh­ren. Wahr­schein­lich wür­den ihm die­se krank­haf­ten Vor­stel­lun­gen so­wie­so bei Son­nen­auf­gang ver­ge­hen.
    Der Son­nen­auf­gang! Ein schreck­li­cher Ge­dan­ke be­fiel ihn – die un­barm­her­zi­ge Hit­ze, die sich tags­über sen­gend über die Wüs­te brei­te­te. Um die nächs­te Oa­se zu er­rei­chen, wür­de er un­un­ter­bro­chen Tag und Nacht lau­fen müs­sen. Und zwar müß­te er so­fort auf­bre­chen, ehe er durch Hun­ger und Durst so ge­schwächt wä­re, daß er sich über­haupt nicht mehr vor­wärts be­we­gen könn­te. Aber er mach­te sich nicht die ge­rings­ten Il­lu­sio­nen. So­bald er erst ein­mal das Zelt ver­las­sen hat­te, gab es kei­nen Un­ter­schlupf mehr für ihn. Er war dann der un­barm­her­zi­gen Son­ne schutz­los aus­ge­setzt. Er wuß­te nur zu ge­nau, daß die ste­chen­den, gna­den­lo­sen Son­nen­strah­len schon so man­chen zum Wahn­sinn ge­trie­ben hat­ten. Es war ei­ne schreck­li­che Vor­stel­lung, in der sen­gen­den Hit­ze der Wüs­te viel­leicht ums Le­ben zu kom­men. Aber was blieb ihm wei­ter üb­rig? Sei­ne Ar­beit war noch nicht vollen­det. Au­ßer­dem muß­te er auf je­den Fall zu­rück. Er wür­de dann so­fort ei­ne neue Ex­pe­di­ti­on zu­sam­men­stel­len, um die Gott­heit zu ber­gen. Er muß­te ein­fach zu­rück. Au­ßer­dem woll­te Car­no­ti nicht ster­ben. Als er aber an den be­schwer­li­chen Marsch dach­te, den er vor sich hat­te, be­gan­nen sei­ne wuls­ti­gen Lip­pen vor Angst zu zit­tern. Er hat­te kein Ver­lan­gen da­nach, ähn­li­che Qua­len wie

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