15 Gruselstories
Haufen Leute – aus San Diego, müssen Sie wissen. Die haben die weite Reise nur gemacht, um Kluvas Haus zu besichtigen. Sie werden also für Ihr Geld etwas zu sehen bekommen.«
Schon gut, alter Knabe, spar dir deine Einleitung und mach’s kurz. Laß deine Leichen antanzen, jage ein bißchen elektrischen Strom durch das alte Gemäuer, damit Daisy auf ihre Kosten kommt und wir dann weiterfahren können.
»Warum ist das ein Spukhaus, und wie macht sich das Spuken bemerkbar?« fragte Daisy. Das waren wieder einmal einige ihrer originellen Fragen. Ich kannte sie nur so geistreich. Immer voll sprühender Einfälle!
»Das will ich Ihnen gerne sagen, meine Dame. Das gleiche haben mich schon viele Leute gefragt, und ich bin überglücklich, die Erklärung geben zu können. Ivan Kluva ließ sich dieses Haus bauen. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch an seinen Namen erinnern. Er war ein russischer Filmregisseur und ließ sich hier etwa 1923, in den alten Stummfilmzeiten, nieder. Das war kurz bevor DeMille mit dem Tonfilm von sich reden machte. Kluva hatte in Europa einen sehr guten Ruf. Darum war man hier auch auf ihn scharf. Er bekam einen guten Vertrag, ließ das Haus bauen und lebte hier zusammen mit seiner Frau. Es gibt in der Filmkolonie nur noch wenige, die sich an den alten Ivan Kluva erinnern, denn er kam nicht dazu, auch nur in einem einzigen Film Regie zu führen.
Zuerst einmal schloß er sich einigen ausländischen Geheimsekten an und betrieb einen seltsamen Kult. Sie dürfen nicht vergessen, daß das alles sehr lange her ist; aber damals gab es in Hollywood eine Menge komischer Käuze. Es war die Zeit der Prohibition, der wilden Parties, des süßen Lebens … es gab viele Rauschgiftsüchtige, und die übelsten Skandale waren an der Tagesordnung. Und dabei ist vieles niemals herausgekommen. Es gab Zauberei und Teufelsanbetung. Das war ein echter Kult – ganz anders als der Schwindel, den die anderen hier an der Straße betreiben … Und Kluva schloß sich diesem Kreis an.
Ich persönlich glaube, er war ein bißchen verrückt – oder ist es dann allmählich geworden. Denn eines Nachts – nach irgendeiner Zusammenkunft hier – ermordete er seine Frau. Und zwar oben in dem Zimmer – in das wir gleich gehen werden –, an einer Art Altar, den er selbst zusammengebastelt harte. Er nahm einfach eine Axt und hackte ihr den Kopf ab. Dann verschwand er. Ein paar Tage darauf kam die Polizei. Sie fand natürlich die Frau – aber ihn haben sie nie erwischt. Vielleicht stürzte er sich von einem der Felsen, die hinter dem Haus sind, in die Tiefe. Es geht das Gerücht um, daß er seine Frau vielleicht geopfert hatte, um zu verschwinden . Damals wurden eine ganze Menge Leute umgebracht, denn man sagte von den Göttern oder Teufeln, daß sie Menschenleben verlangten. Als Gegenleistung gewährten sie den Opferbringern irgendeine Gnade – so zum Beispiel die Möglichkeit, von der Erde zu verschwinden . Das klingt alles reichlich verrückt. Aber feststeht, daß die Polizei hinter dem Altar ein seltsames Götzenbild gefunden hatte, das ihr gar nicht gefiel und das sie nie der Öffentlichkeit gezeigt hat. Sie verbrannte auch eine ganze Menge Bücher und eigenartige Gegenstände, die sie hier fand. Und dann schaffte sie es mit allen Mitteln, daß der ganze Teufelskult aus Kalifornien verschwand.«
Unser Komikerfreund ratterte diese abgedroschene Geschichte so monoton herunter, daß ich grinsen mußte. Nun bin ich zwar auch nur ein Schreiber von Groschenromanen, aber ich bilde mir ein, daß ich, wenn ich mich damit befassen würde, eine einfallsreichere Geschichte als diese schlecht erzählte Räuberpistole zusammenbauen könnte. Und ich könnte sie gewiß
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