15 Gruselstories
Haus lagen ihre Zeitschriften mit Schreckensgeschichten herum. Und bald darauf schleifte sie mich von einem Gruselfilm zum anderen. Da ich ein gutmütiger Mensch bin, nahm ich es schweigend hin. Außerdem merkte sie gar nicht, wenn ich im Kino sanft entschlummerte. Aber ihre Begeisterung für diese Dinge nahm von Woche zu Woche zu. Inzwischen war es so weit, daß ich, wenn ich die Augen schloß, ihre dröhnende Stimme heraufbeschwören konnte; diese Stimme, die vor Aufregung unterdrückt vibrierte, wenn sie mir etwas von einer zerstückelten Leiche oder einem anderen niedlichen Mord vorlas.
Für ihren Geschmack konnte offensichtlich nichts zu grausam sein.
Hier hatten wir nun einen alten Schuppen vor uns, der auch in seiner Blütezeit nicht viel besser als ein Kuhstall gewirkt haben konnte. Aber sie wollte unbedingt hinein. Das Wort ›Spukhaus‹ zog sie magisch an. Vielleicht lag da der Wurm in unserer Ehe. Sie würde wahrscheinlich ein zufriedenes Leben führen, wenn ich zu Hause mit einer schwarzen Maske herumliefe, hin und wieder ein dumpfes Geheul ausstieße und sie mit einem Beil liebkoste.
Ich starrte mürrisch vor mich hin. »Vielleicht sind die Würstchen aus dem Fleisch der Leiche gemacht«, murmelte ich sarkastisch. Aber es war eine verlorene Schlacht. Daisy drückte schon die Klinke der Wagentür hinunter. Das Lächeln auf ihrem Gesicht veränderte ihre Lippen merkwürdig. Es war dasselbe Lächeln, das ihre Lippen umspielte, wenn Daisy Einzelheiten über einen grausamen Mord erfuhr. Diesen Ausdruck mußte eine hungrige Katze haben, die sich an ein verwundetes Rotkehlchen heranschleicht.
Aber was sollte es? Es waren unsere zweiten Flitterwochen. Ich hatte mich gerade entschlossen, heute alles andere zu vergessen. Warum sollte ich mich aufregen? Auch wenn wir hier jetzt eine halbe Stunde vertrödelten, blieb unser Ziel das Hotel in Valos.
»Komm schon!«
Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch und sah, daß Daisy schon auf halbem Wege zu dem verwitterten Haus war. Ich stieg aus, schloß den Wagen ab und holte sie ein, ehe sie die düstere Tür erreicht hatte. Die letzten schwachen Sonnenstrahlen gingen am Horizont unter. Dicke, dunkle Wolken schoben sich über den Himmel.
Daisy begehrte ungeduldig Einlaß. Wie es sich für ein echtes Spukhaus gehört, öffnete sich die Tür erst nach einer ganzen Weile langsam und knarrend. Auf dieses Stichwort hin streckte sich uns ein unheimlich aussehender Kopf entgegen, dessen Lippen ein irres Kichern ausstießen. Das war es jedenfalls, was Daisy erwartete. Es stand ihr auf dem Gesicht geschrieben.
Statt dessen stand sie W. C. Fields gegenüber.
Natürlich war es nicht der bekannte Komiker selber. Außerdem war bei genauerer Betrachtung sein Mund kleiner und nicht ganz so rot. Das Gesicht war auch im ganzen dünner. Aber ansonsten war die Ähnlichkeit verblüffend. Er sprach auch im gleichen Tonfall.
»Ah – herein – nur zu. Herzlich willkommen in Kluvas Haus, meine Freunde. Herzlich willkommen.«
Er ließ seine Zigarre von einem Mundwinkel in den ande ren rollen. »Fünfundzwanzig Cents, bitte sehr. Vielen Dank.«
Ehe wir uns versahen, befanden wir uns in dem dunklen Flur. Es war wirklich dunkel, und es ließ sich nicht leugnen, daß es muffig und moderig roch. Aber ich wußte trotzdem sofort, daß außer Schaben in diesem Haus gewiß nichts herumspukte. Unser Komikerfreund müßte sich schon den Mund fusselig reden, um mich eines anderen zu belehren. Aber was sollte es? Das war Daisys Spukhaus.
»Es ist schon reichlich spät, aber ich denke doch, daß die Zeit noch ausreicht, um Sie herumzuführen. Vor einer Viertelstunde habe ich gerade mit einer Reisegesellschaft einen Rundgang gemacht. Ein
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