15 Gruselstories
ihren Augen und Händen und Lippen das, was auf dem Altar lag, wobei sie lachten und blökten. Als sie sich dann abwandten, zerrten sie den leblosen Körper hinter sich her.
Das schrille Pfeifen, die hellen Flötentöne, der Weihrauchgeruch, das kreischende Lachen, das alles brachte Talquist so weit, daß er aus dem schützenden Gebüsch hervortrat. Er dachte nicht an das, was er gesehen hatte; er fühlte nur in seinem Blut einen trommelnden Widerhall des eben Erlebten.
Der Tanz der Waldkreaturen verwandelte sich allmählich in eine Verfolgungsjagd, und die Nymphen flogen vor den unmenschlichen Lebewesen, die ihnen in der Dunkelheit nachrannten. Die Nacht war von heiseren Schreien erfüllt.
Dann schwollen die Töne der Hirtenflöte an und vermischten sich mit dem triumphierenden Blöken. Die Horde schleppte die Leiche des alten Mannes in den dunklen Wald.
Talquist, dessen Blut jetzt wie Feuer durch die Adern rann, raste den anderen um den Altar herum nach. Der seltsame Wahnsinn, der von ihm Besitz ergriffen hatte verschaffte ihm das Gefühl der Zugehörigkeit zu diesen Wesen der Vergangenheit.
Als sie ihn sahen, schrien sie auf und deuteten auf das grüne Amulett auf seiner Brust. Aber er hörte ihr Schreien nicht.
Seine Augen suchten eine bestimmte Gestalt – die der grünhaarigen Nymphe mit den roten Augen. Sie merkte es, und als er sie anschaute, warf sie ihm einen obszönen verliebten Blick zu. Obwohl sich Talquist durch ihren Anblick abgestoßen fühlte, zwang ihn eine innere Kraft, weiterzulaufen. Er rannte auf die Nymphe, die ihn verhöhnen wollte, zu. Sie floh mit gespieltem Entsetzen in das dunkle Gebüsch, wo die pfeifenden Geräusche allmählich verstummten.
Talquist rannte durch den Wald und folgte der flüchtenden Nymphe, deren grüne Haare von den Blättern der lebenden Bäume nicht zu unterscheiden waren. Das Blut pochte wie wild in seinen Schläfen, und er rang nach Atem, aber er war von einer namenlosen Kraft durchdrungen. Das spöttische Gelächter der fliehenden Nymphe machte ihn wahnsinnig. Er stolperte hinter ihr her.
Nach kurzer Zeit gelangte er zu den Ufern eines Teiches, an die sich die Nymphen und Nereiden zurückgezogen hatten. Die fliehenden kleinen Wesen eilten geräuschvoll durch das Schilf und tauchten in dem Teich unter, der hinter den Büschen verborgen lag. Keine von ihnen kam wieder zum Vorschein.
Roger Talquist rannte immer noch, vom Wahnsinn angefeuert, hinter der höhnisch lachenden Nymphe her. Das Amulett tanzte beim Laufen auf seiner Brust.
Am Ufer blieb sie plötzlich stehen. Sie warf den Kopf mit den Schlangenhaaren in den Nacken und grinste ihn verschmitzt an. Ihre feuchten, schlaffen Hände berührten Talquists Arm. Ihre roten Augen hatten nichts Menschliches an sich. Als Talquist in diese Augen blickte, fiel der Wahnsinn von ihm ab, und er versuchte, das Wesen von sich zu stoßen.
Sie trat einen Schritt zurück. Als dann ihr Blick auf das Amulett an der Kette fiel, streckte sie ihre Hand verlangend danach aus. Talquist stieß sie wieder von sich. Die Nymphe kicherte und wollte sich mit ihren kalten Händen an ihm festklammern. Ihre Finger umschlossen die Kette an seinem Hals. Dann trat sie rasch einen Schritt zurück – und verlor dabei das Gleichgewicht.
Die Kette zerriß, und die Nymphe fiel schreiend ins Wasser. Das Amulett in ihrer Hand beschrieb einen funkelnden Kreis. Dann verschwand es unter der quirlenden Wasseroberfläche. Die Nymphe und das Zeichen des Satyrs verschwanden zusammen in dem Teich …
Talquist machte ein dummes Gesicht und starrte auf die immer größer werdenden Kreise auf der Wasseroberfläche.
Dann schaute er sich wie erwachend um, und sein Bewußtsein kehrte zurück. Er stand mitten in der Nacht
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