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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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Ru­he zu set­zen und dei­nen Le­bens­abend zu ge­nie­ßen. Ich wür­de vor­schla­gen, daß du dei­ne Ge­ne­ral­voll­macht auf je­mand an­ders über­trägst. Auf mich, zum Bei­spiel. Ich kann mü­he­los dei­ne In­ter­es­sen wei­ter­hin ver­tre­ten. Du ruhst dich aus und tust nur noch das, was dir Freu­de macht. Ich mei­ne das ernst, Ro­nald. Ich bin da­bei, dir ein fai­res An­ge­bot zu ma­chen. Über­gib dei­ne Voll­mach­ten und le­be so, wie es dir paßt. Von uns aus kannst du dann dei­ne Geis­ter vier­und­zwan­zig Stun­den am Tag her­bei­ru­fen. Wenn du dich al­ler­dings nicht zu die­sem Schritt ent­schlie­ßen kannst –«
    Jas­per rülps­te er­neut und fuhr dann mit ei­nem dro­hen­den Un­ter­ton in der Stim­me fort: »– dann bleibt uns kei­ne an­de­re Wahl … Dann sind wir lei­der ge­zwun­gen, einen Psych­ia­ter ein­zu­schal­ten. Und was das be­deu­tet, ist dir ja wohl klar. Wenn ein Psych­ia­ter nur das hört, was wir heu­te ge­hört ha­ben, schreibt er im Handum­dre­hen die Über­wei­sung für ei­ne An­stalt aus. Ha­be ich nicht recht, Leu­te?«
    Als er bei­fall­hei­schend in die Run­de blick­te, stell­te er fest, daß al­le mehr oder min­der am Ein­schlum­mern wa­ren. »Es ist hier im Zim­mer zu heiß«, mur­mel­te er. »Kannst du das Fens­ter öff­nen?«
    »So­fort«, nick­te Mr. Ca­ven­dish.
    Jas­per fum­mel­te an den Knöp­fen sei­ner Wes­te her­um. Er lä­chel­te ent­schul­di­gend. »Ich glau­be, die So­ße war zu schwer für mich … mein Arzt sagt auch im­mer …« Er gähn­te und rä­kel­te sich auf sei­nem Stuhl. Ehe ihn der Schlaf über­wäl­tig­te, brach­te er noch kräch­zend her­vor: »Wie lau­tet dei­ne Ant­wort?«
    Mr. Ca­ven­dish er­hob sich. Er beug­te sich vor und sprach sehr laut, als wol­le er sei­ne Gäs­te auf­we­cken und si­cher sein, daß sie ihn ver­stan­den.
    »Mei­ne Ant­wort dar­auf«, sag­te er, »ist nein. Nein und noch­mals nein! Kei­ne Voll­macht, kei­nen Psych­ia­ter, kein Ir­ren­haus! Hört ihr das, mei­ne lie­be Fa­mi­lie? Das war ein Ab­schied­ses­sen. Ich ha­be mein gan­zes Ver­mö­gen flüs­sig ge­macht und wer­de noch heu­te nacht nach Ti­bet flie­gen, um mein Stu­di­um am Ok­kul­tis­mus dort fort­zu­set­zen. Ja«, fuhr er fort, »das ist ein Ab­schied. Ein Ab­schied für lan­ge Zeit – aber ich se­he, daß ihr mich schon ver­las­sen habt.«
    Das hat­ten sie in der Tat. Sie wa­ren auf ih­ren Stüh­len zu­sam­men­ge­sun­ken und er­weck­ten nicht mehr den Ein­druck von Schla­fen­den. Sie starr­ten mit gla­si­gen Au­gen auf die ab­ge­knab­ber­ten Kno­chen der Hühn­chen. Die gan­ze Fa­mi­lie war mau­se­tot.
    Mr. Ca­ven­dish blick­te von ei­nem zum an­de­ren und schau­der­te leicht. Er be­te­te, daß kein Me­di­um je auf den un­glück­se­li­gen Ge­dan­ken kom­men mö­ge, sie zu er­we­cken.
    Dann ging er um den Tisch her­um und schau­te auf die Uhr. Er stell­te fest, daß ihm nur noch ei­ne knap­pe Stun­de blieb, bis er auf dem Flug­platz sein muß­te. Er öff­ne­te ei­ne schma­le Sei­ten­tür und zerr­te einen prall­ge­füll­ten Kof­fer her­vor.
    Das wä­re ge­schafft! Er war jetzt rei­se­fer­tig.
    Dann trat er an den Tisch zu­rück und beug­te sich über die Ker­zen. »Aus das Licht«, sag­te er.
    Dun­kel­heit um­gab Mr. Ca­ven­dish, aber er fürch­te­te sich nicht. Ei­ni­ge sei­ner bes­ten Freun­de wa­ren in der Fins­ter­nis. Un­ter die­sen Um­stän­den hat­te er schon ei­ni­ge sehr net­te Leu­te ge­trof­fen. Dell hat­te Ma­da­me Pom­pa­dour er­wähnt. Was das schon war! Als ob er nicht auch Lo­la Mon­tez, Jean­ne d’Arc und die schö­ne He­le­na ken­nen wür­de! Rei­zen­de Da­men!
    Da­men . Das er­in­ner­te ihn an et­was. Er konn­te nicht weg­fah­ren, oh­ne sich von ei­nem be­son­de­ren Geist zu ver­ab­schie­den, dem zu­stän­di­gen Geist! Er ki­cher­te. Sie war wahr­lich der zu­stän­di­ge Geist für den heu­ti­gen Abend ge­we­sen. Ihr hat­te er das Ge­lin­gen sei­nes Pla­nes zu ver­dan­ken.
    Es war an der Zeit, sich für die Hühn­chen und die Zu­be­rei­tung der köst­li­chen So­ße zu be­dan­ken. Viel­leicht han­tier­te sie noch in der Kü­che her­um.
    Es war ein ge­nia­ler Ein­fall von ihm ge­we­sen,

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