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15 Gruselstories

15 Gruselstories

Titel: 15 Gruselstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Bloch
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sich wie­der laut und ver­nehm­lich.
    Mr. Ca­ven­dish ser­vier­te lä­chelnd den Kaf­fee. »Es stimmt, daß ich nach Gra­ces Hin­schei­den zu ei­nem Me­di­um ge­gan­gen bin. Ihr wißt das al­le ganz ge­nau. Des­halb brau­che ich auch eu­rem Ge­dächt­nis nicht nach­zu­hel­fen und euch an das In­dia­ner­ge­heul zu er­in­nern, das ihr ver­an­stal­tet habt, als ihr da­von hör­tet. Aber ihr habt euch ganz un­nö­tig auf­ge­regt, denn schon nach ein paar Be­su­chen mach­te ich ei­ne höchst er­freu­li­che Ent­de­ckung. Ich fand her­aus, daß ich gar kein Me­di­um brauch­te, um mich mit den Geis­tern der To­ten in Ver­bin­dung zu set­zen. Seit die­sem Tag ma­che ich mei­ne Ver­su­che und Nach­for­schun­gen al­lei­ne.
    Und ich wa­ge von mir zu be­haup­ten, daß ich wei­ter vor­ge­drun­gen bin als die meis­ten Me­di­en heut­zu­ta­ge.«
    »Geis­ter!« Dell schau­der­te. »Ich has­se es, über sie zu re­den. Ver­steht mich recht – nicht, daß ich an solch dum­mes Zeug glau­be, aber …«
    »Wenn du es tä­test, brauch­test du die Geis­ter we­der zu has­sen noch dich vor ih­nen zu fürch­ten«, ver­si­cher­te ihr Mr. Ca­ven­dish. »Sie sind, mit ge­wis­sen ge­ring­fü­gi­gen Ein­schrän­kun­gen, wie wir. Nimm zum Bei­spiel ein­mal Grace. Als ich sie zum letz­ten­mal sah, schi­en sie so wirk­lich wie du zu sein.«
    »Sei ver­nünf­tig, Ro­nald«, sag­te Jas­per. »Du wirst uns doch wohl nicht weis­ma­chen wol­len, daß du dei­ne gan­ze Zeit da­mit ver­bringst, dich mit dem Geist dei­ner to­ten Frau zu un­ter­hal­ten.«
    Ro­nald Ca­ven­dish schluck­te den letz­ten Bis­sen Toast hin­un­ter, nipp­te noch ein­mal an der Milch und zün­de­te dann die Ker­zen auf dem Tisch an.
    Ihr fla­ckern­der Schein tauch­te die Ge­sich­ter der Run­de in ein mil­des Licht.
    »Ich ha­be nichts der­glei­chen be­haup­tet«, sag­te Ro­nald Ca­ven­dish. »Es stimmt al­ler­dings, daß ich zu An­fang einen Groß­teil mei­ner Zeit mit Grace ver­bracht ha­be. Aber dann – ich schä­me mich, es ein­zu­ge­ste­hen – fing es an, mich zu lang­wei­len. Oder ge­nau­er ge­sagt: Sie fing an, mich zu lang­wei­len. Und ich frag­te mich, warum ich mich im­mer nur mit Grace be­schäf­ti­gen sol­le, wo mir doch so vie­le fas­zi­nie­ren­de Per­sön­lich­kei­ten zur Ver­fü­gung stan­den. Man darf schließ­lich nicht ver­ges­sen, daß un­se­re Ehe durch ih­ren Tod aus­ge­löscht wur­de; und dort, wo sie jetzt ist, gibt es den Be­griff ›Ehe‹ nicht. Nur zu eu­rer In­for­ma­ti­on: Ich ha­be Grace schon seit über vier Jah­ren nicht mehr ge­ru­fen.«
    »Willst du da­mit sa­gen, daß du das Me­di­um-Spiel­chen auf­ge­ge­ben hast?« woll­te Har­ry wis­sen.
    »Aber nein – ganz im Ge­gen­teil! In­zwi­schen ha­be ich ei­ne un­end­li­che Men­ge von Kon­tak­ten her­ge­stellt.« Mr. Ca­ven­dish lä­chel­te schwach. »Ich wünsch­te, ich könn­te mich so aus­drücken, daß ihr mich ver­steht. Wie soll ich sa­gen? Es ist, als wä­ren al­le Bi­blio­the­ken der Welt in mei­nen Fin­ger­spit­zen ver­eint, als be­sä­ße ich das größ­te Mu­se­um und die um­fang­reichs­te Schall­plat­ten­samm­lung … Viel­leicht kann ich es euch so er­klä­ren: Ihr habt doch den Flü­gel im Sa­lon ge­se­hen, nicht wahr? Oft ge­nie­ße ich die Mu­sik von Hän­del und Haydn – die mir die Kom­po­nis­ten sel­ber vor­spie­len.«
    »Jetzt ist er völ­lig über­ge­schnappt«, mur­mel­te Dell, aber Mr. Ca­ven­dish hör­te ih­re Wor­te gar nicht.
    »Wenn man sich vor­stellt, daß ich in der La­ge bin, die größ­ten Schat­ten der Welt­ge­schich­te her­bei­zu­ru­fen«, fuhr er fort. »Ich kann mich mit Sha­ke­s­pea­re, Ju­li­us Cä­sar und Na­po­le­on un­ter­hal­ten, wäh­rend Cho­pin am Flü­gel spielt.«
    »Willst du da­mit sa­gen, daß die be­rühm­ten to­ten Kom­po­nis­ten hier­her kom­men und auf dei­nem Flü­gel her­um­häm­mern?« Har­ry war ge­gen sei­nen Wil­len hin­ge­ris­sen. »Sag ein­mal, wie ist das nun wirk­lich mit den Geis­tern? Stimmt es, daß sie in die Zu­kunft se­hen kön­nen? Ich mei­ne, wenn dich zum Bei­spiel ein Au­ßen­sei­ter bei dem mor­gi­gen Ren­nen in Bel­mont in­ter­es­sie­ren wür­de, glaubst du, daß dir

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