15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan
nämlich – – –“
„Kopfleiden?“ fiel sie mir schnell in die Rede. „Herr, das ist recht, das ist gut, daß du gekommen bist! Wenn du wüßtest, wie viele verschiedene Köpfe, tausend und abertausend an Zahl hier Heilung von – – –“
Der Rappe drang jetzt auf sie ein, so daß sie wieder eine Pause machte. Ich erklärte:
„Mein Kopfleiden ist so arg, daß mir sogar das Anhören der menschlichen Stimme große Qualen bereitet. Habe daher die Güte und sprich nur dann, wenn ich dich frage. Ich sehe es deinem Gesicht an, daß eine zarte, mitleidsvolle Seele in deiner Brust wohnt; darum denke ich, daß du mir diese Bitte erfüllen wirst.“
Ich mußte das Richtige getroffen haben, denn sie legte die beiden Hände auf das Herz und antwortete mit gedämpfter Stimme:
„Herr, das ist wahr; du hast recht. Ich werde schweigen, als ob ich bereits im Grab liege. Nur deine Fragen werde ich beantworten. Du hast mein zartes, gutes Herz erkannt. Dein armer Kopf soll meinetwegen keine Schmerzen erleiden.“
Der kleine Hadschi machte ein unendlich grimmiges Gesicht, was bei ihm nur dann der Fall war, wenn er alle seine Kraft zusammennehmen mußte, um das Lachen zu bekämpfen. Auch den andern sah man es an, daß sie es nur mit Mühe zurückhielten.
„Zunächst muß ich dich bitten, mir zu verzeihen, daß ich euch gestört habe, liebe Nohuda. Ihr befandet euch in einem sehr angelegentlichen Gespräch. Was war denn der Gegenstand desselben?“
Ihre Augen blitzten von neuem zornig auf. Sie schien von neuem losplatzen zu wollen; darum griff ich mit schmerzlicher Pantomime nach meinem Kopf.
„Keine Angst, Herr!“ sagte sie leise. „Ich beginne den Zank nicht von neuem und will dir nur sagen, daß wir uns von diesem da unterhielten.“
Sie deutete auf den Topf.
„Was ist das?“
„Mein Kleistertopf.“
„Brauchst du diesen Topf denn hier an der Quelle?“
„Sogar sehr notwendig!“
„Warum besuchst du das heiße Wasser?“
„Warum? Wardur gendschlenme – es macht wieder jung.“
„Ah so! Du willst dich verjüngen? Das hast du ja gar nicht nötig.“
„Meinst du? Du bist sehr gütig. Wenn doch mein Mann auch dieser Meinung wäre! Du weißt jetzt, daß ich Erbse heiße. Er nennt mich aber bereits seit langer Zeit nur seine alte Schote. Ist das nicht kränkend?“
„Vielleicht meint er es gar nicht schlimm. Er wird das Wort für einen Kosenamen halten.“
„O nein! Da kenne ich ihn viel zu gut. Er ist ein Barbar, ein rücksichtsloser Mensch, ein unaufmerksamer Tyrann, ein – – –“
Ich griff an meinen Kopf.
„Du hast recht“, meinte sie. „Ich darf ja nicht laut sprechen. Aber ich will ihm zeigen und beweisen, daß ich keine alte Schote bin. Darum gehe ich täglich hierher und bestreiche mir mit dem Schlamm der Schönheit das Gesicht.“
Es war kein leichtes, ernst zu bleiben. Ich antwortete:
„Das ist sehr weise von dir. Aber wie wird dieser Schlamm bereitet?“
„Man stößt Rosenblätter klar und kocht sie mit Mehl und Wasser zu einem Brei. Den nimmt man mit hierher, vermischt ihn zu gleichen Teilen mit dem roten Bodensatz dieser Quelle und bestreicht dann damit das Gesicht. Es hilft, es hilft sicherlich!“
„Wirklich?“
„Gewiß! Keine Warze, kein Mal, keine Runzel, keine Falte hält stand vor diesem Kleister. Er ist berühmt im ganzen Land. Darum war ich erzürnt, daß dieses Mädchen mir den Topf umstieß. Aber ich bin ein zartes Gemüt, wie du ganz richtig erkannt hast, und darum habe ich geschwiegen und will die Unvorsichtigkeit verzeihen.“
„Daran tust du recht. Sanftmut ist die größte Zierde des Weibes, und Schweigsamkeit erhöht den Zauber desselben.“
„Das sage ich auch!“ behauptete sie.
„Ja, liebe Nohuda, die Schweigsamkeit ist das allerbeste Mittel, bis in das hohe Alter schön zu bleiben. Wenn keine Leidenschaften das Antlitz entstellen, so kann die Schönheit in den Zügen sitzen bleiben. Was aber der weise Bahuwi von einem Weib sagt, welches immer zankt und keift, das wirst du wissen.“
„Nein, Herr, denn ich habe mit diesem weisen Mann noch niemals gesprochen.“
„Er sagt, daß ein von dem Zorn bewegtes Frauenantlitz einem schmutzigen Sack gleiche, welcher mit Fröschen und Kröten gefüllt ist. Der Sack befindet sich in steter Bewegung, weil diese häßlichen Tiere niemals Ruhe halten.“
„Er hat recht! Auch ich habe stets dasselbe gedacht, und darum befleißige ich mich einer steten Ruhe meines tiefen Gemütes. Aber mein
Weitere Kostenlose Bücher