15 Tante Dimity und die Geister am Ende der Welt (Aunt Dimity Down Under)
für sie, das ist alles. Können Sie mir sagen, wo sie ist?«
» Sie hat Wellington vor zehn Tagen verlassen«, sagte Kati. » Nach dem Ärger mit Roger.«
» Was für Ärger?«, fragte Cameron.
Kati und Kitta tauschten unbehagliche Blicke aus.
» Es fing so gut an«, begann Kitta, als müsse sie sich rechtfertigen. » Zwei Wochen lang hatte Bree Spaß.«
» Sie kriegte sofort einen Job im Chocolate Fish«, sagte Kati.
Cameron bemerkte meinen fragenden Blick. » Der Chocolate Fish ist ein Café, in dem die jüngeren Schauspieler der Herr-der-Ringe-Filme verkehren.«
» An ihren freien Tagen kam sie mit uns in die Hügel über den Filmstudios«, sagte Kati. » Es ist aufregend, man kann die Sets und die Schauspieler sehen.«
» Aufregend, aber verboten«, sagte Kitta. » Die Security hat uns immer wieder weggejagt.«
» Aber wir kamen wieder.« Kati grinste. » Wir versteckten uns hinter Bäumen und schauten durch Büsche. Hat Bree gefallen, sie hatte auch Spaß.«
» Was ist geschehen?«, fragte ich. » Erst hatte Bree Spaß, und dann bekam sie Ärger?«
Kati sah Kitta an, bevor sie antwortete. » Bree kam mit, als wir unsere Tattoos machen ließen.«
Sie zog ihr Hosenbein hoch und enthüllte einen Kreis mit einem fremden, aber eleganten Schriftmuster, das in schwarzer Tinte über ihren linken Knöchel eintätowiert war. Gleichzeitig hob Kitta ihren Arm und zeigte uns ein tätowiertes Armband, das aus dem gleichen Schriftmuster bestand.
» Finnisch?«, fragte ich.
» Elfisch«, antwortete Kitta. » Die Wörter sind persönlich. Fragen Sie bitte nicht, was sie heißen.«
» Ich würde nicht im Traum daran denken«, murmelte Cameron.
» Wir wollten etwas Besonderes, das uns an unsere Zeit hier in Mittelerde erinnert«, sagte Kati und nahm damit Bezug auf die imaginäre Welt, in der Tolkiens Sagen spielen.
» Und auch um uns an die Maori zu erinnern«, ergänzte Kitta.
» Tattoos spielen eine wichtige Rolle in der Kultur der Maori«, erklärte Cameron mir. » Wie bei Toko.«
Ich nickte und dachte an Tokos Beine, die vom Knöchel bis zum Oberschenkel mit einem verschlungenen Muster von Tattoos bedeckt waren.
» Ich glaube, ich verstehe«, sagte ich mit einem Blick von Kati zu Kitta. » In euren elfischen Tattoos finden Neuseeland und Mittelerde zusammen.«
» Genau«, sagte Kati und strahlte mich an.
» Bree wollte auch ein Tattoo, aber kein elfisches«, sagte Kitta. » Sie bekam eine Eule auf die Schulter. Sie sagte, es sei ihr Ruru.«
» Ruru ist der Maori-Name für den Kuckuckskauz«, erläuterte Cameron. » Eine der wenigen eingeborenen Arten, die nicht gefährdet sind.«
» Es ist auch der Name für ihren kleinen Freund«, sagte Kitta. » Ihr…« Fragend schaute sie Kati an. » Wie sagt man?«
» Ihr Plüschtier«, half Kati.
Ich musste an die Stofftiere in Brees Zimmer und an die Einbuchtung denken, die ich auf ihrem Kissen bemerkt hatte. Hatte dort Ruru gelegen, bevor sie ihn in ihren Rucksack gesteckt und mit auf diese scheinbar endlose Reise genommen hatte?
» Zuerst kriegt sie die Eule«, fuhr Kati fort. » Dann lässt sie sich eine Blume machen.«
» Dann noch mehr Blumen.« Kitta fuhr mit dem Finger von ihrem Handgelenk bis hinauf zur Schulter. » Blumen, auf dem ganzen Arm.«
» Dann sagt Roger zu ihr, sie soll aufhören, weil es zu viel auf einmal ist, zu schnell«, sagte Kati.
» Es ist nicht gut, wenn man Tattoos zu schnell macht«, sagte Kitta ernst.
» Roger sagte, mach langsam«, sagte Kati. » Und Bree…« Sie senkte den Blick und schüttelte traurig den Kopf.
» Bree drehte durch«, sagte Kitta und schürzte die Lippen. » Sie schrie Roger an. Sie zerbrach seine Lampe.« Sie deutete auf ihre Augen. » Sie zerbrach seine Brille.«
» Wie soll Roger ohne seine Brille arbeiten?«, fragte Kati mit einem hilflosen Schulterzucken. » Aber Roger ist ein guter Mensch– weise wie ein Zauberer und edel wie ein Elfen-Lord. Er rief nicht die Polizei an.«
» Wir brachten Bree nach Hause«, erklärte Kitta. » Und sie weinte und weinte.«
» Und am nächsten Morgen«, sagte Kati, » war sie weg.«
Die beiden Freundinnen schwiegen. Ich legte die Hände auf die Stirn, unendlich traurig. Es klang so, als habe sich Camerons Befürchtung bewahrheitet. Die tickende Bombe war explodiert. Ohne Rogers außerordentliche Nachsicht wäre sie sicherlich im Gefängnis gelandet.
» Wissen Sie, wohin sie gegangen ist?«, fragte Cameron.
» Nein«, antwortete Kati. » Sie verschwand, bevor
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