15 Tante Dimity und die Geister am Ende der Welt (Aunt Dimity Down Under)
besprechen.
» Bill«, sagte ich, als ich seine Stimme hörte. » Versprich mir, dass wir niemals Trunkenbolde, Lügner, Faulpelze oder Spieler werden.«
» Okay«, stimmte er bereitwillig zu.
» Und versprich mir, dass wir uns nie scheiden lassen.«
» Versprochen«, sagte er.
» Und versprich mir, dass wir Rob und Will immer wie die kleinen Juwelen behandeln werden, die sie sind«, fuhr ich inbrünstig fort.
» Deine kleinen Juwelen haben gestern Abend Dinosaurier auf die Küchenwand gemalt«, sagte Bill grimmig. » Mit schwarzer Schuhcreme!«
» Das kann man überstreichen«, entgegnete ich.
» Weißt du, wie viele Schichten Farbe man auftragen muss, um schwarze Schuhcreme zu überdecken? Ich schon.« Er brummte noch eine Zeit lang vor sich, dann beruhigte er sich wieder. » Was ist los, Lori? Was hat dich so durcheinandergebracht?«
» Es geht um Bree«, sagte ich und erzählte ihm von Brees Tattoo-Obsession, wie sie bei Roger ausgerastet und daraufhin unangekündigt aus Wellington verschwunden war. » Sie hat sich nicht mal von Kati und Kitta verabschiedet, obwohl sie die beiden wirklich zu mögen scheint. Ich glaube, sie weiß nicht mehr, wohin sie soll oder wonach sie sucht, Bill. Sie läuft einfach davon.«
» Sie ist zu jung, um zu wissen, dass man vor seiner Vergangenheit nicht davonlaufen kann«, sagte Bill. » Und ihre Vergangenheit ist ziemlich verkorkst.«
» Das meine ich ja«, sagte ich. » Wir müssen unseren Kindern eine Vergangenheit geben, vor der sie später nicht davonlaufen müssen.«
» Wenn sie unsere Wände jemals wieder mit Schuhcreme bemalen, werde ich in der Tat dafür sorgen, dass sie ihre Vergangenheit im Leben nicht vergessen«, brummte Bill.
» Wie geht es Ruth und Louise?«, fragte ich, nicht zuletzt um ihn von seinem Schuhcreme-Trauma abzulenken.
» Stepp tanzen können sie noch nicht wieder, aber sie haben es schon in ihren Terminkalender eingetragen«, scherzte er. » Es geht ihnen unerwartet gut, Lori. Dr. Finisterre ist ebenso erstaunt wie erfreut, genau wie wir alle. Hat Donna Mackenzie dir den Brief gegeben, den ich ihr gemailt habe?«
» Er steckt in meinem Rucksack. Ich überreiche ihn Bree, falls Cameron und ich sie jemals einholen.«
» Interessiert dich denn gar nicht, was in dem Brief steht?«, fragte Bill leicht enttäuscht.
» Nein«, antwortete ich. » Das geht nur Bree und ihre Urgroßtanten etwas an. Ich werde allerdings Stepptanzübungen auf deinem Kopf veranstalten, wenn du mir nicht bald verrätst, wie du Cameron das Leben gerettet hast.«
» Da mein Kopf hier ist und deine Füße dort«, sagte Bill, » fällt es mir leicht zu wiederholen, dass es an Cameron ist, die Geschichte zu erzählen.«
Ich flehte, schalt und drohte, aber er weigerte sich hartnäckig, das Thema zu vertiefen, und schließlich gab ich auf. Nachdem ich den Jungs Küsse und Willis senior meine liebsten Grüße geschickt hatte, sagte ich meinem nichtsnutzigen Schuft von einem Ehemann gute Nacht, schloss das Handy ans Aufladegerät an und kletterte mit dem blauen Notizbuch ins Bett.
Ich gestattete mir eine einminütige Tirade gegen Bills infantilen Humor. Nachdem ich Dampf abgelassen hatte, erzählte ich Tante Dimity von Brees unglückseligem Aufenthalt in Wellington.
» Zuerst schneidet sie sich die Haare ab«, sagte ich und erinnerte mich an Camerons Worte, » dann schneidet sie sich selbst oder zumindest gestattet sie Roger, dem ach-so-großen Tattoo-Künstler, sie anzuritzen. Weiß der Himmel, was sie sich inzwischen angetan hat.«
Sie muss sich gar nichts angetan haben, Lori. In dem Tattoo-Studio ist sie eine Menge aufgestauter Wut losgeworden und hat sich danach wahrscheinlich in den Schlaf geweint. Man nennt es Katharsis, und es ist gut für die Seele, meine Liebe. Sicherlich ist es schade, dass Rogers Brille unter Brees Katharsis leiden musste, aber vielleicht hat sie genau das gebraucht, um ihr Gleichgewicht wiederzufinden. Vielleicht geht es ihr fürs Erste wieder ganz gut.
» Wenn sich Bree nach dieser Kernschmelze besser gefühlt hat, warum hat sie sich dann nicht von Kati und Kitta verabschiedet?«, fragte ich. » Warum hat sie sich einfach verdrückt? Sie hat nicht mal eine Nachricht hinterlassen.«
Ich glaube, dass Bree die Sache so peinlich war, dass sie ihren Freundinnen nicht schreiben, geschweige denn unter die Augen treten konnte, was darauf schließen lässt, dass ihr Gewissen noch funktioniert. Ein Mädchen in ihrem Alter und ihrer Lage könnte
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