1500 - Der Albino
Schreckliches geschehen. Die Folgen brannten noch immer an seinem Hals. Innen als auch außen.
Ich habe mich selbst erwürgen wollen!, schoss es ihm durch den Kopf. Es geschah auf seinen Befehl hin. Er hat mich in der Hand.
Wenn er will, kann er dafür sorgen, dass ich mich töte. Er hat es nur nicht gewollt, aus welchen Gründen auch immer.
Wirre Gedanken durchzuckten seinen Kopf. Sein Blut schien sich erhitzt zu haben. Er stand zwar auf der Stelle, aber gerade diese Gedanken brachten ihn wieder zum Schwanken.
»Keine Panik, mein Freund«, sagte Saladin mit seidenweicher Stimme. »Du wirst schon überleben.«
»Verdammt, ich – ich – will hier weg!«
Plötzlich lächelte Saladin Lucio so freundlich an, dass dieser schon wieder Hoffnung schöpfte.
»Ja, mein Freund, ja, das ist so. Du musst dir keine Sorgen machen, du kannst hier weg. Alles wird wunderbar laufen, und du hast überhaupt keine Probleme mehr. Nur wirst du ein anderer sein, wenn wir dich losschicken. Du wirst eine Gier in dir haben, die dem Wahnsinn nahe kommt, und es wird dir gelingen, die Gier zu stillen, denn überall laufen diejenigen herum, die dir deine Nahrung geben. Sie sind voll davon, und ihr Blut wird dir schmecken.«
Lucio sagte nichts. Er konnte es nicht. Er hatte jedes Wort verstanden, und er fühlte sich von Hammerschlägen getroffen. Langsam ging er zurück. Er wollte nicht mehr in Saladins Nähe bleiben, doch Lucio kam nicht weit.
Schon bald stieß er mit dem Rücken gegen die Wand.
Ihm fiel ein, dass eine Frage noch nicht richtig beantwortet worden war, und so flüsterte er mit Krächzstimme: »Wo ist diese Vampirwelt, von der du gesprochen hast?«
»Das soll dich nicht interessieren. Wichtig ist, dass du bald dazu gehören wirst. Ja, diese Welt hat dich gefangen, sie hat dich eingenommen, und du wirst bald ein Teil von ihr sein. Freu dich drauf.«
Der Albino freute sich nicht. Das war ihm einfach unmöglich. Zudem zitterte er. Seine Zähne schlugen aufeinander, und als er sah, dass sich die Eingangstür bewegte und von außen her weiter geöffnet wurde, da war ihm klar, dass der Schritt in das nächste Leben nicht mehr weit war.
Jemand schob sich auf die Schwelle.
Eine in Schwarz gekleidete düstere Gestalt. Dazu gehörte ein bleiches Gesicht, aber auch ein bestimmtes Zeichen auf der Stirn, denn dort leuchtete ein blutiges »D«.
Saladin konnte ein leises Lachen nicht unterdrücken. Dann sagte er: »Darf ich vorstellen? Will Mallmann, alias Dracula II. Gleichzeitig Herr dieser Vampirwelt und sehr hungrig auf dein Blut…«
***
Ich war froh darüber, dass Glenda mir einen Kaffee gekocht hatte, denn irgendwie fühlte ich mich frustriert. Ich ahnte, dass etwas auf uns zukommen würde, aber es gab nichts, wo wir hätten richtig ansetzen können. Es blieb uns der Berichte von Maggie Crane, aber es gab zum Glück noch einen Namen.
Lucio!
Er war ein Albino, ein Mensch mit sehr heller Hautfarbe und wenig Pigmenten. Einer, der einfach auffallen musste, aber Suko und mir war er noch nicht über den Weg gelaufen.
Und Glenda Perkins auch nicht, wie wir erfuhren, als wir bei ihr im Vorzimmer saßen.
»So einen hätte ich bestimmt nicht vergessen«, sagte sie und fügte hinzu: »Aber ich halte mich auch nicht in Gegenden auf, wo sich diese Maggie Crane herumtreibt.«
»Das wäre auch noch schöner«, sagte ich und schaute auf den Bildschirm.
Glenda hatte den Namen Lucio eingegeben und wartete darauf, dass der Computer etwas ausspuckte.
Es kam nichts, was uns hätte interessieren können. Zwar war der Name Lucio nicht ganz unbekannt, aber der Lucio, den wir meinten, befand sich nicht darunter.
Eine bleiche Gestalt, ein Albino, der straffällig geworden war, den fanden wir nicht.
»Das ist wohl Pech«, sagte Glenda.
Suko schlug etwas anderes vor. »Gib doch einfach mal den Begriff Albino ein.«
»Okay, mach ich.«
Alles lief nach Plan. Der Computer oder die Suchmaschine ließ uns nicht im Stich. Allerdings gab es mehr wissenschaftliche Erklärungen, was den Albino anging. Nichts Neues. Wir erfuhren von dieser Pigmentstörung, und das war alles. Es gab auch Selbsthilfegruppen für diese Menschen, was Glenda zu einer Frage veranlasste.
»Glaubt ihr eigentlich, dass er sich durchgerungen hat, einer dieser Gruppen beizutreten?«
Wir schauten uns an. Zuerst schüttelte Suko den Kopf. Ich hob nur die Schultern.
»Also nicht.«
»Eher nicht«, sagte ich und sah, dass Glenda Perkins die Lippen hart zusammenpresste.
»Was
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