1500 - Der Albino
sagen wollen, blieb ihm in der Kehle stecken.
Saladin war mit diesem ersten Teilerfolg zufrieden. Er konnte sogar wieder lächeln.
»Das ist gut, mein Freund. Das ist sogar sehr gut. Wäre es anders gewesen, hätte ich dich nämlich pfählen müssen, so aber wirst du auf meiner Seite stehen.« Er stieß Lucio so hart zurück, dass er gegen die Wand prallte und dort zusammengesackt stehen blieb.
Saladin nahm wieder seine lockere Haltung ein und beobachtete den neuen Vampir. Der fühlte sich mehr als unwohl. Er konnte nicht normal stehen bleiben, sondern trat von einem Fuß auf den anderen.
Dabei duckte er sich, senkte auch den Kopf, hob die Schultern an und verlor sich in Gesten, die auf eine gewisse Verlegenheit hindeuteten, als wären ihm bestimmte Dinge peinlich.
Das war es nicht. Es ging um seine Gier. Er brauchte Blut, aber den Biss musste er zurückstellen, denn jetzt war er selbst zu einer Beute des Hypnotiseurs geworden.
Die Tür wurde aufgestoßen. Mit einem langen Schritt trat Dracula II über die Schwelle. Er brauchte nur einen Blick, um zufrieden zu sein, denn was er da sah, gefiel ihm.
»Er gehört jetzt zu uns.«
»Ja«, sagte Saladin, »aber ich hatte Mühe, ihn zu bändigen. Die Gier nach Blut war einfach zu stark.«
»Und weiter?«
»Nichts, Will, jetzt habe ich ihn unter Kontrolle.«
Mallmann nickte. »Hast du ihn schon auf seine große Aufgabe vorbereitet?«
»Nein, noch nicht. Mir blieb nicht die Zeit, aber ich werde es gleich tun.«
»Ja, tu es.« Mallmann schaute sich seinen neuen Artgenossen an, der zum Blutsauger geworden war. Vampire sehen schon schlimm aus, bei Lucio allerdings kam noch das normale Aussehen hinzu.
Schon davor waren viele Menschen zurückgezuckt.
Als er seinen Mund öffnete, die Zähne zeigte und seine Zunge vorschnellen ließ, sah er noch schlimmer aus. Wer ihn so sah, der musste einfach schreiend davonrennen.
Nicht so Saladin. Er würde ihn schon zu seinem Ziel bringen, das Mallmann und er sich gesetzt hatten.
Saladin öffnete die Tür.
»Komm mit!« befahl er.
Diesmal erlebte er keinen Widerstand. Lucio trat an seine Seite und verließ mit ihm zusammen das Haus.
»Blut! Ich will endlich Blut!«
»Keine Sorge, mein Freund, du bekommst es. Du kannst dich satt trinken, und es wird kein Tropfen vergeudet. Das verspreche ich dir.«
»Wo bekomme ich es?« Lucio zitterte und war kaum zu halten.
»Wo willst du denn hin?«
»Da wo man mich kennt.«
»Und wo ist das?«
»Dahin, wo du mich entführt hast.«
Saladin überlegte einen Moment. Der Plan war bisher gelungen. Es schadete auch nicht, wenn man ihn ein wenig abänderte, dann würde das Chaos umso größer werden.
»Ja«, flüsterte der Hypnotiseur und nickte. »So werden wir es machen. Ich werde dich von der Leine lassen. Du sollst das Chaos einläuten, und dann, wenn es so weit ist, wird sie auf der Bildfläche erscheinen und dabei in die Falle laufen.«
»Sie?« fragte Lucio und sprach bereits normal.
»Genau.«
»Wer ist das?«
»Eine schöne Frau. Sagen zumindest viele von ihr. Ich muss sie nur noch anrufen. Ich hätte auch bei ihr erscheinen können, aber das werde ich lassen.«
»Kenne ich sie?«
»Nein.«
»Wie heißt sie denn?«
»Justine Cavallo…«
***
Jane Collins hatte die Schritte nicht gehört, so leise war Justine Cavallo die Treppe zum ausgebauten Dachboden hochgegangen. Dort befand sich das Archiv der Detektivin, das sie von der verstorbenen Lady Sarah übernommen hatte.
Jane saß vor dem Computer und war damit beschäftigt, alles zu ordnen, was sie hier oben fand. Das waren Bücher und Filme, Kassetten, Zeitschriften, die sich mit bestimmten Themen beschäftigten und irgendwann mal wertvoll werden konnten. Wegwerfen wollte Jane nichts. Dafür nur einiges auflisten. Dabei half ihr ein Programm, aber sie hätte nie gedacht, dass es so lange dauern würde.
Und jetzt störte Justine Cavallo sie, was ihr überhaupt nicht gefiel.
»Was willst du?« Bei dieser Frage drehte sich Jane langsam um.
»Man hat mich kontaktiert.«
»Ach. Und wer?«
»Saladin.«
Jane Collins war plötzlich still, denn dieser Name hatte in ihrem Innern Alarmglocken anschlagen lassen. Sie verengte die Augen und fragte mit leiser Stimme: »Was will er?«
»Er hat mich eingeladen.«
»Wohin? In die Oper?« fragte Jane spöttisch.
»Nein.«
»Dann ist es mir egal.« Jane tat uninteressiert, obwohl sie innerlich gespannt war.
»Er lud mich dorthin ein, wo man sehr leicht an das Blut von Menschen
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