1502 - Am Abgrund zur Hölle
Gesicht. Danach senkte sie den Kopf und hob hilflos die Schultern. Sie war nicht mehr in der Lage, eine Antwort zu geben. Dafür trat Suko nahe an mich heran und flüsterte: »Ich denke, du hast recht. Diese Firma, die hier das Gelände einebnen will, zerstört damit etwas Uraltes, Mystisches und Magisches. Und das können die wahren Herrscher dieser Gegend nicht akzeptieren. Sie schlagen zurück. Earl Digger hat die Toten gesehen, die Skelette, aber auch andere Gestalten, und ich bleibe mit meinen Gedanken immer wieder bei dem Begriff Friedhof hängen. Ist es so unwahrscheinlich, wenn ich davon ausgehe, dass es sich um einen Friedhof handelt, der hier von Earl Digger freigelegt wurde? Denk mal darüber nach, John.«
»An welch einen Friedhof denkst du?«
Suko hob die Schultern und meinte dann: »Es könnte ein Druidenfriedhof gewesen sein.«
Für einen Moment stockten meine Gedanken. Es rieselte etwas kalt über meinen Rücken. Ja, das lag im Bereich des Möglichen. Ein alter Druidenfriedhof, dessen Totenruhe gestört worden war.
»Richtig, Suko. Und möglicherweise gibt es außerdem noch die Verbindung zu Aibon.«
»Du denkst an die grüne Farbe?«
»Ja. Schau dir das Gesicht unseres Freundes hier an. Er ist in den Bann der Banshee geraten, und es ist nicht schwer, sich vorzustellen, dass sie auf der Seite der Druiden steht und somit auch einen Kontakt zu Aibon hat.«
Mein Freund war einverstanden. »Dann können wir uns also auf Aibon einstellen.«
»Du sagst es.« Ich wurde noch präziser. »Aibon wehrt sich dagegen, dass es hier eine Veränderung gibt. Mit dem Kohleabbau hat man sich abgefunden, aber die neuerliche Veränderung ist etwas anderes, das schwöre ich dir. Die nehmen die Kräfte, die hier das eigentliche Sagen haben, nicht so einfach hin. Und mit dem Toten haben sie den Anfang gemacht. Er gehört nicht zu den Arbeitern, denke ich. Dann hätte man ihn längst identifiziert. Das muss ein anderer gewesen sein. Vielleicht ein Geologe, der das Land hier vermessen hat und deshalb in diesen Kreislauf hineingeriet. Die andere Seite hat sicher genau gewusst, was geschehen sollte. Es kann auch sein, dass der Mann auf die Banshee getroffen ist und die ihn in eine tödliche Falle gelockt hat. Ich schließe nichts mehr aus, Suko, gar nichts.«
Er atmete etwas gequält, und sein Gesicht nahm eine leicht ungesunde Farbe an.
»Da kann einiges zusammenlaufen«, sagte er mit leiser Stimme. »Die alte Rache. Warum auch nicht?«
»Eben. Und ich denke dabei an die Arbeiter, die hier das Gelände planieren sollen. Man kann den Männern keinen Vorwurf machen, sie tun nur ihren Job. Aber die andere Seite denkt wohl anders.« Ich machte eine kurze Pause und sprach dann weiter. »Bisher ist das, was wir erlebt haben, nur ein Vorgeplänkel gewesen. Die richtige Abrechnung wird noch kommen, und ich werde das verdammte Gefühl nicht los, dass sie dicht bevorsteht. Ob uns das nun passt oder nicht.«
»Dann werden wir etwas dagegen unternehmen.«
»Perfekt. Und was?« Ich hatte die Frage gestellt und meinte sie nicht so, weil ich dabei lächelte.
»Sag schon, John. Bestimmt liegen wir auf einer Linie.«
»Wir müssen dorthin, wo Earl hergekommen ist. Nur er kann uns den Weg zeigen. Ich rechne zudem damit, dass diese Nacht entscheidend ist. Die Vorbereitungen scheinen getroffen zu sein. Jetzt kann der große Racheplan anlaufen. Ich will auf keinen Fall, dass unschuldige Menschen ihr Leben verlieren. Deshalb müssen wir die Banshee finden und auch diesen Eingang zu Hölle - oder was immer er ist.«
»Ja, das ist schon okay«, sagte Suko. »Ich bin nur gespannt, was unser Freund Earl Digger dazu sagen wird.«
»Er muss mitkommen!«
In den vergangenen Minuten hatte sich Kate Digger zurückgehalten. Das änderte sich nun. Wir merkten es an ihrem Zusammenzucken. Sie zog die Schultern etwas hoch, und als sie uns anschaute, da war ihr Blick starr geworden.
»Sie - Sie - wollen Earl mitnehmen?«
Nur mit Mühe hatte sie die Frage aussprechen können.
»Das hatten wir tatsächlich vor.«
»Warum?«
»Weil wir nur über ihn unser Ziel erreichen können. Er ist als Spion oder was immer vorgeschickt worden. Vielleicht sollte er etwas vorbereiten oder…« Ich winkte ab. »Egal, langes Reden bringt nichts. Ich denke, dass es im Schutz der Dunkelheit losgeht, und bis die anbricht, möchte ich am Ziel sein.«
Kate wusste nicht mehr, was sie noch sagen sollte. Es war zu sehen, dass sie Angst hatte. Sie ging zurück und blieb
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