1504 - Mordgeschichten
dafür ausersehen.«
»Du hast das Feuer in diesem Kindergarten gelegt«, sagte ich mit leiser Stimme. »Es war dir egal, ob die Kinder verbrennen oder nicht…«
»Lies es nach, lies es nach!«, fuhr sie mich an. »Nicht alle sind verbrannt, aber vier Seelen…«
»… wird er nicht mehr bekommen, denn es wird keinen mehr geben, der hier Feuer legt.«
»Meinst du?«
»Ja, das meine ich.«
Sie lachte mir schrill ins Gesicht.
»Du wirst dich wundern«, flüsterte sie mit scharfer Stimme. »Du wirst dich wundern, was noch alles passieren wird.« Sie lachte wieder. »Die Bücher sind geschrieben. Eine Trilogie, und es wird auch noch ein viertes Buch geben, und dann wird die Welt nicht mehr so aussehen wie jetzt. Dann werden sich die Menschen in der Apokalypse der Hölle wiederfinden, und die andere Seite hat ihren endgültigen Sieg errungen.«
Ich musste einsehen, dass ich bei ihr keine Veränderung erreichen konnte. Ramona Gibbs stand noch zu stark unter dem Bann dieser Horrorgestalt, die es eigentlich nicht geben durfte. Aber darüber wollte ich jetzt nicht nachdenken. Sie war nur ein kleines, wenn auch gefährliches Rädchen in diesem Getriebe. Um das Grauen zu stoppen, musste ich die großen Räder umlegen.
Ich hörte hinter mir Schritte und Stimmen. Als ich mich umdrehte, sah ich Ed Hardy und drei seiner Männer kommen. Sie betraten den Raum, sie schnüffelten den Benzingeruch und hörten dann meine Stimme.
»Es ist alles im grünen Bereich.«
Ed Hardy lächelte. »Ich habe schon von Mr Conolly erfahren, was hier abgelaufen ist. Sie haben alles im Griff. Aber dass so etwas passieren konnte, kann ich nicht fassen.«
»Nehmen Sie es einfach hin.«
»Das sagen Sie so leicht.«
»Es ist besser, glauben Sie mir. Es hat für Sie keinen Sinn, sich darüber tiefschürfende Gedanken zu machen. Das ist und bleibt allein unsere Sache.«
»Und was ist mit ihr?«, flüsterte er.
»Nehmen Sie Ramona mit. Es wird noch mit ihr zu reden sein, nur nicht heute.«
»Gehen Sie dem Fall nach?«
»Das wird meine erste Aufgabe sein.«
»Und weiter?«
Ich winkte ab. »Es ist einzig und allein unsere Sache. Sie wissen, wer ich bin, Mr Hardy, und ich wiederhole noch einmal, dass es genau richtig gewesen ist, mir oder unserer Abteilung Bescheid zu geben. Was hier abgelaufen ist, das kann man nicht mit normalen Augen sehen. Daran müssen Sie sich gewöhnen, so leid es mir tut.«
»Okay.« Ed Hardy gab seinen Männern ein Zeichen, damit sie sich um Ramona kümmerten. Meine Handschellen bekam ich zurück. Ihr wurde ein anderes Paar angelegt.
»Wie sieht es mit dem Feuer aus?«, fragte ich.
»Der Brand ist gelöscht.«
»Sehr gut.«
»Aber ich stehe noch immer mit zwei Beinen im Leeren, Mr Sinclair. Wie ist es möglich, dass sich eine Erzieherin so radikal verändern kann? Das verstehe ich nicht.«
»Es ist schwer, das muss ich zugeben, Mr Hardy. Aber Fälle dieser Art zu lösen ist meine Aufgabe. Sie glauben gar nicht, was es für Dinge gibt, die für einen normalen Menschen nicht zu begreifen sind.«
»Ja, das nehme ich Ihnen ab.«
Ich schlug ihm auf die Schulter. »Wir werden weiterhin in Verbindung bleiben, Mr Hardy.«
»Das hoffe ich doch.«
»Verlassen Sie sich darauf.«
Bevor ich den Raum verließ, warf ich der Frau noch einen letzten Blick zu. Sie bemerkte es, gab den Blick zurück, und in ihren Augen las ich, dass sie nichts, aber auch gar nichts bereute. Sie war noch immer dieses bösartige Wesen, das einen völlig anderen Weg eingeschlagen hatte und ihn freiwillig nicht mehr verlassen würde.
Bill Conolly wartete vor dem Haus auf mich. Er hatte sich mittlerweile mit weiteren Informationen versorgt, und so erfuhr ich von ihm, dass kein Kind schwer verletzt worden war. Einige hatten unter dem Rauch zu leiden gehabt. Sie wurden in einem nahen Krankenhaus ärztlich betreut.
Ein Trakt stand noch. Der andere war nicht mehr zu retten gewesen.
Man musste ihn wieder völlig neu aufbauen. Ich sah nur Trümmer und roch den kalten Rauch, der so schnell nicht verschwinden würde.
Als Bill mich anschaute, wusste ich sofort, was ihn bedrückte. »Du willst mich fragen, wie es weitergeht?«
»Genau das.«
»Ich muss einen anderen Weg einschlagen. Aber das werde ich noch mit Sir James und Suko bereden.«
»Ihr wollt nach Irland?«
»Darauf wird es hinauslaufen. Um den bösen Engel Aaron zu fassen, müssen wir an den Autor der Bücher ran. Er ist für mich im Moment die wichtigste Person.«
Bill verzog den Mund.
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