1507 - Das Blut-Juwel
spürte, die auf ihrer Haut lag.
Woher kam sie?
Im Zimmer war es nicht kalt. Es musste an ihrem inneren Zustand liegen und an dem, was sie träumte. Eine Antwort konnte ich nur bekommen, wenn ich sie wecken würde, und genau das wollte ich nicht riskieren. Es war nur wichtig, dass ich in ihrer Nähe blieb.
Sehr bedacht und behutsam zog ich mich wieder von ihrem Bett zurück und verließ das Zimmer. Nahe der Tür blieb ich stehen.
Ich war kein Hellseher, aber ich glaubte daran, dass es nicht alles war, was in dieser Nacht passiert war. Für mich war die Kälte des Körpers und auch das Zucken der Lippen und der Haut so etwas wie ein Vorbote von nachfolgenden Ereignissen.
Ich wartete die nächsten Minuten ab und musste erkennen, dass nichts anderes eintrat. Purdy Prentiss schlief weiter. Sie gab die normalen Laute von sich. Ich hörte kein Schnarchen und auch kein Aussetzen der Atemzüge.
Mit diesem relativ beruhigenden Eindruck zog ich mich zurück ins Wohnzimmer, in dem es keine Veränderung gab. Auch die Temperatur war gleich geblieben. Es war nicht kälter geworden, wie ich es schon öfter erlebt hatte. Das konnte durchaus so sein, wenn plötzlich das Böse erschien, in welcher Gestalt auch immer.
Aber die Stille, die ich hier erlebte, war möglicherweise nur die Ruhe vor dem Sturm.
Meine eigene Müdigkeit war wie weggeblasen. Ich war sicher, auch noch die folgenden Stunden durchzuhalten. Als ich auf die Uhr schaute, stellte ich fest, dass nicht viel Zeit vergangen war. Knapp eine halbe Stunde nach dem Anruf bei Jane Collins.
Als Ort, um alles recht gut im Auge zu behalten, eignete sich der Flur.
Ich nahm mir einen Stuhl und stellte ihn an einen zentralen Platz. So schaute ich zum Schlafzimmer hin, aber auch zum Wohnzimmer und zum Arbeitszimmer, dessen Tür ebenfalls nicht geschlossen war. Ungesehen würde sich kein Mensch in die Wohnung schleichen können.
Auf einem Stuhl zu hocken und zu warten ist kein Vergnügen. Ich für meinen Teil ging davon aus, dass es nicht lange dauern würde.
Irgendwann würde Purdy erwachen, wenn ihre Träume zu intensiv wurden und sie sich der Wahrheitsgrenze näherten.
Sie schlief weiterhin recht ruhig, was meine Wachsamkeit nicht schmälerte.
Das war gut so, denn plötzlich hörte ich, dass ihre Atemzüge unterbrochen wurden.
Nichts mehr - Stille!
Dafür war ich hellwach!
Aber ich ließ mir trotzdem Zeit und drückte mich möglichst leise von meinem Stuhl hoch. Davor blieb ich zunächst stehen und lauschte weiter. Tatsächlich, die ruhigen Atemgeräusche gab es nicht mehr.
Das war für mich so etwas wie eine Vorwarnung. Ich rückte den Stuhl ein wenig zur Seite, damit er nicht im Weg stand, wenn es plötzlich eilig wurde.
Die Stille blieb bestehen. Erneut versuchte ich, mich so leise wie möglich zu bewegen. Selbst das Scheuern der Kleidung störte mich. Dann schob ich mich durch die offene Tür über die Schwelle ins Schlafzimmer hinein, wo Purdy Prentiss noch immer ruhig im Bett lag. Ich hätte ihre Atemzüge hören müssen, was jedoch nicht der Fall war. Still blieb sie aber nicht, denn etwas anderes passierte.
Da war die Stimme.
Ihre Stimme!
Sie klang trotzdem fremd, weil sie so tief war. Man hätte meinen können, dass eine andere Person gesprochen hätte, doch ich sah niemanden.
Ich blieb neben dem Bett stehen.
Purdy hatte ihre Lage nicht verändert. Nach wie vor lag sie auf dem Rücken, aber etwas hatte sich bei ihr doch verändert.
Im Raum brannte so etwas Ähnliches wie eine Notbeleuchtung. Das schwache Licht traf auch das Gesicht der Staatsanwältin, und dort sah ich etwas, das mir zuvor nicht aufgefallen war.
Schweiß bedeckte ihr Gesicht!
Er bestand aus zahlreichen kleinen Perlen, die dicht beisammen lagen.
Sogar die Form der Lippen war durch die Reihe der Perlen nachgezeichnet worden.
Was war mit ihr los? Erlebte sie die Träume jetzt noch intensiver? Waren sie schlimmer geworden? Hatte der Alb gewisse Urängste in ihr geweckt und hoch gespült?
Etwas fiel mir sofort auf. Purdy Prentiss schlief zwar noch, aber ihre Augen standen offen. Oder konnte man dabei nicht von einem Schlafen sprechen? War sie in einen anderen Zustand gefallen? In eine Art Trance, aus der sie sich aus eigener Kraft nicht befreien konnte?
Ich wusste es nicht. Ich wünschte ihr nur, dass es nicht zu schlimm wurde, und legte ihre linke Hand zwischen meine beiden Handflächen.
Ich wollte sie wärmen, aber nicht die Haut war kalt geworden, sondern der Schweiß, der auch
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