1507 - Das Blut-Juwel
ihre Hand bedeckte.
Es veränderte sich etwas. Ob es durch das Greifen meiner Hände geschehen war, wusste ich nicht zu sagen. Da konnte einiges zusammengekommen sein, was sich in ihrem Innern abspielte. Es war auch möglich, dass sich Purdy Prentiss in diesem Zustand wieder an ihre erste Existenz in Atlantis erinnerte.
Kehlig klingende Laute warnten mich. Sie wurden durch ein Röcheln begleitet, das ebenfalls tief in ihrer Kehle seinen Ursprung hatte. Aber was wollte sie mir sagen?
Nichts, gar nichts. Zumindest nichts in meiner Sprache. Die Laute hatten sich schon in Worte umgewandelt, aber so sehr ich mich auch anstrengte, ich verstand sie nicht.
Sollte ich sie ansprechen? Vielleicht aus ihrem Tiefschlaf reißen? Es wäre eine Möglichkeit gewesen, aber es hätte auch ins Auge gehen und bei ihr etwas zurücklassen können.
Schlagartig verstummte sie.
Ich saß wie versteinert.
»Purdy…?« Diesmal musste ich den Namen einfach aussprechen, auch wenn ich nur geflüstert hatte.
Es reichte aus, denn Purdy Prentiss reagierte, und ich atmete in diesem Augenblick auf. Sie schaute mich plötzlich an, und ich wollte erneut etwas sagen, aber da blieben mir die Worte im Hals stecken.
»John…«
»Ja, ich bin bei dir. Wie versprochen.«
Purdy richtete sich nicht auf. Nur ihr Blick nahm etwas Fremdes an, und mit diesem Ausdruck schaute sie sich auch um. Sie schien sich in ihrem eigenen Zimmer überhaupt nicht zurechtzufinden, und dann drückte sie selbst meine Hand.
»Du hast geschlafen«, sagte ich leise.
»Nicht nur das. Ich habe auch geträumt.«
»War es schlimm?«
Sie musste nachdenken. Dann erst konnte sie die Antwort geben. »Ja, John, es ist schlimm gewesen. Sehr schlimm. Eine Reise in die Hölle, und ich habe ihn gesehen.«
»Wen?«
»Einen Geist, ein Scheusal. Er war mir so nahe, so schrecklich nahe. Er hat mich auch angefasst, und dann habe ich meinen Ring gesehen.«
»Wo?«
»Bei ihm. An seiner Hand…«
»Und was geschah dann?«
»Er war mir so schrecklich nahe. Er hat von einer Verbindung zwischen uns gesprochen. Das Scheusal und ich sind keine Feinde. Er hat gesagt, dass ich ihm gehöre. Ich hätte ihm nichts antun dürfen. Er hat auch vom gleichen Blut gesprochen.«
»Und seine Stimme Purdy? Hast du sie erkannt?«
Sie überlegte nicht lange. »Ja, das habe ich. Ich habe sie oft genug gehört.«
»Wo?« Ich stellte die Frage, obwohl ich die Antwort schon kannte.
»Im Gericht. Während der Verhandlungen. Es war die Stimme des verdammten Mörders. Arnos Price hat zu mir gesprochen und nicht das Scheusal. Er ist es und es ist er.«
Purdy war wieder voll da. Die Wirklichkeit hatte sie wieder, denn jetzt konnte sie Realität und Traum gut auseinanderhalten.
Ich wollte sie beruhigen und sagte: »Okay, Purdy, du musst daran denken, dass dieses Scheusal bisher nur ein Traum gewesen ist.«
»Keine Wahrheit?«
Es war eine Frage, die ich ihr nur ungern beantwortete. Wie oft hatte ich erlebt, dass solch schlimme Dinge leicht zur Realität werden konnten.
Ich suchte noch nach einer plausiblen Ausrede, aber Purdy kam mir zuvor.
»Bitte, ich weiß, John, dass auch so unterschiedliche Dinge zusammenpassen. Wir kennen uns lange genug. Dieser verdammte Ring hat mich in eine tödliehe Gefahr gebracht. Rede nicht um den heißen Brei herum, ich weiß es, und wahrscheinlich muss ich mir den Finger amputieren lassen, um dieses Blut-Juwel loszuwerden.«
Es war eine furchtbare Vorstellung, auf die ich nicht weiter einging. Ich empfand es sowieso als schlimm, dass sich die Staatsanwältin mit dem Gedanken einer Amputation beschäftigte. Das bewies auch, wie realistisch sie dachte.
»Nein, Purdy, das wird nicht passieren. Wir beide werden den Killer stellen oder wer immer sich auch dahinter verbirgt.«
»Ein wahr gewordener Albtraum.« Sie senkte den Blick und schüttelte den Kopf. »Es ist kaum zu glauben, aber man muss sich damit abfinden. Ich habe ihn gesehen. So verdammt überdeutlich. Ich kann ihn dir beschreiben, John. Ein monströses Gebilde, ein Mensch würde ich normalerweise sagen, aber das war er nicht. Er war ein Monster mit einer grünlichen und auch hellen Haut. Einfach abstoßend.« Sie griff jetzt nach meiner Hand, bevor sie weitersprach, und dabei senkte sie ihre Stimme. »Ich habe ihn sogar gerochen. Ja, das stimmt. Ich nahm seinen Geruch auf, und über den möchte ich erst gar nicht nachdenken. Der war einfach unbeschreiblich eklig. Es schüttelt mich jetzt noch.« Sie wischte über
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