1507 - Das Blut-Juwel
den nächsten Sekunden blieb alles gleich, bis Purdy Prentiss sich bewegte und ihre Sitzhaltung verließ. Sie warf sich nach vorn, lag auf dem Bauch, und dann zuckte sie immer wieder zusammen. Es war die Reaktion auf einen bestimmten Vorgang.
Nur jemand, der Schläge - womöglich mit der Peitsche - bekam, reagierte so wie sie. Pur dy jammerte.
Ich stand da wie ein Idiot und wusste nicht, was ich unternehmen sollte.
Aber Purdys Zucken hörte nicht auf, und so entschloss ich mich, mich auf Purdy zu werfen, um sie mit meinem Körper vor den Schlägen zu schützen.
Ich spürte nichts. Ich blieb liegen und erlebte nicht mal die Aura aus dem Unsichtbaren. Dieser Albtraum war offenbar für einen normalen Menschen nicht sieht-und auch nicht spürbar.
Es gab keine Stimme, die ich hörte, es gab nichts, nachdem ich fassen konnte. Es gab nur Purdy Prentiss unter mir, die sich allmählich beruhigte, sodass ich es riskierte, ihr eine Frage zu stellen.
»Ist er noch da?«
Sie holte tief Luft und sagte mit leiser Stimme: »Ich spüre ihn nicht mehr. Ich glaube, er ist weg.«
»Wirklich?«
»Ja. Lass mich.«
»Okay.« Ich rückte von ihr ab und gab ihr so Gelegenheit, sich wieder aufzusetzen.
Sie stemmte sich hoch. Auf Händen und Knien blieb sie hocken. Die Haare klebten auf ihrem Kopf. Die Haut war durch den Schweiß glitschig geworden.
Nur sehr behutsam nahm sie eine normale Sitzposition ein. Ich sah die erste Spur einer Erleichterung in ihrem Gesicht, aber zugleich auch die Bewegung der Augen, denn sie suchte nach ihrem Peiniger.
»Ich sehe ihn nicht mehr«, flüsterte sie.
Das war der Augenblick, an dem auch mir ein Stein vom Herzen fiel…
***
Ich hatte etwas getan, was bei mir äußerst selten vorkommt und was eigentlich eine Domäne einer gewissen Glenda Perkins war.
Ich war in die Küche gegangen und hatte Kaffee gekocht. Auch Purdy Prentiss war nicht länger im Schlafzimmer geblieben. Sie hatte sich ins Wohnzimmer begeben, und dorthin brachte ich auch den Kaffee.
Die Staatsanwältin sah schon etwas erholter aus. Aber sie machte auch einen nachdenklichen Eindruck. Sie schien sich entschlossen zu haben, nicht aufzugeben und stattdessen zu kämpfen. Etwas anderes hätte ich von ihr auch nicht erwartet.
Müde war keiner von uns. Das heiße Getränk würde uns einen zusätzlichen Schub geben. Wenn ich Purdy anschaute, dann sah ich stets auf den Ring. Er war einfach nicht zu übersehen. Sie hätte wer weiß was darum gegeben, ihn abstreifen zu können. Im Moment war das unmöglich, aber wir würden schon noch eine Gelegenheit finden, den Finger von ihm zu befreien.
Sie lächelte mich an, als sie die ersten Schlucke getrunken hatte. »Gut gekocht, John.«
»Tja, ich scheine von Glenda gelernt zu haben.«
»Bestimmt. So etwas färbt ab.«
Auch ich trank und musste mich selbst loben. Schlecht war das Gebräu wirklich nicht. Jedenfalls war ich froh, dass Purdy nichts Schlimmes geschehen war. Wie es in ihrem Innern aussah, wusste ich nicht. Da hatte sie schon zu leiden gehabt, das stand fest.
Ich stellte meine Tasse ab und fragte: »Wie geht es dir?«
Purdy lächelte. »Ich lebe.«
»Das sehe ich. Und sonst?« Sie hob die Schultern. »Es war nicht leicht, John, aber ich habe es schließlich überstanden.«
»Aber du hast ihn gesehen - oder?«
»Natürlich. Er sah schlimm aus. Ich habe nicht umsonst von einem Scheusal gesprochen. Er kam über mich, und ich war in meinem Körper gefangen. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Ich war nicht mehr die Person, die ich normalerweise bin.«
»Und worum ging es genau? Er hat doch etwas von dir gewollt. Die Vererbung des Rings war nur der Anfang, denke ich.«
»Atlantis!«, sagte sie. »Es ging ihm einzig und allein um Atlantis. Auch heute hoch.«
»Dann muss er dich schon dort gekannt haben.«
»Klar.«
»Hast du ihn auch erkannt?«
Sie legte den Kopf zurück und schaute zur Zimmerdecke. »Während du Kaffee gekocht hast, ist mir alles noch mal durch den Kopf gegangen. Ich habe überlegt, ich habe gegrübelt, aber ich bin zu keiner Lösung gekommen. Ich kann mich nicht erinnern, einem wie ihm in Atlantis begegnet zu sein.«
»Und wie beschreibst du ihn?«
»Ein Scheusal, John. Okay, ich weiß, dass dir das zu wenig ist, aber so ist es nun mal. Er war eingehüllt in eine Kutte. Eine widerlich fleckige Haut. Ich sah grüne Stellen und auch wieder hellere, aber nicht in der normalen Farbe der Haut. Die Flecken sahen aus, als wären sie durch Kerzenschein
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