1507 - Das Blut-Juwel
noch die Schlüssel des Wachpersonals ihre Pflicht.
Wir brauchten nicht in eine der beiden oberen Etagen zu gehen, erfuhren allerdings, dass Price in einer Einzelzelle untergebracht war.
»Liegt das an der Schwere seiner Taten?«, fragte ich.
»Ja.«
Wir passierten noch zwei Türen, dann wurde uns die Zellentür aufgeschlossen.
»Wir fühlst du dich?«, flüsterte ich Purdy zu.
»Angespannt.«
»Ich auch. Aber wir schaffen es schon.«
»Das hoffe ich.«
Die beiden Wärter würden vor der Tür stehen bleiben. Zunächst mal musste sie geöffnet werden, und so konnten wir in die Einzelzelle schauen, die einem in die Länge gezogenen Schuhkarton glich.
Unsere Blicke fielen sofort auf den Gefangenen, der vor dem Fenster stand und den Kopf in den Nacken gelegt hatte. Allerdings drehte er uns den Rücken zu.
Ein Bett, ein Toilettenbecken, ein Regal, ein kleiner Tisch, auf dem nichts stand. Wie geleckt wirkte der Raum, dessen Wände auch von keinem Bild geschmückt wurden. Es gab überhaupt nichts Persönliches, was mit dem Gefangenen in Verbindung gebracht werden konnte.
Hinter uns wurde die Tür wieder geschlossen. Es ging nicht geräuschlos ab, und dieser Laut sorgte für eine Bewegung bei dem Gefangenen. Er drehte sich langsam um, er lächelte, deutete eine Verbeugung an und sagte: »Willkommen in meinem neuen Heim. Hätten Sie gedacht, dass wir uns so schnell wiedersehen würden, Frau Staatsanwältin…?«
Aus den Begrüßungsworten hatte der reine Hohn gesprochen. Er musste auch nicht mehr sagen, um von mir richtig eingeschätzt zu werden.
Dieser Mensch hatte sich nicht aufgegeben, und er bereute auch keine seiner Taten.
Wieder verbeugte er sich und erkundigte sich mit süffisanter Stimme, ob wir nicht Platz nehmen wollten.
»Es besteht zwar keine große Auswahl, aber was soll man machen?«
Wir gaben ihm keine Antwort und bewegten uns auch nicht. Die Zeit benötigte ich auch, um ihn in Ruhe zu betrachten.
Wie sehen Mörder aus?
Bestimmt nicht, wie man sie sich landläufig vorstellt. So eine Mischung aus Frankenstein und Hexe.
Arnos Price war recht klein. Dafür extrem breit in den Schultern. Er hatte ein flaches Gesicht mit einer hohen Stirn. Auf der blassen Haut waren die Brauen kaum zu erkennen. Mir fiel auch der breite Mund mit den schmalen Lippen auf. Das Kinn darunter fiel etwas ab, und es war auch ein sehniger Hals zu sehen. In seiner grauen Anstaltskleidung wirkte er wie jemand, der in der Masse leicht zu übersehen war.
Wer allerdings bei einer Begegnung in seine Augen schaute und sich etwas auskannte, der wurde schon eines Besseren belehrt. Sie waren da, mehr auch nicht. Von einem Ausdruck darin konnte nicht die Rede sein. Wie gesagt, sie waren nur da, und damit hatte es sich. Gefühle konnte man aus ihnen beim besten Willen nicht herauslesen.
»Genug gestarrt?«, fragte er. Seine Stimme klang ebenfalls neutral. Sie fiel nicht auf. Weder angenehm noch unangenehm. Auch sie war einfach nur vorhanden.
»Ich denke schon«, erwiderte ich.
»Wunderbar. Schön, dass ihr bei mir seid. Ich denke, dass sich meine Freundin, die großartige Purdy, gar nicht mehr so wohl fühlt wie nach dem Verlesen des Urteils. Sie hat sogar Verstärkung mitgebracht.« Er nickte mir zu. »Wer bist du, Meister?«
»Ein Freund.«
»Oh, das dachte ich mir. Und weiter?«
»Ich bin jemand, der sich auskennt. Der zum Beispiel etwas über Atlantis weiß.«
Dass dieses Thema so schnell angesprochen worden war, wunderte ihn wohl. Er verengte für einen Moment die Augen und flüsterte dabei: »Ist das alles, oder geht es noch weiter?«
»Ja, es geht noch weiter.« Diesmal sprach Purdy Prentiss. »John Sinclair will sich zusammen mit mir für das Geschenk bedanken.«
»He…«, der Killer lachte, »… das finde ich stark. Das ist sogar wunderbar.« Er rieb seine Hände. »Ich habe sofort gesehen, dass du den Ring an deiner Hand trägst. Das ist perfekt. Du wirst ihn auch nicht los. Der Ring verbindet dich und mich.« Er fing an zu kichern. »Weißt du, das ist wie in der Ehe. Er schweißt uns zusammen. Da gibt es nichts, was uns hoch trennen kann. Ich will dir ehrlich sagen, dass du diese Verbindung nicht aufheben kannst. Nein, nein, du nicht, und deshalb werden wir noch viel Spaß miteinander haben. Ich denke, dass dir der Ring schon eine neue Welt eröffnet hat.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Bitte.« Arnos Price winkte ab, bevor er sich umdrehte und sich auf sein Bett fallen ließ. Er zeigte uns, wie wohl er sich
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