1511 - Der letzte Engel
er von Lucy kannte.
Es war vertauscht worden. Das Menschliche hatte für etwas anderes Platz machen müssen, und das war genau die Fratze, die Suko von Grund auf hasste.
Er hatte sie auf den Körpern der Hexen abgebildet gesehen. In diesem Fall war sie keine Zeichnung, sondern verdammt echt. Ja, echt und widerlich, denn das Gesicht war zu einem Dreieck deformiert, um dem des Teufels so ähnlich wie möglich zu sehen. Eine dreieckige Fratze, nass und mit Augen versehen, die sich wie kleine Leuchtkugeln aus den Höhlen schoben.
Suko spürte die Enge in seiner Kehle. Die Teufelsfratze sah aus wie über den normalen Kopf gestülpt. In ihrer unteren Hälfte tat sich ein großes Maul auf. Es stand auch weiterhin offen, und Suko hörte, als die Gestalt einige Schritte auf ihn zuging, einen fauchenden Laut, der in irgendwelchen düsteren Tiefen geboren wurde.
Justine hatte ihre Sprache wiedergefunden.
»He«, rief sie, »ist das der Teufel?«
»Nicht ganz«, sagte Suko.
Die blonde Bestie kicherte. »Ich habe sie schon gesehen. War echt stark. Sie schwamm im Brunnen herum, aber ich frage mich wirklich, was das alles soll.«
»Sie will mich!«
»Warum?«
»Weil der Teufel mich will. So einfach ist das. Und weil ich dafür gesorgt habe, dass sie keine Unterstützung mehr hat.«
»Ach ja, die vier da vorn.«
»Genau.«
Justine rieb ihre Hände. »Wenn du mich fragst, würde mir ihr Blut auch nicht schmecken.«
»Willst du es ihr aus den Knochen saugen?«
Sie lachte. »Stark, Suko, echt stark. Kann mir direkt gefallen. Keine Angst, ich bin kein Knochenbeißer und die verdammte Fratze interessiert mich auch nicht.«
»Okay, dann übernehme ich sie.«
»Gern.«
Suko wusste genau, wie er handeln musste. Er hatte die mächtige Peitsche gegen die anderen vier Hexen eingesetzt und würde auch ihre Anführerin damit vernichten. Das traute er der Peitsche zu, auch wenn Lucy sicherlich mehr von der Kraft des Teufels beeinflusst war als ihre Freundinnen. Sie würde auch dementsprechend stärker sein.
Justine trat zur Seite, nachdem sie eine leichte Verbeugung angedeutet hatte. »Du hast freie Bahn, mein Freund. Tu, was du nicht lassen kannst. Ich drücke dir die Daumen. Solche Typen mag ich auch nicht. Besonders dann nicht, wenn sie blutleer sind.«
Suko ließ die Cavallo reden. Die Peitsche war schlagbereit. Er hielt sie locker in der rechten Hand.
Lucy kam.
Sie ging staksig. Es sah schon lächerlich aus, wie sie ihre Knochenbeine bewegte. Es war wirklich nichts mehr von ihrem ehemaligen Gesicht zu sehen. Die ölige Masse hatte es zerfressen und verändert, damit sie die hässliche Fratze des Teufels in die Welt hinaus transportieren konnte.
Die Macht des Bösen hatte sich da wieder den Menschen angepasst und die Frau so aussehen lassen, wie sich die Menschen den Teufel vorstellten, und das über Jahrhunderte hinweg.
Suko nahm den Blick nicht von der Fratze dieser widerlichen Gestalt.
Justine wollte, dass er zuschlug, und sie feuerte ihn an, indem sie in die Hände klatschte.
Suko bewegte sich. Er konnte sich dank seines Trainings so schnell bewegen, dass er sich praktisch in einen Schatten verwandelte, aus dem heraus sich die drei Riemen lösten und ihren Weg nach vorn fanden. Die Riemen trafen genau dort, wo Suko es gewollt hatte.
Er hatte den Schlag leicht schräg angesetzt, um auch sicher sein zu können. Die richtige Höhe war ebenfalls vorhanden, und dann hörte er das berühmte Klatschen.
Die drei Peitschenriemen hatten sich um den Teufelskopf der Gestalt gewickelt und sich dort regelrecht festgezurrt. Suko zerrte noch daran, während er zugleich einen Schritt zur Seite ging, sodass er die Gestalt mitriss.
Sie konnte sich nicht mehr auf den Knochenbeinen halten. Sie taumelte nach vorn, und dabei zerrte Suko durch eine Gegenbewegung die Riemen von ihrem Ziel weg.
Lucy torkelte weiter.
Nur noch zwei Schritte kam sie weit. Da erwischte es sie. Es passierte genau das, worauf Suko gesetzt hatte. Die Kraft der Peitsche war der der Hölle überlegen.
Der Teufelskopf wurde regelrecht zerfetzt. Kleine Teile flogen nach allen Seiten. Das alte Fleisch der Hölle vermischte sich mit helleren Knochen, die trotz allem noch vorhanden waren, und die Reste landeten auf dem Boden. Dabei glühten sie auf.
Alle erlebten dieses innere Brennen und sahen, dass vom Schädel nur Asche zurückblieb. Der Torso aus Knochen brach zusammen, löste sich ebenfalls auf und blieb als Rest liegen, der aussah wie ein kleiner
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