1511 - Der letzte Engel
getroffen, wenn er…«
»Lass das Reden, John. Nur Taten zählen.«
»Das meine ich auch.« Ich lächelte ihn an. »Aber welche? Was hast du jetzt vor?«
»Liebst du Überraschungen?«
»Nur Weihnachten.«
»Dann wird für dich in der heutigen Nacht bestimmt Weihnachten sein…«
***
Justine Cavallo stieg nur sehr langsam aus der heißen Brühe in die Höhe und behielt ihr Lächeln bei.
Suko sagte kein Wort. Er schaute sie sich sehr genau an und suchte zudem nach verbrannten Stellen in ihrem Gesicht, die er allerdings nicht fand.
Und doch zeigte sich die Haut irgendwie verändert. Sie wies nicht mehr diese absolut bleiche Farbe auf. An bestimmten Stellen zeigte sie einige rötliche Flecken. Allerdings nur sehr schwach. So wie sie sah auch die Haut eines Ferkels Justine umfasste mit ihren Händen den Rand, grinste weiter und stemmte sich aus dem Kessel. Das klebrige Zeug rann nicht nur an ihrer Kleidung entlang, sondern auch aus den blonden Haaren, wobei auch das Gesicht nicht verschont blieb.
Suko trat einen Schritt zurück, damit Justine den nötigen Platz erhielt, um aus dem Brunnen zu steigen. Das tat sie auch, nur entgegen ihrer sonstigen Art, denn sie bewegte sich sehr langsam und dabei gezielt.
Die träge Flüssigkeit war noch immer heiß. Und auch die Cavallo hatte diese Hitze eingefangen. Das merkte Suko, als sie gegen ihn strömte.
Justine wischte nicht über ihr Gesicht. Sie ließ das Zeug daran, aber sie lächelte weiter, als hätte es ihr wahnsinnigen Spaß bereitet, in dieser Brühe zu baden.
»Ich sehe dir an, dass du verdammt viele Fragen hast, Suko.«
Der Inspektor hob die Schultern. »Fragen schon, aber nicht unbedingt viele.«
»Und?«
»Wie war die Reise?«
»Sehr aufschlussreich.«
»Und wo führte sie hin? In die Hölle?«
»Fast, aber ich kann dir sagen, dass ich den Mächten dort nicht willkommen war. Sie mögen einfach keine Personen, die keine Seele haben. Denn wer in den Brunnen gesteckt wurde, dessen Seele war eine Beute für den Teufel. So einfach ist das.«
»Nur bei dir nicht.«
»Genau.«
»Konnte man sonst mit dir etwas anfangen?«
»Nein, ich war nicht wichtig. Wer immer da unten lauerte, welche Kraft es auch war, hat gespürt, dass ihre Dienerinnen in dieser Welt hier einen schweren Stand haben. Und das hat wohl an dir gelegen, wenn ich sie mir so anschaue. In ihrem Blut floss das der Hexen, der Hölle, wie auch immer, und sie sollten für immer an dieses Reich gekettet werden. Das ist nun gelaufen. Du hast dafür gesorgt, und deshalb stieß man sie auch zurück. Klar?«
Es war Suko klar. Er wollte trotzdem Gewissheit haben. »Hast du damit diese Lucy gemeint?«
»Genau die.«
»Und weiter?«
»Willst du sie sehen?«
»Sie ist noch da?«
»Der Brunnen will sie nicht mehr haben, und damit auch nicht der Teufel. Er meint, dass sie hier in dieser Welt besser aufgehoben ist. Er hat sie bestraft, nicht vernichtet, nur ein wenig verändert, wie du gleich sehen wirst, denn soviel ich weiß, befindet sie sich ebenfalls auf dem Weg hierher.«
»Dann hol sie!«
Justine lachte. Sie hatte ihren Spaß und sagte: »Es ist ein wunderbarer Fall. Ich hätte nie gedacht, dass meine Existenz so interessant sein würde.«
Darauf gab Suko keine Antwort. Er hörte, dass sich die träge Flüssigkeit innerhalb des Kessels wieder bewegte. Durch den Druck aus der Tiefe entstanden die ersten Wellen, die gegen die Ränder schwappten. Noch blieb der Grund dem Inspektor verborgen. Doch wenige Augenblicke später fiel ihm die Bewegung dicht unterhalb der Oberfläche auf. Ob es ein Gesicht oder ein Körper war, blieb ihm noch verborgen, doch es musste Lucy sein, denn welchen aus.
Grund sollte Justine gehabt haben, ihn anzulügen?
Es war Lucy, die ihren Kopf aus dem schleimigen Zeug drückte und selbst Suko, der schon viel Schreckliches gesehen hatte, einen Schreck einjagte…
Wenn alles zutraf, dann hatten die Kräfte der Hölle die Hexe Lucy grausam bestraft. Da konnten ihre Freundinnen von Glück sagen, nur von der Dämonenpeitsche getroffen worden zu sein.
Sie hatte noch ein Gesicht, nur keinen normalen Körper mehr. Es war mehr ein Skelett, abgesehen von letzten Hautfetzen, die noch an diesen Knochen klebten. Auch sie waren noch mit der klebrigen Flüssigkeit benetzt. Sie rutschte nun langsam an den Knochen hinab, als Lucy aus dem Kessel stieg.
Suko konzentrierte sich nur noch auf das Gesicht, das eigentlich keines mehr war. Zumindest gab es keine Ähnlichkeit mit dem, das
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