1512 - Der Höllenpunk
Antwort gegeben und dachte zugleich an einen Test, den ich schon so oft durchgeführt hatte.
Das Kreuz hing nicht mehr vor meiner Brust, weil ich es wie üblich in die Tasche gesteckt hatte, um es schnell greifen zu können.
Ich holte es so hervor, dass Pete nichts davon sah. Ich krümmte die Hand, sodass das Kreuz vom Handrücken verdeckt wurde.
Als ich dichter vor ihm stand, gelang mir auch ein besserer Blick in seine Augen. Darin spiegelten sich keine Flammenzungen, das Feuer zeigte sich nicht, aber die Hitze war da, denn ich glaubte Leila aufs Wort.
Und ich machte den Test.
Mit der linken Hand umfasste ich sein Gelenk. Es war nur eine kurze und schwache Berührung, aber ich merkte sofort, was mit ihm los war.
Heiß!
Hätte ich ihn länger angefasst, wäre meine Hand unter Umständen verbrannt worden. Deshalb zog ich sie so schnell wie möglich zurück und hörte dabei einen Laut, der aus Petes Mund drang. Ob er mich hatte ansprechen wollen, wusste ich nicht, denn in diesem Moment drückte ich meine rechte Hand mit dem Kreuz gegen seine Brust.
Es passierte innerhalb einer winzigen Zeitspanne. Er riss den Mund auf.
Ich hörte das Fauchen und zugleich den Schrei, und es passierte das, was Leila und mir einen Schauer über den Rücken jagte. Pete begann zu brennen!
***
Es war vielleicht die berühmte Sekunde, die nötig war, um das Feuer richtig zu entfachen. Obwohl er Kleidung trug, brach es sich Bahn, denn die kleinen Flammen jagten aus den Poren hervor und vereinigten sich zu einem grüngelblichen Gebilde, das im Gegensatz zu Pete keine Hitze ausstrahlte. Durch diese Tatsache wurde mir klar, dass das Feuer nicht normal war.
Es war ein Erbe der Hölle oder des Teufels. Pete war auch nicht mehr zu retten. Die Kraft meines Kreuzes war einfach zu groß, und so mussten wir mit ansehen, wie der Mann verging.
Er blieb nicht mehr auf der Stelle stehen. Irgendeine andere Kraft sorgte für seine zuckenden Bewegungen. Er riss die Beine hoch, er trampelte, er drehte sich um die eigene Achse und bewegte sich dabei auf Leila zu, die ich im letzten Augenblick aus der Gefahrenzone zerrte. Wie nebenbei hörte ich ihr Weinen und Schreien, doch das war in diesen Momenten nicht wichtig. Meine Blicke galten einzig und allein dem brennenden Punk, der über das freie Feld lief und dabei heftig schwankte, ohne dass er hinfiel.
Die kleinen Feuerzungen ließen ihn nicht los und sorgten auch dafür, dass er schwächer wurde. Zwar lief er noch, aber er schaffte es nicht mehr so recht, seine Beine anzuheben. So kam es, wie es kommen musste. Er stolperte und stürzte bäuchlings zu Boden, wo er liegen blieb und ausbrannte.
Leila und ich wurden Zeugen dieses letzten Akts. Die junge Punkerin hatte einen Schock erlitten. Sie stand geduckt da und hielt beide Hände gegen ihren Mund gedrückt. Dabei schüttelte sie immer wieder den Kopf, als wollte sie das schreckliche Bild verscheuchen.
Auch mir ging es alles andere als gut, aber ich musste den Tatsachen ins Auge sehen. Außerdem sah ich eine derartige Szene nicht zum ersten Mal.
Vorsichtig näherte ich mich der Gestalt, die nicht mehr so stark brannte.
Nur noch vereinzelt huschten fingerlange Flammen über den Leib hinweg.
Ich hatte ihn getötet durch mein Kreuz, das stimmte schon. Vorwürfe machte ich mir trotzdem nicht, denn dieser Pete war eine lebende Brandbombe gewesen. Leila hatte ihre Hand noch rechtzeitig wegziehen können. Wenn sie Pete länger gehalten oder ihn gar umarmt hätte, wäre es unweigerlich zu einer Katastrophe gekommen. Dann wäre auch das höllische Feuer auf sie übergesprungen und hätte sie mit in den Tod gerissen. So aber war nur er vernichtet.
Neben ihm stoppte ich und schaute auf ihn hinab. Er lag auf dem Bauch, das hohe Gras rahmte ihn ein, und ich sah mit einem Blick, dass ihm nicht mehr zu helfen war. Das Feuer hatte ihn verbrannt, sich dabei nur auf seinen Körper konzentriert und die Kleidung nicht mal angesengt, was mich zu einem Nicken veranlasste, denn so hatte ich den endgültigen Beweis erhalten, dass es sich um keine normalen Flammen gehandelt hatte.
Der Kopf des Punks war nur noch eine schwarze und klebrig wirkende Masse. Mit dem übrigen Körper war sicherlich das Gleiche geschehen, nur wollte ich mir den Blick darauf nicht antun. Deshalb drehte ich Pete auch nicht herum.
Ich hörte in meinem Rücken das heftige Atmen, das schon einem Schluchzer glich. Dann leimte sich Leila gegen mich und klammerte sich an mir fest.
»Bleib so
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