1513 - Gier nach Templerblut
muss. Die Klassenfahrt nach Toulouse ist schon seit Langem geplant. Außerdem dauert sie nur drei Tage. Dann haben wir das Wochenende für uns. Ich bin ja nicht die einzige Lehrerin, die mitfährt. Es sind Gott sei Dank noch zwei Kolleginnen mit dabei.«
»Dann wirst du kaputt sein, wenn du zurückkommst.«
»Richtig, Fernand, viel Schlaf werde ich nicht bekommen, das steht fest. Aber das macht nichts. Ich kann mich ja am Wochenende ausruhen. Da haben wir ja nichts vor.«
»Zum Glück nicht.«
»He, dein Glas ist leer, Fernand.«
»Ja, und deines auch.«
Corinna lächelte ihn an. »Trinken wir noch eine Flasche, oder hast du genug?«
»Ich nicht.«
»Okay, dann schau mal, ob du noch eine im Keller findest. Ich würde nicht gern wechseln.«
»Das ist auch nicht nötig. Wir haben noch mindestens ein halbes Dutzend aus dem Jahrgang.«
»Das ist gut.«
Fernand stand auf, ging um den Tisch herum zu seiner Frau und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen.
»Bin gleich wieder da.«
»Gut. Aber lass dich bitte nicht von einem Kellergeist erwischen.«
»Keine Sorge, da passe ich auf.«
Lächelnd verließ Fernand seinen Platz unter der Pergola und betrat das Haus. Er gelangte in die Küche, schritt über den Steinboden hinweg bis in den Flur und stieg dann die Treppe in den Keller hinab, der im Verhältnis zu den Ausmaßen des Hauses recht groß war. In ihm herrschte stets die gleiche Kühle. Im Winter ebenso wie im Sommer.
Noch eine Flasche von dem Weißen. Daran würden sie sich recht lange festhalten können, und wenn sie leer war, hatten beide die nötige Bettschwere. Das stand fest.
Lange brauchte er nicht zu suchen, auch wenn die Beleuchtung sehr schummrig war. Ein Griff in das richtige Regal, und er hielt die Flasche in der Hand.
Der Wein war sogar recht kühl, aber er musste noch etwas kälter werden. Da war es besser, wenn er die Flasche in die Schale mit den Eiswürfeln steckte.
Zwar sah die Küche aufgrund der neuen Einrichtung bäuerlich aus, aber einen Kühlschrank gab es schon. Es war sogar einer, der Eis produzierte, das Fernand in die Schale kippte, die ihnen beiden als Kühler diente.
Er zog den Korken hervor und ging mit der Schale wieder zurück in den Garten. Bereits auf dem Weg begann er zu sprechen.
»So, ich habe alles erledigt. Sogar frisches Eis ist vorhanden. Wir können es uns schmecken lassen.«
Er hatte es durch die offene Küchentür mit dem dünnen Fliegengitter in den Garten gerufen und wunderte sich darüber, dass seine Frau keine Antwort gab.
»He, bist du eingeschlafen?« Er hörte nichts.
Fernand fing an, sich zu wundern. Vielleicht wollte sie auch nichts sagen, weil sie sich nicht in der richtigen Stimmung befand. Das konnte sich alles ändern, wenn er erst…
Fernand Bullet hatte die Küche verlassen und den Garten betreten.
Dort hielt er an und traute seinen Augen nicht.
Corinnas Platz war leer!
Fernand hatte Mühe, diese Tatsache zu begreifen. Aber so oft er sich auch umschaute, er sah sie nicht. Der Gartenstuhl war und blieb leer.
Er ging bis zum Tisch und stellte dort die noch nicht geöffnete Flasche ab. Dabei fiel ihm auf, dass sich Corinnas Sitzkissen nicht mehr auf dem Stuhl befand. Es lag jetzt am Boden. Da musste seine Frau so heftig aufgestanden sein, dass es herabgerutscht war.
Was hatte sie dazu getrieben?
Er schluckte seinen Speichel, der plötzlich bitter schmeckte. Natürlich konnte es eine harmlose Erklärung für ihr Verschwinden geben, was er aber nicht so recht glaubte, und das beunruhigte ihn schon.
War sie in den Garten gegangen?
Es konnte sein. Corinna machte gern eine solche Runde, aber weniger in der Dunkelheit. Eher bei Anbruch der Dämmerung, wenn von den Bergen der Wind in die Täler fuhr und auch ihren Garten erreichte.
Er rief erneut ihren Namen und war nicht mal überrascht, keine Antwort zu erhalten. Zu den Nachbarn war sie auch nicht gegangen. Dafür gab es keinen Grund, und die nächsten lebten nicht gerade nebenan. Da musste man schon bis zum Ende der Straße laufen.
Er verließ seinen Platz unter der Pergola. Es war still geworden, und er hörte nur seinen eigenen Herzschlag. Ansonsten erreichten ihn keine menschlichen Laute.
Fernand warf einen Blick in den Garten. Zwar gaben die Lampen noch kein Licht ab, aber es war immerhin hell genug, um einen Menschen zu sehen, der den Garten durchwanderte. Aber von Corinna war nichts zu sehen.
Allmählich steigerte sich seine Sorge. Sein Brustkorb verengte sich, Schweiß trat ihm
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