1514 - Zombie-Dämmerung
nicht in der Lage, den Geschmack zu definieren.
Vielleicht schmeckte er bitter oder kalt. Irgendetwas traf da schon zu. Es war mir alles sehr fremd geworden, und ich musste mich vorankämpfen, aber mit dem Kreuz vor der Brust.
Es gab seine Signale ab, aber es leuchtete nicht mehr. Eine leichte Erwärmung war zu spüren. Nur gab sie mir kein gutes Gefühl mehr, wie das sonst immer der Fall gewesen war, denn auch mein Kreuz hatte sich auf eine gewisse Art und Weise verändert.
Die Form hatte es natürlich noch, aber mir fiel bei genauem Hinsehen etwas anderes auf.
Es lag an der Farbe.
Ich kannte sie als hell, als normal silbrig, doch nun hatte sie ebenfalls einen Schatten bekommen. Er zeichnete sich wie ein Hauch auf der Oberfläche ab, und diese Tatsache brachte mich dazu, keinen Schritt mehr weiterzugehen.
Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf!
Das Kreuz zu manipulieren war wirklich nicht einfach, sondern verflucht schwer. Hier war es geschehen oder befand sich zumindest am Beginn.
Meine Gedanken kehrten zurück in die Vergangenheit, als das Kreuz mal von einer gewaltigen Macht manipuliert worden war. Von einem Dämon, den man als unfassbar ansehen konnte, der aber einen Namen besaß, obwohl er kaum zu beschreiben war.
Es war der Spuk!
Als mir dieser Gedanke wieder durch den Kopf zuckte, hatte ich den Eindruck, innerlich zu vereisen. Meine Hände krampf ten sich zusammen. Auf der Haut spürte ich den Schweiß, und Hitzewellen schössen durch meinen Körper.
Aber ich hätte es mir eigentlich denken können, denn diese Schatten, diese verdammte Dunkelheit, das alles war einfach nicht normal. Das passte nicht in diese Welt und auch nicht in das Riesenreich Russland.
Ich atmete tief durch, aber dieser verdammte Geschmack wollte nicht weichen. Mein Herz klopfte schneller, und ich ärgerte mich darüber, dass ich Furcht verspürte, aber dieser Spuk war einfach zu mächtig.
Er war derjenige, der die Seelen der vernichteten Dämonen sammelte und dadurch sein lichtloses und amorphes Reich immer mehr vergrößerte und es kompakter machte. In seinem Besitz befand sich der Würfel des Unheils, den ich so gern gehabt hätte, um ihn zu vernichten.
Auch den Trank des Vergessens hielt er unter Verschluss, sodass Kara, die Schöne aus dem Totenreich, nicht mehr an ihn herankam.
Und jetzt erlebte ich ihn hier.
Es gab für mich keine andere Alternative. Der Schamane Kolew hatte es tatsächlich geschafft, mit ihm Verbindung aufzunehmen. Der Spuk war ihm nicht feindlich gesonnen, er stand auf seiner Seite, und das musste etwas zu bedeuten haben, denn es war nicht normal - auch nicht in seiner magischen Welt.
Ich brauchte nicht lange darüber nachzudenken, wo sich Karina Grischin befand. Sie musste in der Gewalt des Spuks sein oder in der des Schamanen, was letztendlich auf das Gleiche herauskam.
Häuser flankierten mich. Gebäude, bei denen die Türen ebenso offen standen wie die Fenster. Ich konnte überall ungehindert hineingehen.
Aber in welchem Haus hielt sich Karina Grischin unfreiwillig auf?
Ich machte mir wieder Vorwürfe, obwohl ich daran beim besten Willen nichts mehr ändern konnte. Während ich weiterging und gegen die Schatten ankämpfte, rumorte es in mir. Ich fühlte mich verdammt mies.
Ich schaute in die Häuser hinein und wechselte dabei stets die Straßenseite, aber es gab nicht den geringsten Hinweis auf die Agentin.
Und dann hatte ich Erfolg, obwohl ich damit schon nicht mehr gerechnet hatte. Dabei war alles so einfach gewesen. Ich hatte mich mal wieder auf die linke Häuserzeile konzentriert, als ich einen Blick durch eine Öffnung warf und es nicht mehr schaffte, in den Hausflur zu schauen. Er war einfach zu dunkel.
Nein, nicht nur das. Er war absolut finster. Etwas Schwärzeres gab es nicht. Vielleicht in der Verlorenheit des Alls, wo kein Stern mehr schimmerte und keine Sonne ihre Strahlen abgab.
In gewisser Hinsicht kam mir diese Tür wie der Eingang zur Hölle vor, in deren Finsternis sich der Teufel verborgen hielt.
In diesem Fall rechnete ich mit einer anderen Gestalt, der ich lange nicht mehr gegenübergestanden hatte.
Es gab für mich kein Zögern mehr.
Drei Schritte brachten mich an den Rand der tiefen Dunkelheit. Und der nächste in sie hinein…
***
Karina Grischin wusste genau, dass sie nicht tief in diesen Flur hineingegangen war. Es waren nicht mehr als zwei Schritte gewesen, doch sie kam sich vor, als würde sie in einer unendlichen Schwärze stehen, in der die Gesetze der
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