1516 - Totenlichter
Scheinwerfers.
Der Körper lag auf dem Rücken und bildete ein großes X. Dort, wo sich die Hände und Füße befanden, standen diese kleinen Lichter. Kerzen mit einem hellen Glasschutz, der die Flammen vor dem Wind schützte.
Es waren die Totenlichter des Killers. Die Flammen, die den Ermordeten ins Jenseits begleiten sollten.
Mich interessierte zunächst nicht der Mann selbst, sondern die tödliche Wunde mitten in der Brust. Durch das ausgetretene Blut schimmerte die Umgebung der Wunde feucht, und als ich Uwe Hinz einen fragenden Blick zuwarf, wusste er sofort, was ich meinte.
»Er wurde durch einen Messerstich getötet. Die Klinge drang tief in seinen Körper und stieß ins Herz. Gelitten hat er nicht. Er war praktisch auf der Stelle tot.«
Ich nickte und fragte dann: »Kann ich mir die Mordwaffe mal ansehen, bitte?«
»Natürlich.« Hinz ging, um sie persönlich zu holen, während Harry und ich neben dem Toten blieben.
»So war es auch bei den anderen Toten, John. Es ist immer der gleiche Täter.«
»Ja, ein Fanatiker.«
»Und er lässt seine Mordwaffe als Visitenkarte zurück. Er hat mehrere davon. Da unterscheidet sich keine von der anderen. Sie sind allesamt identisch.«
»Messer…«
»Ja, schon.«
Uwe Hinz kehrte zurück. In der rechten Hand hielt er eine Plastiktüte, in der sich die Waffe befand. Es war hell genug, um sie betrachten zu können.
»Ein Messer, John, oder?«
Ich nahm die Tüte in die Hand. »Warum sagst du das?«
»Man kann in ihr auch etwas anderes sehen.«
»Das stimmt.«
Durch den hoch angesetzten Quergriff sah das Messer aus wie ein Kreuz aus Eisen, und obwohl uns der Bischof schon davon berichtet hatte, schlug mein Herz plötzlich schneller. Zudem stieg mir das Blut in den Kopf, und ich dachte daran, dass es ausgerechnet ein Kreuz war, mit dem dieser Mensch getötet worden war. Für mich ein Sakrileg, denn wer mich kannte, der wusste, wie ich zu Kreuzen stand.
Das Kreuz bestand aus Eisen. An seinem Ende war es sehr spitz zugefeilt worden. Mit der nötigen Wucht gestoßen, konnte es schon den Körper eines Menschen durchdringen.
»Er hat bei allen drei Taten immer diese Waffe genommen«, erklärte Harry Stahl.
»Ja, das ist unsere einzige Spur«, meinte Uwe Hinz, nachdem ich ihm die Tatwaffe wieder zurückgegeben hatte.
»Wer nimmt ein Kreuz und mordet damit?«, fragte Harry.
»Ein Fanatiker.«
»Ja, Herr Hinz. Aber einer, der irgendwie mit der Kirche verbunden sein muss. Er hätte auch ein normales Messer nehmen können. Das hat er nicht getan und mordete mit einer Waffe, die Ähnlichkeit mit einem Kreuz aufweist oder sogar ein Kreuz ist.«
Ich wandte mich an den Hauptkommissar. »Hat man schon den Namen herausgefunden?« Ich deutete auf den Toten.
»Der Mann heißt Arno Wagner.«
»Und weiter?«
»Er ist uns bekannt.«
»Was wirft man ihm vor?«
»Sittlichkeitsdelikte, wie man so schön sagt. Er hat schon wegen versuchter Vergewaltigung gesessen. Es waren allesamt junge Mädchen, zwischen vierzehn und fünfzehn Jahren.«
»Verstehe. Waren alle Ermordeten als lebende Person Sittlichkeitsverbrecher?«
»Ja, John.«
»Dann muss es demnach jemanden geben, der es auf solche Menschen abgesehen hat. Tod den Sündern. Ein Fanatiker, ein Mensch, der nicht richtig im Kopf ist und trotzdem verdammt intelligent. Der weiß genau, was er will, und ich denke, dass dieser Arno Wagner nicht das letzte Opfer gewesen ist.«
Die beiden stimmten mir zu. Danach redeten wir darüber, ob man den Täterkreis wirklich einengen konnte.
»Das haben wir versucht«, sagte Uwe Hinz. »Wir bereiten auch einen groß angelegten DNA-Test vor. Speichelproben von Männern, die hier in der Gegend leben. Aber noch stehen wir am Anfang. Es wird noch eine Weile dauern, bis alles geregelt ist und in geordneten Bahnen läuft. Es geht mir natürlich quer, einen Killer im Umfeld der Kirche zu suchen, wenn wir davon ausgehen, dass es sich bei ihm um einen gläubigen Fanatiker handelt, der sich zum Richter aufspielt. Aber das weiß ich nicht konkret, es sind nur Vermutungen, uns fehlen die Beweise. Natürlich sind die Kirchenoberen aufgeschreckt. So etwas darf auf keinen Fall Schule machen. Aber es wird schwer sein, den Täter zu fassen, und ich könnte mir sogar vorstellen, dass der Mörder jetzt eine Pause einlegt.«
»Warum?«, fragte Harry.
»Weil er mit seinen letzten Taten zu viel Staub aufgewirbelt hat. Das wird er merken.«
Ich schwächte ab. »Er kann auch in eine negative Euphorie
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