1516 - Totenlichter
Geräusche, an denen er sich orientieren wollte.
Der Typ würde sich wundern. Dann fuhr er eben noch vor den Kindern zur Hölle.
Der Killer wartete ab. Er hörte die leisen Schritte an der anderen Seite der Bank. Sie entfernten sich.
Besser konnte es für ihn gar nicht laufen.
Noch zwei Sekunden wartete er ab. Dann richtete er sich vorsichtig auf und schaute über die Bank hinweg zum Altar und auch zu den Lichtern, von denen nur noch die Hälfte brannte. Die anderen Gefäße waren zertreten worden. Jetzt lagen sie als Scherben auf dem Boden, was ihn maßlos ärgerte. Aber es gab auch einen Grund zur Freude.
Da war noch ein zweiter Mann, der ihm den Rücken zuwandte. Er kniete auf dem Boden und war damit beschäftigt, den beiden Jungen die Fesseln zu lösen.
Dabei sprach er leise auf sie ein.
Der Killer freute sich. Eine derartige Chance durfte er sich nicht entgehen lassen.
Zuerst ihn, dann den anderen.
Er richtete sich noch weiter auf. Er brauchte Platz, um richtig ausholen zu können.
Das tat er auch.
Genau in dem Augenblick hörte er den Schrei der Jungenstimme und wusste, dass man ihn entdeckt hatte.
Die Waffe warf er trotzdem!
***
Harry Stahl kniete gebückt vor den Jungen und löste die Fesseln, was nicht so einfach war. Diese breiten, braunen Klebebänder waren miteinander verbunden und hatten sich in der Lücke zwischen den Handgelenken verdreht.
Eine Schere oder ein Messer hätte jetzt geholfen, nur trug Harry das nicht bei sich.
Das Messer lag im Wagen.
»Wir schaffen es trotzdem«, flüsterte er den beiden Jungen zu. »Ihr braucht euch nicht zu sorgen. Und mein Kollege Sinclair wird den Killer stellen.«
Einer gab ihm eine Antwort. Es war Florian, der aufschrie und dessen Gesichtsausdruck sich dabei veränderte.
Harry sah den Grund nicht, aber er wusste sofort, dass der Junge etwas Schlimmes entdeckt haben musste.
Harry warf sich herum und zugleich zur Seite. Er sah etwas auf sich zufliegen und konnte ihm nicht mehr ausweichen. Wäre er in seiner Position geblieben, hätte ihn das Kreuzmesser in den Rücken getroffen, so aber wurde er an der rechten Hüfte erwischt. Es war zum Glück kein Volltreffer, die Haut wurde mehr gestreift, aber das reichte aus, um für eine blutende Wunde und einen bösen Schmerz zu sorgen.
Harry taumelte zurück. Er war im Moment durcheinander und stark abgelenkt.
So dachte er nicht daran, nach seiner Waffe zu greifen.
Das nutzte der Killer aus.
Er flankte über die Bank hinweg und rannte auf Harry zu. Er wollte an sein Messer heran, und Harry sah nur eine Chance.
Er warf sich dem Angreifer entgegen!
Beide prallten zusammen, und Harry, der durch die Verletzung geschwächt war, verlor den Halt und taumelte bis gegen die Altarstufe, auf der er zusammenbrach.
Der Killer suchte das Messer.
Harry tastete nach seiner Waffe, die er weggesteckt hatte, als er die Fesseln der Jungen hatte lösen wollen.
Leider war der Killer schneller. Er hob das Messer auf, sein Arm beschrieb einen Bogen, und dabei visierte er sein Ziel bereits an.
Aber es gab noch jemanden, der ein Ziel hatte.
Und das war ich!
***
Es war mein Pech gewesen, dass ich den falschen Weg gelaufen war.
Doch niemand ist perfekt, und dass sich das Geschehen in meinem Rücken abspielte, hatte ich leider zu spät bemerkt.
Ich rannte. Die Düsternis und auch die Bänke nahmen mir einen Teil der Sicht. Ein Schuss war nicht gefallen, aber ich hörte einen Schrei, den nicht Harry ausgestoßen hatte.
Was in den folgenden Sekunden ablief, bekam ich nicht mit. Wenig später sah ich Harry zurückstolpern. Er befand sich in der Defensive.
Nicht so sein Gegner. Der hatte es erneut geschafft und das Messer an sich gebracht. Seine Absicht war klar.
Den Arm hochreißen und die Klinge in den ungeschützten Körper meines Freundes jagen.
Es gibt Momente, da bleibt einem keine Zeit zum Überlegen. Da war selbst eine Warnung überflüssig, weil sie zu viel Zeit kostete, und so blieb mir nur eines übrig.
Diesmal stimmte die Entfernung, als ich den rechten Arm anhob, für einen Moment sehr cool wurde und zweimal abdrückte…
Diesmal schoss ich nicht vorbei.
Beide Geschosse trafen den Mann in den Rücken. Ich tat dies sonst nach Möglichkeit nicht, aber diesmal hatte ich keine andere Wahl gehabt, um Harrys Leben zu retten, der schräg auf den Stufen des Altars lag und zusah, was mit dem Killer passierte.
Ich war der Beobachter in seinem Rücken, und beide sahen wir das Gleiche.
Der Mann in der Kutte brach
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