1516 - Totenlichter
geraten sein.«
Uwe Hinz verzog den Mund. »Lieber nicht.«
»Rechnen müssen wir damit.«
Harry stellte eine Frage. »Was ist mit den beiden Zeugen, die es gegeben hat? Kann man sich auf ihre Aussagen verlassen?«
Hinz nickte. »Das schon, aber sie haben trotzdem nicht viel von ihm gesehen.«
»War es zu dunkel?«
»Das auch, John. Außerdem hat sich der Mörder geschickt verhalten. Er trug eine Kutte, und über seinen Kopf hatte er eine Kapuze gestülpt. Da war nicht viel zu erkennen.«
Das hatte uns noch gefehlt. Ein Killer, der sich als Mönch verkleidete oder wie auch immer.
Die Kollegen der Spurensicherung würden bestimmt noch die Nacht durcharbeiten oder zumindest bis in die ersten Morgenstunden hinein.
Das allerdings war nicht so unser Ding. Hier hatten wir nichts mehr zu suchen, und weder Harry noch ich glaubten, dass wir in den restlichen Stunden der Nacht noch etwas ausrichten konnten.
Dennoch belästigte ich Uwe Hinz mit einer Frage. »Habt ihr denn Fingerabdrücke gefunden?«
Er winkte scharf ab. »Nein, natürlich nicht. Der Mörder ist verdammt schlau. Etwas anderes hätte mich schon gewundert, wenn ich ehrlich sein soll.«
»Mich auch«, sagte ich.
Der Hauptkommissar lächelte mich an. »Wie ich dich verstanden habe, hörte sich das nach einem Abschied an.«
»Das ist auch so. Aber wir bleiben in Verbindung.« Ich klatschte ihn ab, und wenig später stiefelten Harry Stahl und ich wieder den Hang hoch.
»Ich denke, wir sollten morgen bei den beiden Zeugen beginnen«, sagte Harry. »Möglicherweise ist ihnen noch etwas eingefallen.«
»Nichts dagegen. Den Rest der Nacht können wir eigentlich vergessen.«
Dieser Meinung war auch Harry Stahl, denn er nickte.
Keiner von uns konnte ahnen, wie eiskalt dieser Killer war, den ein regelrechter Blutrausch erfasst hatte.
Als wir neben dem Opel standen, da hatten wir auch den Bereich der feuchten Waldluft verlassen. Beide schauten wir uns an, und Harry fragte: »Fahren wir zurück ins Hotel?«
»Wohin sonst…«
***
Es war alles gespült. Die Theke war geputzt worden, und die Stühle standen mit ihren Sitzflächen auf den Tischen, und so hatte die Kellnerin Petra Zimmer ihren Arbeitsplatz verlassen können, und zwar noch recht früh, denn Mitternacht war gerade vorbei.
Das Geschäft war in den letzten Stunden nicht besonders gelaufen. So hielt sich auch das Trinkgeld in bescheidenen Grenzen, und das konnte ihr nicht gefallen. Die nächsten Raten warteten bereits. Petra hatte zu viel gekauft. Der neue Computer, der Fernseher mit dem Flachbildschirm, dann die Klamotten, zu denen bestimmte Reizwäsche zählte, die auch nicht eben preiswert gewesen war.
Ein Bett hatte sie sich noch gekauft, und die Miete für die Wohnung war auch nicht gerade niedrig.
Ein wenig zu viel für eine Kellnerin, die am Monatsende ein nicht eben üppiges Gehalt bekam.
Um nicht vollends in die Schuldenfalle zu geraten, hatte sich Petra Zimmer eine Nebenbeschäftigung gesucht. Sie arbeitete hin und wieder als Begleitung für Messegäste. Mit ihrem Arbeitgeber hatte sie zwei freie Tage in der Woche ausgemacht. Da konnte sie sich dann frei bewegen und ihr Einkommen auf eine andere Weise aufstocken. Auch wenn keine Messe war, fand sie in der Umgebung immer wieder einen Mann, der sie mitnahm und für ihre Dienste zahlte.
In dieser Nacht tat sie nichts mehr. Sie war trotz des recht frühen Feierabends froh, in ihr Bett zu kommen. Nach einer Dusche, die dafür sorgte, dass sie den Kneipengeruch loswurde, wollte sie sich lang machen.
Mit dem kleinen Ford Ka fuhr sie in das stille Neubaugebiet, zu dem auch einige Parkplätze für die Anwohner gehörten. Sie fand einen nicht weit von ihrem Haus entfernt und gähnte zunächst ausgiebig, bevor sie den Wagen verließ.
Es war wie immer. Eine nächtliche Stille lag über dem Wohngebiet. Die Menschen hier gingen soliden Berufen nach und trieben sich in der Nacht nicht mehr herum.
Da sie bequeme Schuhe mit flachen Absätzen trug, war sie auf dem Weg zum Haus kaum zu hören. Schon bevor sie die Haustür erreicht hatte, hielt sie den Schlüssel in der Hand, um zu öffnen. Das Gebäude hatte vier Stockwerke mit einem Flachdach. Der helle Flur konservierte die Kühle.
Sie war allein, als sie auf den Fahrstuhl zuging. Das glaubte sie zumindest, weil sie keinen Menschen sah. Dass sie sich bereits im Fadenkreuz eines Mörders befand, damit konnte sie beim besten Willen nicht rechnen.
Der Lift brachte sie bis in den letzten Stock.
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